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Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl

Titel: Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Derzeit schienen die Pechsieder aber noch in ihren einsamen Hütten unter den Bäumen zu schlafen. Wir machten einen Bogen darum.
    Wir machten auch einen Bogen um die hohlen Baumstämme, in denen die Bienenvölker wohnten und die die Zeitler hin und wieder ausräucherten, um an Wachs und Honig zu kommen.
    Wir gingen auch der Wildschweinfährte aus demWeg, nicht jedoch den großäugigen Rehen. Die gingen Raguna aus dem Weg. Ziemlich hurtig.
    Erste Sonnenstrahlen flimmerten durch das Laub, als der Weg anstieg. Wir kletterten über bemoosten Fels. Irgendwann ließ das Moos zu wünschen übrig, und ich musste sehr achtsam meine Pfoten auf das harte, spitze Gestein setzen. Oben angekommen, setzte sich Diabolo aufrecht hin und gab sich den Anschein, die Umgebung kritisch zu betrachten. Aber ich sah, wie er sich heimlich einen blutigen Ballen leckte.
    »Raguna, es wird sehr hell. Wollen wir nicht eine Rast einlegen und einen netten Schlummer in der Sonne halten?«, fragte ich daher.
    »Ich dachte, du hast es eilig, Fratz«, knurrte sie mich an.
    Ich erlaubte mir einen Seitenblick auf Diabolo. Die Luchsin reckte sich einmal sehr lang, und das Fell glänzte bernsteinfarben auf.
    »Aber im Grunde hast du Recht, es ist ein angenehmer Platz, um eine Pause einzulegen.«
    Diabolo widersprach halbherzig, aber dann legten wir drei uns doch gemütlich auf den sonnenwarmen Fels und genossen das gemeinsame Dösen. Es geht wirklich nichts über ein Schläferchen mit Fellkontakt.
    Den Abstieg nahmen wir in Angriff, als die Schatten schon länger wurden, und erreichten, als es dunkel zu werden begann, einen kleinen Teich. Die Hälfte des Weges nach Rommerskirchen hatten wir bewältigt, und hier, so meinte Raguna, war ein prächtiges Jagdgebiet für uns. Sie wies auf die gründelndenEnten hin, und ich betrachtete mit einem gewissen Appetit jene, die über die stille Wasserfläche zu gleiten schienen. Die Luchsin verschwand, ein protestierendes Quaken ertönte, und kurz darauf brachte sie einen der Vögel an. Mit geübter Tatzen- und Zahnarbeit rupfte sie den Balg, dass die Federn flogen, dann überließ sie Diabolo und mir den Fang. Für sich selbst holte sie eine zweite Ente aus dem Teich.
    Die Klosterküche hatte mich verwöhnt gemacht. Würzige Soßen, herzhafte Würste, geräucherte Forellen, in Mandelmilch gesottene, zarte Hühnchen, alles das hatte ich inzwischen gekostet. Aber rohe, fangfrische Entenbrust – das war es!
    In seltener Eintracht schmatzten Diabolo und ich, bis uns schier der Bauch platzen wollte. Anschließend Verdauungsschlaf.
    In der Nacht wachte ich vom verlorenen Schrei eines Käuzchens auf. Raguna hockte wieder auf einem dicken Ast, Diabolo sah ich nicht. Doch ich spürte seine Gegenwart irgendwo in der Nähe. Es schien alles sehr friedlich zu sein, und mir ging durch den Kopf, dass die Wanderung so gefährlich wohl nicht sein könne. Katzen haben nicht viele Feinde. Unser Leben wird nur bedroht, wenn wir noch sehr jung sind. Dann holt die Kleinen schon mal ein Raubvogel oder der Fuchs.
    »Hüte dich vor Übermut, Mirza!«, kam es leise warnend von Raguna.
    »Gevatterin?«
    »Ich las deine Gedanken. Sie standen dir deutlich im Gesicht.«
    »Ja, aber es ist doch wirklich alles sehr ruhig!«
    »Diabolo hält Wache.«
    »Oh.«
    Ein grumpeliges Lachen kam von dem Ast über mir. »So, wie auch du über ihn wachst.«
    »Oh.«
    Raguna besaß wirklich sehr scharfsichtige Luchsaugen.
    »Morgen wird es gefährlicher, wir nähern uns dem Menschenrevier. Also – sei nicht übermütig!«
     
    Als sich der Himmel grau färbte, brachen wir wieder auf. Am Vormittag führte uns der Weg noch durch den tiefen Wald, die hellen Mittagsstunden verbrachten wir dösend unter raschelnden Farnwedeln und brachen später am Tag zum letzten Teil der Wanderung auf. Raguna hatte Recht, die Spuren menschlicher Anwesenheit mehrten sich nun. Es gab ausgetretene Wege, frisch gefällte Bäume, heruntergeschnittene Kopfbuchen, Schlingfallen und schließlich eine Herde Hausschweine, die sich an Eicheln und Bucheckern labten und von einem schmutzigen Bengel beaufsichtigt wurden. Dann schwanden die hohen Bäume, Strauchwerk und Büsche bildeten den Waldrand, und wir schauten über weite Äcker. In der Ferne ragte der Kirchturm von Rommerskirchen auf.
    »Das ist keine Landschaft für mich«, stellte Raguna fest. »Zu offen, kein Schutz.«
    »Trotzdem, ich muss dort hin. «
    »Ich weiß. Bleiben wir nahe den Hecken.«
    Ein Hirte mit seinen zwei Hunden

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