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Die Lebküchnerin

Die Lebküchnerin

Titel: Die Lebküchnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Schrödter
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fahlen Mondlicht so stolz und stattlich dastand.
    »Ich muss noch einmal hinein«, raunte er, »und das Pferd des Provinzials holen, damit wir schneller vorankommen als auf einem Gaul.«
    Und schon war er wieder beim Tor und öffnete es mit einem quietschenden Geräusch, das in Benedictas Ohren wie ein einziger Vorwurf klang. Warum verlässt du uns, Schwester, warum?, schien die Pforte zu klagen. Plötzlich war Benedicta entsetzlich bang zumute, so allein hier draußen. Am liebsten wäre sie in ihre Zelle zurückgerannt.
    Zum Trost kuschelte sie sich ganz dicht an Julians Pferd, das draußen vor dem Tor an einen Baum angebunden stand, und sie zwang sich, an etwas Schönes zu denken. Welch prächtiges Pferd es doch war! Ein so großes, dunkles Tier hatte Benedicta noch niemals gesehen. Ihr Vater und sie waren stets auf den ungleich kleineren Zeltern geritten. Noch näher rückte sie an das edle Tier heran und streichelte ihm versonnen über die Mähne. Und tatsächlich, die Wärme des Pferdes schenkte Benedicta ein Gefühl von Geborgenheit, und sie traute sich, den Blick in die Ferne schweifen zu lassen.
    Dort hinten lag der rettende Wald, und sie sehnte sich nach dem Schutz der riesigen Baumkronen. Sosehr sie sich auch vor dem Kommenden fürchtete, an das Zurück verschwendete sie nun keinen Gedanken mehr.
    »Benedicta«, flüsterte Julian, und sie drehte sich erfreut um. Er machte ihr ein Zeichen, ihm das Tor zu öffnen, denn er führte einen Zelter mit sich. Das Tier war genauso leise wie Julian, während es mit ihm in die Freiheit trabte. Kaum hatte er es neben seinem Pferd angebunden, umfasste er vorsichtig Benedictas Hüften und hob sie auf sein prächtiges pechschwarzes Ross.
    »O je!«, entfuhr es ihr vor Schreck, als sie einen verzweifelten Blick nach unten wagte.
    »Wir tauschen die Pferde, sobald wir im Wald in Sicherheit sind«, flüsterte er ihr ermutigend zu. »Ich schwöre es dir, du kannst den Schwarzen beruhigt reiten. Er sieht gefährlicher aus, als er ist, doch er ist schneller. Auf ihm entkommst du immer, was auch geschehen mag. Hast du gehört? Was auch immer geschieht – wenn ich dir nicht folgen kann, dann lässt du dich vom Schwarzen zur Burg Ehrenreit bringen …«
    Wie vertraut er mit mir redet!, dachte Benedicta.
    Seine Worte wurden jäh von einem quietschenden Geräusch unterbrochen, und Julian und Benedicta fuhren erschrocken zusammen. Als Benedicta sich zögernd umwandte, um dem Feind ins Auge zu sehen, erstarrte sie, bevor ein Lächeln ihr Gesicht erhellte. Es war Agnes, die da mit einem Bündel in der Hand aus der Pforte trat und sie vorwurfsvoll ansah.
    »Mich wolltest du also hier zurücklassen! Hast du tatsächlich geglaubt, ich hätte dir deine Geschichte abgenommen? Wenn ich morgen nicht komme … Ha! Da wusste ich doch, was gespielt wurde!«, raunte sie statt einer Begrüßung leise zu ihrer Freundin auf dem hohen Ross hinauf.
    »O nein, die hat uns gerade noch gefehlt!«, murmelte Julian, bevor er die Köchin wortlos packte, auf den Zelter setzte und hinter ihr aufsprang. Als sie sich wehren wollte, fuhr er sie an. »Wir nehmen dich nur mit, wenn du uns nicht unnötig in Gefahr bringst. Also halt dich an der Mähne fest und tu nur, was ich dir sage!«
    Murrend gehorchte Agnes.
    »Nun reite los, Benedicta! Hab keine Angst. Was immer mit mir geschehen mag, reite voran, dreh dich niemals um und steig nicht vom Pferd, wenn ich nicht in deiner Nähe bin«, ordnete Julian mit heiserer Stimme an, während er sein Pferd in Bewegung setzte.
    Benedicta zögerte noch, als ein schriller Schrei die Stille der Nacht zerriss. »Hilfe! Wacht auf, ihr Knechte! Benedicta will mit dem Fechtmeister Julian von Ehrenreit aus dem Kloster fliehen!«

21
    Wie der Wind preschte der Schwarze durch die Nacht. An dem Zelter vorbei war er mitten hinein in den dunklen Wald galoppiert. Benedicta stand Todesängste aus. Jeden Augenblick befürchtete sie, abgeworfen zu werden und sich das Genick zu brechen. Ich habe den Mund wohl doch etwas zu voll genommen, als ich behauptete, reiten zu können, sagte sie sich, während sie immer tiefer in das Dunkel des Waldes eintauchten. Der wilde Rappe schien den Weg durch den Wald blind zu kennen, obwohl er manches Mal vom Weg abkam und durch allerlei Gestrüpp brach. Die Äste der Bäume peitschten Benedicta ins Gesicht und ihre nackten Beine.
    Ich werde völlig zerschunden sein, wenn ich den Schergen entkommen bin, dachte sie, denn eines schien ihr gewiss: Sie konnte

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