Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl
«
»Doch!«
»Mh. «
»Diabolo?!«
»Du könntest eingesperrt werden, Mirza.«
»Du könntest vom Hofhund gebissen werden.« »Ach, hör auf zu argumentieren!«
»Natürlich. Also, ich gehe rein. Du beobachtest Hof und Garten.«
»Ich hasse es, wenn man mir Vorschriften macht!« »Ich auch.«
»Ich schaue mich auf dem Gutshof um.«
»Wenn du willst.«
Er drehte sich um und stakste davon. Sein Schwanz drückte höchstes Missfallen aus. Meiner benahm sich mustergültig.
Ich betrachtete noch einmal gründlich das Terrain. Über die weite Kiesfläche mochte auch ich nicht laufen, zumal derzeit keines der Fenster offen stand. Aber der Garten zog sich rechts am Haus noch etwas weiter, und ich schlich mich in diese Richtung. Eine dichte Buchsbaumhecke, schon lange nicht mehr geschnitten, war ein wenig schwer zu durchdringen, dann stand ich in einem Kräuter- und Gemüsegarten, der bei weitem ordentlicher wirkte als die Rosenwildnis. Es gab auch einen weiteren Eingang. Er war einladend geöffnet. Aus den Gerüchen, die mir daraus entgegenquollen, schloss ich, er müsse in die Küche führen. Ich musste schlucken. Meine letzte Mahlzeit war schon geraume Zeit her. Vielleicht konnte man hier das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden.
Frauen unterhielten sich, dem Klang ihrer Stimmennach aufgebracht. Meine Ohren drehten sich nach vorne, als ich mich näherte. Auf der Türschwelle blieb ich sitzen.
Die Küche war groß, doch nicht so weiträumig wie die des Klosters. Ein gewaltiger Kamin mit einem erhöhten Herdstein bildete den Mittelpunkt, Borde an den Wänden standen voller Geschirr, Kupferpfannen und Töpfe. Säcke mit Mehl, Graupen und Erbsen lehnten an der Wand, Fässchen und Fässer waren an der anderen Seite aufgereiht. Von der Decke hingen Schinken und Bündel von Würsten. Darunter saßen an einem Tisch voll Schneidbrettern und Schüsseln zwei Frauen, eine davon ungemein rund, die andere dünner, aber wahrlich auch nicht ausgezehrt. Sie rupften Hühner.
»Eine Lotterwirtschaft, sage ich dir. Keine Sitte, kein Benehmen. Elspet hier, Elspet da, nie ein Wort des Dankes. Sogar um den Lohn muss ich jedes Mal nachfragen. Morgen kommen wieder Gäste, die fressen wie die Heuschrecken die Kammern leer. Ich soll das alles richten.«
»Hast du keine Hilfen verlangt?«
»Habe ich. Aber was bringt er mir da an? Dralle Wäschermädchen, die zu blöd sind, eine Platte Fleisch aufzuschneiden. Die kichern und giggeln den ganzen Tag und spielen sich vor den Männern auf. Dorfflittchen sind es, die nur darauf warten, ins Heu gezerrt zu werden. Mir helfen, Base Ines? Das tun die nicht.«
Die mit Ines angeredete Frau hatte mit begierlichen Augen zugehört, versuchte aber jetzt so etwas wie Trost zu spenden.
»Du hast doch früher für viel größere Gesellschaftengekocht. Es wird schon gehen. Ich bin ja auch noch da.«
»Ja, Base, dem lieben Gott sei Dank, dass du gerade Zeit hast. Ich bin nicht mehr die Jüngste, Ines. Und früher war es leichter. Da gab es genaue Anweisungen, und die Einkäufe hat die Herrin überwacht. Sie war zwar für meinen Geschmack ein wenig zu fromm und sittenstreng, aber wenigstens hat sie darauf geachtet, dass der Herr Sivert und seine Kumpane sich schicklich benahmen. Solche wie die Katryn oder die Elli wären ihr nicht ins Haus gekommen. Und als die Herrin, Gott hab sie selig, von uns ging, hat der alte Gutsherr die Moen zur Hausbestellerin ernannt, und unter der war es ganz recht. Sie hatte eine praktische Ader und verschwendete nicht so viel Zeit aufs Beten und Büßen. Trotzdem hat der junge Herr immer auf sie gehört. Zumindest, solange der Gutsherr noch lebte. Aber seit zwei Jahren...«
»Es wird erzählt, es soll bald wieder eine neue Herrin geben. Um die Ermine van Heege, die Großnichte der Dame Caroline von Stommeln, soll der Sivert freien.«
»Sagt man. Aber – die Ermine ist ein hohlköpfiges Puttchen mit mehr Haaren als Verstand, wenn du weißt, was ich meine. Die als Herrin hier...«
»Sie bringt aber reiche Mitgift.«
»Sicher. Und wenn der Herr Sivert nicht aufpasst, ist die Schlinge schneller zugezogen als er dachte.« »Wie das?«
»Hat sie vor zwei Wochen schon mal flachgelegt.« »Ernsthaft?«
» Ich muss doch jetzt auch noch die Kammern aufräumen.«
Ich musste mich mal wieder über die Menschen wundern. Der Herr Sivert schien wirklich ein potenter Kater zu sein. Und sehr wenig wählerisch. Ich traute mich ein wenig näher in die Küche, denn zwischen den
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