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Die Lavendelschlacht

Die Lavendelschlacht

Titel: Die Lavendelschlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Thewes
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nicht immer bloß Fußball spielen oder den Mädchen unter den Rock gucken sollen. Ich scheine wirklich was verpasst zu haben.«
    »Das kann man wohl sagen. Den Wissensvorsprung holst du nie wieder auf.« Ich überlegte einen Moment. »Blaue Augen Himmelssterne, küssen und poussieren gerne«, ließ ich ihn an meiner Lebensweisheit teilhaben. Ich machte die Probe aufs Exempel. Thomas hatte blaue Augen. O.k., es konnte also durchaus sein, dass an dem Spruch was dran war.
    »Und was ist mit braunen Augen?«, fragte Josch und schaute dabei tief in meine Glupscherchen, die in ebenjener besagten Farbe leuchteten.
    Oje, wenn es seine Absicht gewesen sein sollte, mich durcheinander zu bringen – herzlichen Glückwunsch, das war ihm gelungen.
    »Zu blöde aber auch, den habe ich vergessen«, stammelte ich. Hauptsache, ich würde unter seinem durchdringenden Blick nicht auch noch meinen Namen und meine gute Erziehung vergessen. Josch gefiel mir, keine Frage. Aber mein Instinkt sagte mir, dass ich, wenn ich mich auf diesen Charmeur einlassen würde, bald noch ein Problem mehr am Hals hatte. Zwar ein sehr gut aussehendes, aber Attraktivität spielte bei Problemen meines Wissens eine eher untergeordnete Rolle. Mein Leben war augenblicklich so schon kompliziert genug.
    »Grüne Augen Froschnatur, von der Liebe keine Spur«, wiederholte er feixend. »Du glaubst doch nicht wirklich, dass das auf mich zutrifft, oder?«
    »Na, wer weiß«, neckte ich ihn. »Warum sich festlegen, wenn man an jedem Finger eine haben kann.«
    Plötzlich verfinsterte sich Joschs Miene. Er wurde richtig böse. »So ein Schwachsinn! Nur weil ich bei unseren Kundinnen schon mal hin und wieder meinen Charme spielen lasse, heißt das doch noch lange nicht, dass ich mit jeder gleich anbandele. Sag, hat Mona dir diesen Floh ins Ohr gesetzt? Sei ehrlich.«
    Irritiert schüttelte ich den Kopf. Mona, was sollte Mona damit zu tun haben? Viel eher würde das zu Frauke passen, die von Männern ganz allgemein keine hohe Meinung hatte. Und warum reagierte er gleich so sauer? Ob Josch bei Mona schon mal abgeblitzt war? Hatten die beiden am Ende sogar was miteinander gehabt? Ich nahm mir vor, Mona bei nächster Gelegenheit zu löchern.
    Fürs Erste war der Bann jedenfalls gebrochen. Ich atmete tief durch. Wir schmissen die leeren Pizzaschachteln in den Müll und machten uns wieder an die Arbeit.
    Gott sei Dank fand Josch schnell zu seiner guten Laune zurück. Im Handumdrehen hatten wir das Schlafzimmer, besser gesagt Thomas’ Schlafzimmer, fertig gestrichen. Im Eifer des Gefechts war an einer Stelle die Abdeckplane verrutscht. Die Kommode, die eigentlich von der Folie geschützt werden sollte, hatte ein paar fette Farbkleckse abbekommen. Scheiße. Nicht, dass mir dieses klobige, sperrige Schubladenteil besonders viel bedeutet hätte, es war ein Geschenk von Thomas’ Mutter, aber so konnte das nicht bleiben. Das sah ja wirklich dämlich aus. Wie gewollt und nicht gekonnt. Kurz entschlossen griff ich nach einem Pinsel und begann unter Joschs johlenden Anfeuerungsrufen, die ganze Kommode mit Latexfarbe anzumalen.
    Als Josch sich schließlich verabschiedete, bedankte ich mich artig bei ihm. Und er gab mir ein ebenso artiges wie leidenschaftsloses Küsschen auf die Wange. Ich horchte in mich hinein. War ich jetzt enttäuscht? Ach, Blödsinn!
    Zufrieden betrachtete ich das fertige Werk. Josch und ich hatten ganze Arbeit geleistet. Die Wände erstrahlten in einem so knalligen Pink, dass jedes Ferkel dagegen blässlich und anämisch aussehen musste.
    Nun, die Farbe war Geschmacksache, aber bei Thomas’ ausgeprägtem ästhetischen Empfinden würde er mir sicher dankbar sein, dass die Kommode jetzt genauso schön mit der Tapete harmonierte wie die Lichtschalter mit den Türklinken.

Neun
    Als ich am Morgen des 24. Dezembers die Augen aufschlug, war mir so gar nicht nach Weihnachten zumute. Mehr nach Aschermittwoch. Wenn doch bloß schon alles vorbei wäre! Frustriert tauchte ich in die dunkle Höhle meiner Bettdecke ab.
    Und wenn das fünfte Lichtlein brennt, dann hast du Weihnachten verpennt... Verlockende Vorstellung!
    Ich kam mir vor wie im falschen Film. Meine Einstimmung auf das Fest hatte ich nach dem Besuch des Weihnachtsmarkts für beendet erklärt. Noch nicht einmal ein mickeriger Adventskranz stand auf unserem Esstisch. Kein Wunder, dass ich von Weihnachten völlig kalt erwischt wurde. Und zwar in jeder Beziehung. Nicht nur die Temperaturen draußen, sondern auch

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