Die Lautenspielerin - Roman
Jeanne besorgt die Hände nach der geliebten Laute ausstreckte.
»Du zerbrichst sie noch! Gib sie her, Tölpel!«, sagte Jeanne lauter als beabsichtigt, und einige der wartenden Gäste drehten neugierig die Köpfe.
Der Lakai setzte eine abweisende Miene auf. »Wir haben unsere Anweisungen. Verdächtige werden einer Leibesvisitation unterzogen. Stellt Euch dort hinüber!«
»Das ist unerhört!«, fauchte Jeanne, wurde jedoch grob von ihrem Gatten zur Seite gestoßen.
»Madame, Ihr habt bereits genug Aufsehen erregt. Tut, was man von Euch verlangt!«, befahl er mit zusammengebissenen Zähnen.
Hilfe kam von unerwarteter Seite in Gestalt des schönen Seraphin. »Jeanne! Wie schön, Euch hier zu sehen!« Der Tänzer nahm ihre Hand und berührte sie leicht mit den Lippen. Dem Lakaien warf er einen vernichtenden Blick zu. »Dein ungebührliches Verhalten wird Konsequenzen haben.«
Der Livrierte stammelte eine Entschuldigung und verschwand aus ihrem Blickfeld.
Jeanne packte die Laute ein und räusperte sich. »Ich bin mit meinem Gatten hier.«
Höflich neigte Seraphin den Kopf, der auf einem tellerartigen weißen Kragen ruhte. Trotz der Wärme trug er einen kurzen, an den Armen befestigten Umhang. Die Ärmel seines Wamses waren geschlitzt, von unterschiedlicher Farbe und bauschten sich.
Dazu trug er eine eng anliegende, gefältelte Kniehose und violette Strümpfe. An einem Ohr blitzte ein Diamantohrring. »Monsieur. Verzeiht, aber ich muss Euch Eure Gattin entführen, denn sie wird auf besonderen Wunsch der Königinmutter spielen.«
Cosmè musterte Seraphin und schien zu überlegen, woher er ihn kannte. »Dresden! Wart Ihr nicht auch am Dresdner Hof?«
»Es war mir vergönnt, mit Maestro Scandello zu arbeiten. Doch nun muss ich Jeanne wirklich mit mir nehmen, denn Katharina de Medici ist wahrlich eine Kunstkennerin und würde jeden Misston hören. Wir müssen uns noch mit dem Ensemble einstimmen.« Ohne auf Cosmès Antwort zu warten, nahm er Jeannes Hand und ging mit ihr an den Wartenden vorbei.
»Seraphin! Ist Gerwin auch hier? Und warum sehen Euch die Leute so ehrfürchtig an?« Weder die Reaktion des Lakaien noch die Blicke einiger Edelleute waren ihr entgangen.
Seraphins dunkle Augen funkelten. »Ich kenne die richtigen Leute. Hier entlang.«
Die säulengeschmückten Korridore erschienen Jeanne endlos. Mehrfarbiger Marmor bedeckte in geometrischen Mustern den Boden, mannshohe Vasen mit den königlichen Lilien standen in Nischen, und an den Decken schimmerte es golden.
»Gerwin ist mit Hippolyt bei Coligny und Navarra.« Seraphin sah sich rasch um, doch außer einigen Dienern und den schwerbewaffneten Wachen vor vergoldeten Flügeltüren war niemand zu sehen. »Beim Mont Saint-Jean ist es zu Kämpfen gekommen. Das Heer der Königlichen soll überlegen sein, aber noch kommt es immer wieder zu Scharmützeln mit Verlusten auf beiden Seiten. Gerwin und Hippolyt haben dort alle Hände voll zu tun.« Er verzog den Mund. »Das Geld ist knapp, und die deutschen Fürsten schicken den versprochenen Nachschub nicht.«
»Aber es geht Gerwin gut?«, fragte Jeanne leise.
»Macht Euch keine Sorgen.« Seraphin blieb stehen. »Die Chancen auf einen Friedensvertrag stehen gut, und dann könnte er
sicher länger in Paris sein«, sagte er mit einem zuversichtlichen Lächeln.
Jeanne seufzte.
»Nun kommt. In unsicheren Zeiten muss man viele Freunde haben. Ihr habt bereits eine Freundin in Lady Dousabella gefunden, und die Herzogin de Nemours ist Euch gewogen. Wenn Ihr jetzt noch die Königinmutter auf Eure Seite bringt, dürft Ihr Euch glücklich schätzen, ganz gleich, wie der Krieg ausgeht.«
Seraphin machte eine ausgreifende Armbewegung. »Für die großen Umbauten hier im Louvre zeichnet der Architekt Pierre Lescot verantwortlich. Er hat allem seinen französischen Stempel aufgedrückt, doch der italienische Einfluss ist immer noch unverkennbar. In den Gemächern des Königs werdet Ihr die Holzvertäfelung von Meister Scibec di Carpi sehen, der auch die vergoldeten kassettierten Decken entworfen hat.«
Der Tänzer machte einen eleganten Sprung, drehte sich einmal um sich selbst und landete lautlos vor Jeanne auf den Zehenspitzen. »Und dann habe ich den unglaublichen Baltazarini Baldassarino di Belgioioso kennengelernt. Bei Hofe nennen sie ihn Balthazar de Beaujoyeaux. Eigentlich Geiger, aber im Herzen ein Tänzer, und er hat großartige Choreographien entwickelt!«
»Und Ihr tanzt für ihn?«
»Ja doch! Für heute
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