Die Lazarus-Vendetta
geduldig, bis sie so weit waren.
»Ich habe noch eine weitere wichtige Entscheidung bekannt zu geben, meine Damen und Herren«, begann Nomura. »Es ist keine Entscheidung, die ich mir leicht gemacht habe. Aber ich bin überzeugt, dass sie die einzige vernünftige Entscheidung ist, die ich in Anbetracht der schrecklichen Tragödie, die gestern hier in dieser Stadt geschehen ist, treffen konnte.« Er machte eine rhetorische Pause. »Nomura PharmaTech wird mit sofortiger Wirkung ihre nanotechnologischen Forschungsprogramme einstellen – sowohl jene, die wir in unseren eigenen Einrichtungen betreiben, wie auch die, die wir in anderen Institutionen überall auf der Welt finanzieren. Wir beabsichtigen, konzernfremde Beobachter in unsere Labors und Fabriken einzuladen, um zu beweisen, dass wir alle unsere Aktivitäten auf diesem wissenschaftlichen Gebiet beendet haben.«
Höflich hörte er dem aufgeregten Durcheinander der Fragen zu, das seine unerwartete Ankündigung auslöste, und beantwortete die, die ihm am geeignetsten für seine Zwecke erschienen. »Ob meine Entscheidung eine Reaktion auf die Forderungen der Lazarus-Bewegung von heute Morgen ist?«
Er schüttelte den Kopf. »Absolut nicht. Obwohl ich ihre Motive und Ideale respektiere, teile ich die Vorurteile der Bewegung gegen Wissenschaft und Technologie nicht. Die vorläufige Einstellung unserer nanotechnologischen Forschung ist allein von Vernunft und Besonnenheit diktiert. Solange wir nicht wissen, was im Teller Institut schief gegangen ist, wäre es verantwortungslos, andere Städte einem nicht kalkulierbaren Risiko auszusetzen.«
»Was ist mit Ihren Konkurrenten?«, fragte einer der Reporter rundheraus. »Andere Konzerne, Universitäten und Regierungen haben bereits Milliarden von Dollar in medizinische Nanotechnik investiert. Sollten sie dem Beispiel Ihres Unternehmens folgen und ihre Forschungen ebenfalls einstellen?«
Nomura lächelte milde. »Ich maße mir nicht an vorzuschreiben, was andere tun sollen. Das ist eine Entscheidung ihrer eigenen wissenschaftlichen Beurteilung, oder vielleicht besser gesagt, ihres eigenen Gewissens. Ich für meinen Teil kann nur versichern, dass Nomura PharmaTech niemals ihren Profit über das Leben unschuldiger Menschen stellen wird.«
Boston, Massachusetts
James Severin, der große, stiernackige Vorstandsvorsitzende der Harcourt Biosciences sah sich das CNN-Tape von Hideo Nomuras Interview bis zum Ende an. »Dieser gerissene japanische Hundesohn«, knurrte er verärgert und bewundernd zugleich. Seine Augen funkelten wütend hinter den dicken Gläsern seiner schwarz gefassten Brille. »Er weiß ganz genau, dass die Nanotech-Projekte seines Konzerns weit hinter den Arbeiten von allen anderen herhinken – so weit, dass sie keine echte Chance mehr haben, noch aufzuholen.«
Sein Vizedirektor, ebenso groß wie er, doch gut hundert Pfund leichter, nickte. »So weit wir es beurteilen können, hinken Nomuras Leute achtzehn Monate hinter unseren Wissenschaftlern her. Sie sind noch immer mit Grundsatztheorie beschäftigt, während unsere Laborteams bereits reale Anwendungsmöglichkeiten entwickeln. PharmaTech kann in diesem Wettlauf nicht mehr gewinnen.«
»Ja«, knurrte Severin. »Wir wissen das. Und unser Freund Hideo ebenfalls. Aber wer sonst außer uns durchschaut, was er damit bezweckt? Die Presse nicht, das ist mal sicher.« Er runzelte düster die Augenbrauen. »Ihm bleibt gar nichts anderes übrig, als allen fehlgeschlagenen und unrentablen Projekten, die sein Unternehmen ein Arm und ein Bein gekostet haben, den Hahn zuzudrehen, aber gerissen, wie er ist, schlüpft er dafür in die Rolle des weißen Ritters. Herzig, nicht wahr?«
Der Vorstand von Harcourt Biosciences schob seinen Stuhl zurück, stemmte sich schwer auf die Beine, ging zum Fenster seines Büros und starrte missmutig hinaus. »Und dieser kleine Trick von Nomura erhöht den politischen und öffentlichen Druck auf den Rest der Branche. Uns wird ohnehin schon die Hölle heiß gemacht, wegen dieses Schlamassels in Santa Fe. Jetzt wird alles noch schlimmer.«
»Wir könnten uns etwas aus der Schusslinie bringen, wenn wir uns der freiwilligen Verzichtserklärung von PharmaTech anschließen«, schlug sein Vizedirektor vor. »Nur so lang, bis wir beweisen können, dass unser Labor im Teller Institut nicht die Ursache für die Katastrophe war.«
Severin schnaubte verächtlich. »Und wie lange wird das dauern? Monate? Ein Jahr? Zwei Jahre? Glauben Sie
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