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Die Lazarus-Formel

Die Lazarus-Formel

Titel: Die Lazarus-Formel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivo Pala
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Ordensbruder, der schon vorher gesprochen hatte, warnend.
    »Ich weiß, was ihr fürchtet«, unterbrach ihn Bischof Wall. »Ihr glaubt, wenn wir das tun, ernten wir den gerechten Zorn Gottes. Beschwören wir das Jüngste Gericht herauf. Die endgültige Vernichtung der Menschheit. Aber die zu fürchten gibt es wahrlich keinen Grund. Denn wir sind, und das weiß er, seine allzeit gehorsamen Diener. Seine unschuldigen Kinder. Wir tun nichts weiter als sein Werk.«
    »Das ist nach allem, was uns bekannt ist, der letzte Baum«, wandte der zur Vorsicht mahnende Ordensbruder ein. »Wenn wir ihn endlich vernichtet haben, kann und wird es keine weiteren Bastarde der Nephilim mehr geben. Und all die Kraft, die wir für die Jahrhunderte währende Suche nach ihm aufgewandt haben, können wir fortan ungeteilt auf die Vernichtung der Aesirianer richten. Dann haben wir Gottes Werk getan. Und unsere Mission ist für immer erfüllt.«
    Eve sah ein zorniges Flackern in Bischof Walls Augen. Doch zu ihrer Überraschung entlud sich dieser Zorn in einem beinahe schon verständnisvollen Lächeln.
    »Gut gesprochen, Bruder«, sagte er einvernehmlich. »Und ich würde dir nur zu gern von ganzem Herzen zustimmen. Ich wünsche mir sogar nichts mehr, als dir zustimmen zu können. Denn auch ich suche den Frieden. Aber die Entwicklung in den letzten Tagen hat deutlich gezeigt, dass sich die Zeiten geändert haben.«
    Er zeigte mit anklagendem Finger auf Eve. »Nie zuvor war die Wissenschaft so weit fortgeschritten wie heute. Und dank der modernen Technik und der freizügigen, ja, schon pervertiert hemmungslosen Informationsgesellschaft wird sie in den kommenden Jahren ganz gewiss weitere sensationelle Sprünge machen. Viel schneller als früher werden dieser Frau neue Forscher folgen. Sie sprießen aus dem Boden wie Pilze nach dem Regen, einer ambitionierter als der andere. Gott existiert für sie höchstens noch als Anreiz, ihn zu widerlegen, als Herausforderung, sich mit ihm zu messen und damit der Welt ihr angebliches Genie zu beweisen. Sie sind die wahre Gefahr. Was, wenn das hier doch nicht der letzte der Bäume ist?«
    »Es ist ziemlich sicher …«
    »Ziemlich sicher darf uns aber nicht sicher genug sein!«, unterbrach Wall. »Habt ihr nicht begriffen, was sie hier vorhatte? Seht sie euch doch an. Früher war unser größtes Problem, dass jemand einen der Bäume fand und dadurch selbst unsterblich wurde. Wir haben in unseren Zellen gekniet und gezittert und gebetet, dass es nicht dieser eine ist, der bei unserem Herrn und Schöpfer das Fass der Langmut und der Gnade zum Überlaufen bringt und ihn veranlasst, die ganze Menschheit in seinem gerechten Zorn mit einem Streich zu vernichten.
    Forscher, Wissenschaftler«, rief er, »wollen die Unsterblichkeit aber nicht nur für sich allein. Sie wollen das Geheimnis dieses Baumes entschlüsseln, um es mit der Welt zu teilen. Mit der ganzen Welt. Und dann brauchen wir nicht mehr zu beten. Denn dann ist Gottes Gebot endgültig und dauerhaft gebrochen, und sein feuriges Strafgericht wird auf uns alle niederkommen.
    Um das zu verhindern, Brüder, Mitstreiter, müssen wir unbedingt stärker werden. Ja, um das zu verhindern, müssen wir uns sogar selbst opfern – und unsterblich werden! Den Preis bezahlen für diese Sünder und um zu verhindern, dass sie noch mehr Schuld auf sich bürden, selbst den Fluch ertragen.«
    Eve erkannte, dass der gleiche Glanz, der in Bischof Walls Augen strahlte, nach und nach auch in den Blicken der anderen Ordensbrüder leuchtete. Nur der eine, der bisher widersprochen hatte, runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf.
    »Das ist nicht Gottes Wille«, sagte er. »Und das wisst Ihr, Bischof Wall. Wir dürfen nicht zu Sündern werden, indem wir den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. Uns ist es nicht erlaubt, von diesem Baum zu essen. Das ist das Gebot Gottes. Und dass dieses Gebot gewahrt bleibt, haben wir feierlich und bei unserem Leben geschworen.«
    Für einen Moment war es in der Halle totenstill.
    »Hat denn Gott wirklich ausdrücklich gesagt, wir dürfen von diesem Baum nicht essen?«, fragte Bischof Wall schließlich, wieder betont freundlich. »In der Genesis 3, Vers 3 steht geschrieben: Nur von den Früchten des Baumes, der in der Mitte des Gartens steht, hat Gott gesagt: Davon dürft ihr nicht essen, und daran dürft ihr nicht rühren, sonst werdet ihr sterben .« Er deutete wieder auf die Eibe. »Aber das hier ist nicht der Baum, der in der Mitte des Gartens

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