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Die lebenden Puppen des Gerald Pole

Die lebenden Puppen des Gerald Pole

Titel: Die lebenden Puppen des Gerald Pole Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark (Helmut Rellergert)
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Puppen.«
    »Hatte ich mir fast gedacht.« Emma schloss die Tür. »Und was hast du mit ihnen vor?«
    »Sie spielen mit heute Abend.«
    »Was? Alle?«
    »Ja, warum nicht? Es wird eine besondere Aufführung werden, das kann ich dir versprechen. Ich habe ein altes Stück verändert. Der Titel bleibt, und es wird ein Stück voller Überraschungen sein.« Er klatschte in die Hände. »Einmalig.«
    Eine derartige Erklärung war für die Frau nicht neu. Es kam hin und wieder vor, dass Pole alles über den Haufen warf, weil ihm eine tolle Idee gekommen war. Dann wurde das Stück auch meistens besser als das, was er eigentlich hätte spielen sollen.
    »Und was ist jetzt?«, fragte sie.
    Gerald Pole hatte den Koffer nicht losgelassen. Er ging damit auf die Bühne zu. Sie war nicht so leicht zu betreten, weil die Rückseite eines dunklen Vorhangs sie abschirmte.
    Er blieb davor stehen. »Ich werde meine Vorbereitungen treffen«, erklärte er.
    »Und dann?«
    »Werden wir auf die Zuschauer warten. Wie ich hörte, sind wir mal wieder ausverkauft.« Er kicherte. »Die bösen Zeiten ziehen eben viele Menschen an.«
    »Da hast du recht.«
    »Und die Zeiten werden böse sein«, versprach er. »Dafür werde ich schon Sorge tragen.«
    Emma Hill wollte es kaum glauben. »Ist das Stück denn so gruselig geworden?«
    »Ach, was heißt gruselig.« Er kicherte wieder. »Es ist gefährlich. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter. Es ist sogar tödlich«, flüsterte er mit scharfer Stimme. »Ja, tödlich …«
    Emma sagte nichts. Sie wollte nicht glauben, dass alles so zutraf, wie Gerald Pole gesagt hatte. Er war zudem ein guter Schauspieler, der Menschen schon Angst einjagen konnte. Das schaffte er normalerweise nicht bei Emma Hill. An diesem Tag sah es anders aus. Da hatte sie den Eindruck, dass mit Pole etwas geschehen war. Äußerlich war er zwar der Gleiche geblieben, aber von ihm strahlte etwas ab, das sich nur schwer beschreiben ließ. Eine gewisse Aggressivität, die er nur mühsam unterdrückte. So hatte ihn Emma Hill noch nie erlebt.
    Sie sagte auch nichts mehr und ließ ihn gehen. Sein Ziel war der Durchlass in der Mitte des Vorhangs, und den nahm er, um auf die Bühne zu gelangen.
    Emma Hill ging ihm nicht nach. Sie wollte ihn nicht stören. Zudem war er bei seinen Vorbereitungen gern allein.
    Er stellte seinen Koffer auf einem Tisch ab. Das sah die Frau noch, dann zog sie sich wieder zurück. Sie war durcheinander. Was sie hier erlebte, das war ihr zwar nicht neu, aber irgendwie schon anders. Und damit hatte sie ihre Probleme.
    So weitab vom Schuss wollte sie auch nicht sein. Eine gewisse Neugierde steckte schon in ihr. Es stand fest, dass der Abend etwas Besonderes werden würde, und daran wollte sie teilhaben, und zwar von Beginn an.
    Deshalb betrat sie auch die Bühne. Dabei ging sie recht langsam, trat auch leise auf, denn sie wollte den Meister nicht stören, der vor dem recht langen Tisch stand, auf den er auch den Koffer abgestellt hatte. Der Deckel stand offen und der Mann war dabei, seine Puppen hervorzuholen.
    Emma schaute zu und hielt dabei die Luft an. Sie schüttelte den Kopf, denn so etwas hatte sie nicht erwartet. Wie oft hatte sie zugesehen, wenn Pole die Puppen aus dem Koffer nahm und sie verteilte, aber so wie heute war es noch nie gewesen.
    Er ging behutsam zu Werke. Er fasste seine Lieblinge vorsichtig an und wollte kein Risiko eingehen, dass sie ihm womöglich aus der Hand rutschten. Er legte sie auf den Tisch, und bevor sie das Holz berührten, wurden sie noch gestreichelt.
    Emma sah das und schüttelte den Kopf. Sie wunderte sich über seine Handhabungen. Die waren ihr völlig neu. Das Streicheln glich Liebesbeweisen, und so etwas hatte sie bei Pole noch nie beobachtet. Dass er seine Puppen mochte, stand fest, doch nun sah es aus, als hätte er sich in sie verliebt. Dabei spielte es keine Rolle, ob es sich um den Kasper handelte, den Teufel oder Frau Holle.
    Jede Puppe streichelte er. Er sprach sie sogar an und lächelte in deren Gesichter. Auch das war nicht normal. So fragte sich Emma, was mit ihm geschehen war.
    Er stand hinter dem Vorhang auf der Bühne. Sie hielt sich noch in der Öffnung auf, deren Spalt breit genug war.
    Nicht mehr lange. Emma wollte Bescheid wissen. Er sollte ihr die Wahrheit sagen, und nachdem sie diesen Vorsatz gefasst hatte, ging sie auf ihn zu.
    Es war ihr gelungen, leise zu sein, und erst als sie den Tisch fast erreicht hatte, machte sie sich durch ein Räuspern

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