Die Lazarus-Formel
Sterne.«
»Sagt Ihnen das etwas?«, fragte Eve.
Ben sah sie an, und seine Augen funkelten. »Und ob mir das etwas sagt.«
33
Dragonair –
Flug 824 von Köln nach Chengdu, China.
»China?«, fragte Eve, nachdem sie es sich in dem Sitz des relativ leeren Erste-Klasse-Abteils des Fliegers bequem gemacht hatte. »Ist das Ihr Ernst?« Ben hatte seit der Entschlüsselung des Pergaments im Dom nicht mehr dazu gesagt, als dass er ihr das nächste Reiseziel und vieles andere erklären würde, sobald sie im Flugzeug säßen. Nun saßen sie in der Maschine, und die rollte auf die Startbahn. Die chinesische Stewardess kam vorbei und vergewisserte sich, dass sie die Sicherheitsgurte angelegt hatten.
Nachdem sie weg war, beugte sich Ben zu Eve hinüber und sagte leise, damit die wenigen anderen Fluggäste ihn nicht hören konnten: »Ja, China. Der Berg der drei Sterne ist der Sanxingdui in Sichuan. Dort hat man 1987 die Ruinen und Überreste einer längst untergegangenen, weit entwickelten Zivilisation ausgegraben. Unter den entdeckten Artefakten gibt es eine Bronzeskulptur vom ›Baum des Lebens‹. Sie ist weit über dreitausend Jahre alt.« Er holte den Sephirot hervor. »Sanxingdui ist also der erste auf dem ›Pfad der drei heiligen Orte‹. Dort werden wir mithilfe des Steins herausfinden, wo sich der nächste befindet.«
Die Maschine beschleunigte zum Start. Einige Stunden Flug lagen vor ihnen, und Eve würde endlich Zeit finden, all die Fragen zu stellen, die sie plagten, und das waren nicht eben wenige. Der Flieger hob ab und stieg steil nach oben. Den zunehmenden Druck auf den Ohren durch Ausatmen bei geschlossenem Mund und zugehaltener Nase ausgleichend schaute Eve aus dem Fenster neben ihr und sah bald Köln unter sich, im Herzen der hell erleuchtete Dom.
Schließlich hatte die Maschine ihre Flughöhe erreicht, und die Leuchtanzeigen über den Sitzen signalisierten, dass sich die Fluggäste abschnallen durften.
»Wer waren die Männer in den Kampfanzügen, die mich im Labor überfallen haben?«, fragte sie.
»Aesirianer«, gab Ben zur Antwort.
»Aesiri-was?«
»Aesirianer«, wiederholte Ben. »Unsterbliche.«
»Unsterbliche?«
Ben nickte.
»Wie Feldmann?«
»Sehr viel älter.«
Sie wartete, doch er sprach nicht weiter. »Soll ich Ihnen jeden Informationsbrocken einzeln aus der Nase ziehen, oder erzählen Sie freiwillig weiter?«
Seelenruhig winkte Ben die Stewardess zu sich und bestellte einen Scotch. Eve orderte eine Coke – sie wollte wach bleiben und bei klarem Verstand. Nachdem die Getränke gebracht waren, nippte Ben an seinem Drink. Eve spürte, wie ihr die Ungeduld den Puls beschleunigte, doch als sie schon wieder etwas sagen wollte, hob Ben beschwichtigend die Hand.
»Bitte machen Sie sich darauf gefasst, dass das, was ich Ihnen nun erzähle, sehr fantastisch klingt«, sagte er leise.
»Sie meinen, fantastischer als all das, was seit meinem Besuch im Kloster geschehen ist?«, fragte sie mit leichtem Spott im Tonfall und nahm einen Schluck Coke direkt aus der kleinen Dose.
»Darauf können Sie sich verlassen«, bestätigte er, und Eve hätte, erschrocken und schockiert aufgrund des Ernstes in seiner Stimme, beinahe das Coke wieder ausgespuckt.
»Die Kurzfassung: Die Aesirianer sind eine geheime Gesellschaft Unsterblicher, die das Geheimnis der ewigen Jugend mit niemandem teilen will. Sie gehört zu den mächtigsten dieser Welt und will sicherstellen, dass ihr Kreis klein bleibt.«
34
Naqada Manor.
Kabir war in dem großen Konferenzsaal des Manors vor seinem Herrn niedergekniet, um diesem zu beichten, dass der Fremde wie vom Erdboden verschluckt war. Das Haupt gesenkt, den Nacken entblößt, zitterte er, und kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn. Sie hatten keine Leiche gefunden in den Trümmern unter St. Michael’s Tower. War damit alles vorbei für ihn? Nach all der Zeit?
Sein Herr hielt einen seiner Lieblingssäbel in der Hand und schwieg eine ganze, endlos erscheinende Minute lang, ehe er leise und beinahe freundlich fragte: »Was warst du, ehe ich mich deiner annahm, Kabir?«
Kabir versuchte, sein Zittern durch tieferes Einatmen zu unterdrücken. Die freundliche Note in der Stimme seines Herrn verhieß selten etwas Gutes.
»Sieh mich an, Kabir.«
Kabir hob den Kopf und leckte sich mit der Zungenspitze die vor Nervosität trocken gewordenen Lippen. Das Funkeln der Kristallleuchter blendete ihn, und die im Vergleich dazu noch sehr viel altertümlicher wirkenden ägyptischen
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