Die Lazarus-Vendetta
für eine plausibel klingende Geschichte konnte er auf die Schnelle aus dem Hut zaubern, um zu vertuschen, dass er mit Burke unter einer Decke steckte?
Tief in Gedanken trat Latham das Gaspedal des Jaguars durch und scherte nach rechts, um einen schweren Laster zu überholen, der viel zu langsam fuhr. Mit kaum einem Meter Abstand schnitt er in die linke Spur zurück. Der Fahrer des Lastwagens betätigte wütend seine Lichthupe und lehnte sich dann auf sein Lufthorn, das ein gellendes Röhren über den Motorway dröhnen ließ. Das Röhren der Hupe hallte als Echo von den Hügeln zurück.
Latham ignorierte den wütenden Lastwagenfahrer und konzentrierte sich darauf, so schnell wie möglich nach London zu kommen. Mit etwas Glück konnte er unbeschadet aus diesem ganzen Schlamassel herauskommen. Wenn nicht, konnte er vielleicht irgendeinen Deal machen – und im Gegenzug für das Versprechen, keine Anklage an den Hals zu bekommen, Informationen über TOCSIN liefern.
Plötzlich fing der Jaguar, von einer Reihe kleiner Explosionen erschüttert, laut an zu rattern und zu schlingern. Sein rechter Vorderreifen platzte und flog in Fetzen davon. Gummi- und Metallteile schlitterten und rollten über die Fahrbahn. Funken stoben über die Motorhaube und die Scheibe. Der Wagen brach nach rechts aus.
Laut fluchend zog Latham das Steuer nach links und versuchte, den schleudernden Wagen unter Kontrolle zu bekommen. Die Lenkung reagierte nicht. Dieselben winzigen Explosionen, die den Vorderreifen zerrissen hatten, hatten auch die Lenkung zerstört. Er schrie gellend, noch immer verzweifelt das jetzt nutzlose Lenkrad drehend.
Der Wagen war vollkommen außer Kontrolle und schleuderte mit hoher Geschwindigkeit über die Straße, überschlug sich und schlitterte dann mehrere hundert Meter auf dem Dach über den Asphalt der Fahrbahn. Als der Jaguar schließlich zum Stehen kam, war er nur mehr ein verbeultes Wrack aus verbogenem Metall, zerbrochenem Glas und zerfetztem Plastik. Weniger als eine Sekunde später entzündete eine weitere winzige Sprengladung das aus dem Tank auslaufende Benzin und verwandelte den silberfarbenen Jaguar in ein lichterloh brennendes Grab.
Der Lastwagen fuhr ohne anzuhalten an dem brennenden Wrack vorbei. Er fuhr weiter auf der M40 in Richtung London und seiner vom dichten Verkehr verstopften Straßen. In der Fahrerkabine schob der Fahrer, ein slawisch aussehender Mann mittleren Alters mit hohen Backenknochen, den Fernauslöser in den Seesack zu seinen Füßen. Zufrieden mit dem Ergebnis seiner Arbeit an diesem Morgen, lehnte er sich zurück. Lazarus würde sehr erfreut sein.
Kapitel vierunddreißig
Washington, D.C.
Lieutenant Colonel Jonathan Smith sah aus dem Fenster seines Zimmers im achten Stock des Capital Hilton auf die K Street hinab. Es war kurz nach Tagesanbruch, und die ersten Sonnenstrahlen schickten sich an, die letzten Schatten der Nacht von Washingtons Straßen zu vertreiben. Lieferwagen mit den Morgenausgaben der Zeitungen oder anderen Versorgungsgütern brausten durch die leeren Straßen und störten die Ruhe des frühen Sonntagmorgens.
Es klopfte an der Tür. Er wandte sich vom Fenster ab und durchquerte mit langen Schritten das Zimmer. Ein vorsichtiger Blick durch den Spion offenbarte ihm Fred Kleins vertrautes, langnasiges Gesicht.
»Tut gut, Sie zu sehen, Colonel«, sagte der Leiter des CovertOne, als er über die Schwelle getreten und die Tür hinter ihm geschlossen und verriegelt war. Er sah sich im Zimmer um, registrierte das unbenutzte Bett und den ohne Ton laufenden, auf einen Nachrichtenkanal eingestellten Fernseher. Über den Bildschirm flimmerten Live-Bilder von dem Kordon, den Militär und Polizei um La Courneuve gezogen hatten. Unüberschaubare Menschenmengen sammelten sich diesseits der Barrikaden und skandierten in tonlosem Unisono ihren Protest. Plakate und Protesttransparente gaben » Les Américaines « und ihren » armes diaboliques « , ihren »teuflischen Waffen«, die Schuld an der Katastrophe, der nach jüngsten Schätzungen mindestens zwanzigtausend Menschen zum Opfer gefallen waren.
Klein wölbte fragend eine Augenbraue. »Noch immer zu angespannt, um schlafen zu können?«
Smith grinste müde. »Ich kann im Flugzeug schlafen, Fred.«
»Oh?«, erwiderte Klein scheinbar verblüfft. »Haben Sie vor zu verreisen?«
Smith zuckte mit den Schultern. »Etwa nicht?«
Der Leiter des Covert-One lachte auf. Er warf seinen Aktenkoffer auf das Bett und ließ sich daneben auf
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