Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl
Müßiggang zu frönen. Zu einem Kringel geformt, versank ich tief darin, und gegen das helle Licht legte sich netterweise mein Schwanz über meine Augen. Manchmal ist er ja doch ganz nützlich, der Schlawiner.
Mich weckten vorsichtige Schritte und ein strenger Geruch nach Pferd. Mit der Pfote scheuchte ich die Schwanzspitze davon und blinzelte. Rattenkacke – das war Arnoldus! Ich bemühte mich, gleichzeitig unsichtbar und aufmerksam zu sein. Was wollte der Diakon an Meikos Hütte? Er selbst war nicht hier, ich hatte ihn seit dem Morgen nicht mehr gesehen, und weder hörte noch roch ich im Augenblick seine Anwesenheit.
Arnoldus musste sich davon erst überzeugen, und er tat es mit Umsicht und Heimlichkeit. Er schlich mit hochgezogenen Schultern um die Hütte herum, schaute dabei immer wieder misstrauisch um sich. Mir fiel auch auf, dass er seine weiße Kutte nicht trug, sondern einfache braune Hosen und ein dunkles Wams. Jetzt verschwand er um die Ecke, und ich erhobmich von meinem Lager, um ihm zu folgen. Tief an den Boden gedrückt und immer im Schatten des Hauses, beobachtete ich, wie er langsam die Tür aufzog, um in das Innere zu spähen. Dann trat er ein.
»Mirrr-zaah!«, grollte es neben mir, und ich zuckte zusammen.
Diabolo!
»Er hat was vor«, warnte ich ihn leise.
»Ich weiß. Er kam im gestreckten Galopp angeritten und hat sich dann gleich hier herbegeben.«
»Ich würde gerne einen Blick hineinwerfen.«
»Lass es, Mirza. Dein Pelz ist zu auffällig.«
Da hatte er wohl recht. Also beschränkte ich mich aufs Lauschen. Ein Klappern verriet mir, dass er sich an der Herdstelle zu schaffen machte. Es scharrte und schurrte danach ein wenig, und Arnoldus schnaufte, als bewege er etwas Schweres. Ob er wohl Meikos kostbare Briefe suchte? Das Schlimme an der Neugier ist, dass sie einen nicht still sitzen lässt. Ich konnte nicht anders, ich sprang auf den schmalen Sims der Fensteröffnung und schaute hinein.
Arnoldus hatte das Bett von der Wand gerückt und durchwühlte jetzt die Lage getrockneten Farns, die sich unter der Decke befand. Noch heute Morgen hatten sich das Lederbeutelchen mit den Briefen und das andere mit den Münzen darin befunden.
Jetzt war beides fort, wie es schien, denn Arnoldus gab ein mürrisches Knurren von sich. Aus einem Beutel an seinem Gürtel zog er dann einen langen Streifen Leinwand hervor, der nach Pech roch. Er befestigte ihn unter dem Farn an den Ledergurten des Bettes, kratzte etwas Lehm aus der Wand, sodass ein Loch zwischenden Balken sichtbar wurde, und schob das andere Ende dort hindurch. Anschließend schob er das Bett wieder an die Wand und richtete mit kundiger Hand das Lager her. Das trockene Farnkraut knisterte leise. Als er f ertig war, sah es genauso ordentlich aus, wie Meiko es gerichtet hatte. Arnoldus sah sich noch einmal um, lugte vorsichtig aus der Tür, trat ins Freie und schlich um das Haus. Ich konnte mich gerade noch zwischen den Salbeibüschen vor ihm in Sicherheit bringen. Diabolo saß schon auf dem Dach und beobachtete ihn, während ich mich im Kräuterbeet versteckt hielt. Nach einer ganzen Weile verschwand er endlich.
»Was hat er gemacht?«, bestürmte ich Diabolo.
»Die trockenen Äste und Kräuter durchgewühlt. Keine Ahnung, was das sollte. Wahrscheinlich hat er etwas versteckt. Menschen verscharren auch gelegentlich Dinge, die sie verbergen wollen.«
»Na, dann schauen wir doch mal nach, was er vergraben hat!«
Wir nahmen uns des Haufens an, in dem ich zuvor so köstlich geschlummert hatte, fanden aber nichts als das andere Ende des nach Pech riechenden Stoffstreifens.
Sehr seltsam, wirklich. Weder Diabolo noch ich konnten uns einen Reim darauf machen.
»Versuch deinen Menschen auf seinen Besuch aufmerksam zu machen. Vielleicht weiß er ja, was das sollte. Lautere Absichten hat der Arnoldus ganz gewiss damit nicht verfolgt.«
»Richtig. Ich hoffe, ich habe damit mehr Glück als heute Morgen.«
Hatte ich aber nicht.
Da ich allerdings im Augenblick nichts weiter unternehmen konnte und der Schatten des Hauses inzwischen auf den Kräuterhaufen fiel, suchte ich mir nach dem Vertilgen von zwei unvorsichtigen Mäusen ein neues, ruhiges Plätzchen, um mir die Herbstsonne auf den Pelz scheinen zu lassen. Mich zog der kleine Bach an, der den Forellenteich speiste und auf der anderen Seite durch die schwarzerdigen Gärten zum Kräutergarten floss. Ich folgte seinem Lauf ein Stück aufwärts und fand einen geeigneten flachen Stein, auf dem sich
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