Die Lautenspielerin - Roman
seiner Mutter und schenkte ihr - oder vielleicht eher Seraphin - ein wohlwollendes Lächeln. Neben ihm saß ein hübsches, wohlgerundetes Mädchen mit Schmollmund und spielte mit ihrem Fächer. Das musste Prinzessin Margot sein. Der König saß mit gekreuzten Beinen in seinem vergoldeten Sessel und trug eine gelangweilte Miene zur Schau. Auf seiner weißen Gesichtshaut zeigten sich hektische rote Flecken. Er war eher mager und schien rastlos getrieben, wie seine zuckenden Glieder andeuteten. Wo Anjou elegant und überlegen wirkte, schien Karl unsicher und blickte lauernd und verschlagen.
»Mein Sohn sprach von Eurer Laute. Zeigt sie mir!«, forderte Katharina, und es blieb Jeanne nichts anderes übrig, als dem Pagen, der zu ihr heruntergeschickt wurde, ihre geliebte Laute zu geben, damit die Königinmutter sie sich ansehen konnte.
Weder der König noch Margot nahmen von ihr Notiz. Wie
Jeanne später von Seraphin erfuhr, sehnte sich Karl nach seiner protestantischen Geliebten, Marie Touchet, die in Orléans das erste gemeinsame Kind zur Welt brachte, während Margot für niemand anderen als für den Herzog de Guise Augen hatte, in den sie unsterblich verliebt war.
Katharina drehte und wendete das Instrument, zupfte an den Saiten und ließ es Jeanne zurückgeben. »Schlicht, aber von hervorragender Handwerksarbeit. Spielt für mich, was Ihr für den Herzog gespielt habt.«
Unwillig schlug Karl mit einer Hand auf die Sessellehne. »Was soll das jetzt? Lasst den Tanz beginnen!«
Anjou stieß einen abfälligen Laut aus, was den König noch mehr zu reizen schien, denn er winkte dem Zeremonienmeister mit zusammengekniffenen Lippen. Prinzessin Margot atmete hörbar auf und richtete ihre Röcke, während Katharina dem königlichen Sohn einen vernichtenden Blick zuwarf.
»Ihr seid entlassen. Verneigt Euch und kommt zurück!«, zischelte Seraphin.
Jeanne gehorchte, hatte jedoch Mühe, nicht über ihre Röcke zu stolpern, als sie sich umdrehte. Erleichtert legte sie die Hand auf Seraphins Arm und ließ sich von ihm unter den neugierigen Blicken des Hofvolks zu einem langen Tisch an einer Wand führen, auf dem Wasser- und Weinkrüge standen. »Ein Becher Wein täte Euch sicher gut.« Seraphin nickte einem Diener in blauer Livree zu, der ihnen Weißwein in Silberbecher goss.
Als Jeanne an dem Clairette nippte, dachte sie unwillkürlich an ihren Onkel und sah sich ängstlich um. Doch letztlich war es unwahrscheinlich, dass er sich als Weinhändler eine Einladung in den Louvre erschlichen haben sollte. Nachdem Jeanne ihr Glas ausgetrunken hatte, begaben sie sich zur Balustrade, hinter der die Musiker saßen, die ihre Instrumente stimmten.
»Maestro Baldassarino!«, rief Seraphin, und im nächsten Moment trat der Geiger auf sie zu.
Baldassarino di Belgioioso verkörperte den feinsinnigen Musiker genauso wie den eleganten Tänzer. Mit drei Fingern hielt er Geige und Bogen fest, mit der freien Hand malte er anmutig eine Schleife in die Luft. Dunkles Haar umspielte ein fein geschnittenes Gesicht mit hellen Augen. »Ah, wenn Ihr so spielt, wie Ihr ausseht, seid mir willkommen!«
Errötend nahm Jeanne den angewiesenen Platz ein, hörte sich die Erklärungen des Maestros für den geplanten Ablauf an und überflog die notierten Tabulatursätze. Da sie ausgezeichnet nach dem Gehör spielte, bedurfte es nur weniger Informationen, und der Maestro schien zufrieden mit dem, was er hörte und sah. Neben einem weiteren Geiger vervollständigten eine Chalumeau, zwei Flöten, eine Viola da Gamba und eine Harfe das kleine Ensemble.
»Wir begleiten das Ballett, danach seid Ihr entlassen. Für ausgedehnte Lautensoli ist heute nicht der passende Rahmen«, sagte Baldassarino freundlich zu ihr und lehnte den durchtrainierten Körper gegen die Balustrade. »Aber Ihr habt bereits im intimen Kreis der Herzogin de Nemours gespielt, nicht wahr?«
»Ja, durch sie wurde ich an den Hof empfohlen.« Jeanne beobachtete Seraphin, der sein Wams ablegte und sich zusammen mit den anderen Tänzern dehnte und streckte.
Die Männer trugen Lederhosen und schlichte weiße Hemden und vollführten präzise Schritte und Bewegungen, wie Jeanne sie in dieser Perfektion und Einheitlichkeit noch nicht gesehen hatte.
»Euer Freund ist ein Naturtalent. Er hat die schwierigen Bewegungen innerhalb kürzester Zeit gelernt. Habt Ihr von Domenico di Piacenza gehört?«, erkundigte sich der Maestro und gab den Tänzern Anweisungen per Fingerzeig.
»Nein. Ein
Weitere Kostenlose Bücher