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Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl

Titel: Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Pater...«
    »Sie ist keine gute Frau, die Druitgin!«
    Kristin sah ihn verwundert an, und auch ich merkte, wie er plötzlich die Lider senkte, als könne er ihren Blick nicht ertragen.
    »Oh, Pater. Ich verstehe. Eine Frau wie die Druitgin, die die Wirkung der Pflanzen, Wurzeln und Pilze kennt, weiß nicht nur um deren heilende Kräfte, sondern auch um ihre schädlichen. Sie verabreicht nicht nur schmerzstillende und wundheilende Mittel, sondern auch solche, die Träume spenden oder den Tod bringen. Oder solche, die die Frucht des Leibes abgehen lassen. Habt Ihr befürchtet, ich sei aus diesem Grund bei ihr gewesen?«
    Melvinius nickte beschämt.
    »Ich habe ein Mittel gebraucht, das Clemens die Kopfschmerzen erleichtert. Weidenrindenpulver hat sie mir gegeben. Es hat geholfen und war nicht schädlich.«
    »Verzeiht, Jungfer Kristin. Ich wollte Eure Ehrenicht infrage stellen. Nur – ich habe einmal einen Fehler begangen... Er hängt mir nach. Könnt Ihr mir vergeben?«
    »Aber Pater Melvinius, ich bin nicht so empfindlich. Es hätte ja leicht sein können, nicht wahr? Ich bin ein leichtfertiges Weib, das in Männerkleidung die Arbeit seines Bruders verrichtet und in Frauenkleidern recht freimütig durch die Gegend läuft. Ich habe mich sogar schon in Gefahr gebracht. Der Herr von Rommerskirchen hat mich alleine im Wald beim Pilzesammeln erwischt und hätte mir fast Gewalt angetan, wäre nicht ein Wildschwein... Oh! Nein, das war vermutlich kein echtes Schwein, wenn ich’s mir recht überlege. Meiko war damals ein wenig zu schnell an meiner Seite. Ich glaube fast, er hat mich vor Schlimmerem bewahrt.« Kristins Blick fiel wieder auf die Brandstätte. »Und nun ist er tot!«, flüsterte sie tonlos.
    »Nicht immer bedeutet der Tod, den man vermutet, das Ende des Lebens, Jungfer. Aber von manchen, die ein Geheimnis zu wahren haben, glaubt man besser, sie seien dahingegangen wie die Asche im Wind.«
    Melvinius’ Augen glitzerten, und Kristin starrte ihn fassungslos an.
    »Pater?«
    »Bewahrt die Erinnerung an ihn, Jungfer Kristin. Bewahrt sie gut. Ihr habt ihn lieb gewonnen, den einsamen Wanderer.«
    »Ich fürchte, ja.«
    »Gebt ihm ein Heim in Eurem Herzen.«
    Melvinius hob mich von seiner Schulter und setzte mich auf Kristins Schoß.
    »Mirza, schnurre!«
    Ich tat es.
    »Mirza hat vor einiger Zeit mein Herz, das sich sehr ungebärdig in meiner Brust benahm, durch ihr Schurren geheilt. Es ist eine gute Kur, auch bei Herzeleid, Kristin.«
    »Alles wird gut, Kristin, alles ist gut. Nur noch ein Weilchen, Kristin, dann ist alles wieder gut«, schnurrte ich und spürte den Schmerz, der diese junge Frau umklammert hielt. Er löste sich ein wenig, und ein Hoffnungskeim begann in ihr zu wachsen. Aber mein Pelz wurde nass von Tränen.
    Wieder musste der Schürzenzipfel herhalten, und mit verschwollenen Augen schnupfte Kristin noch einmal auf.
    »Danke, Mirza. Danke, Pater Melvinius. Ihr seid sehr gut zu mir.«
    »Ihr seid ja auch ein gutes Kind, Kristin!«
    Fand ich auch. Aber nun machten die beiden Anstalten, sich zu trennen, und ich hatte noch eine eigene Angelegenheit zu erledigen. Der Moment war außergewöhnlich günstig. Ich sprang also auf und raste so schnell ich konnte zum Waldrand. Dort machte ich kehrt, hetzte zurück, sprang auf Melvinius’ Schoß und legte ihm maunzend meine Pfote auf sein Herz.
    »Nanu, was ist denn in dich gefahren, Kätzchen. Hat dich eine Biene gestochen?«
    Falsch, mein lieber Freund, falsch!
    Ich absolvierte die Übung noch einmal.
    »Was für ein seltsames Benehmen!«, wunderte sich auch Kristin. »Will sie spielen?«
    »Ich weiß nicht. Die ganze Zeit war sie so friedlich.«
    »Wir haben in der Kirche – ähmm – also richtig ist das sicher nicht, aber wir haben so ein kleines Spielchen mit Stopfenwerfen eingeführt.« Kristin kicherte ein wenig verlegen. »Sie holt so gerne Sachen zurück, die man irgendwo hinwirft.«
    »Ungewöhnlich für eine Katze. Aber sie ist ja auch ein gescheites Tier.«
    Kristin warf einen kleinen Tannenzapfen.
    Ich ignorierte ihn.
    »Das war es wohl doch nicht.«
    Ich rannte wieder los, kam zurück, Pfote aufs Herz, maunzen.
    »Aber, Pater, wenn mich nicht alles täuscht, will sie uns etwas klar machen.«
    »Aber was, Jungfer Kristin?«
    »Sie läuft weg und kommt zurück. Sie weiß offensichtlich um Eure Herzbeschwerden. Vielleicht will sie eine Weile im Wald stöbern und zurückkommen. Und Ihr sollt Euch keine Sorgen machen, damit Euer Herz nicht

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