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Die Lebküchnerin

Die Lebküchnerin

Titel: Die Lebküchnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Schrödter
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Und Julian antwortete ihm offenbar, denn seine Stimme drang schwach bis zur Eiche herüber, obwohl die Worte nicht zu verstehen waren. Es klang wie fernes Gemurmel.
    Dann herrschte wieder Stille. Der Fremde richtete sich auf, blieb für einen Augenblick regungslos stehen, bevor er den Körper des Fechtmeisters mit einem einzigen Griff packte. An Julians Armen, die leblos herunterhingen, erkannte Benedicta unschwer, dass er wieder ohnmächtig geworden war. Der Fremde hievte den schlaffen Körper schwer atmend auf den Schwarzen. Er legte ihn wie einen nassen Sack quer über dem Pferderücken ab und überzeugte sich davon, dass er nicht vom Pferd fallen konnte.
    Dann trat der Mann im Kapuzenmantel noch einmal auf die Lichtung und näherte sich vorsichtig dem weißen Pferd, das auf dem Waldboden lag und leise vor sich hinschnaubte, und versuchte es zum Aufstehen zu bewegen. Erst schien es dem Pferd sogar zu gelingen, doch dann gab das lahme Bein unter dem Gewicht des schweren Körpers nach, und es sank erneut zu Boden.
    Den gebrochenen Blick des Pferdes, als es sich noch einmal vergeblich aufzubäumen versuchte, würde Benedicta ihr Leben lang nicht vergessen. Das stumme Leiden, das in seinen Augen geschrieben stand, war kaum zu ertragen. Sie wandte den Kopf ab, doch nur für einen winzigen Augenblick. Dann siegte die Neugier. Was hatte der Fremde vor?
    Sie sah nun mit an, wie er sich zu dem verletzten Tier beugte und ihm etwas ins Ohr flüsterte, bevor er einen Dolch aus dem Mantel zog und ihn dem Pferd mit einem heiseren Aufschrei in den Hals rammte. Eine rote Fontäne sprudelte hervor und bedeckte den Waldboden im Nu mit einer großen Blutlache. Ungeachtet dessen stand der Fremde auf, beugte sich noch einmal hinunter und streichelte dem Tier über den toten Leib. Schließlich wandte er sich jäh um und eilte zu dem Schwarzen hinüber, ohne sein totes Pferd auch nur noch eines Blickes zu würdigen.
    Benedictas Aufschrei war stumm, minderte ihr Entsetzen aber nicht im Geringsten. Was hätte sie in diesem Augenblick darum gegeben, den Körper dieses Fremden mit einem Dolch zu durchbohren und sein Blut spritzen zu sehen. Er hatte das Tier kaltblütig getötet. Nein, ein guter Mensch war er mit Sicherheit nicht!
    Agnes hielt sich die Hand vor den Mund und war totenbleich im Gesicht, doch erst als sich der Mann mit einem Satz hinter Julian auf den Schwarzen geschwungen hatte und mit ihm fortgeritten war, wagte sie es, sich in einem Schwall zu übergeben.
    »Was war das nur für ein Mörderbube? Was wird er erst mit Julian anstellen, falls der noch ein Funken Leben im Leib hat?«, fragte Benedicta voller Entsetzen, während sie sich am Stamm der Eiche entlang auf den bemoosten Waldboden rutschen ließ. Agnes zuckte die Achseln und tat es der Freundin gleich.
    »Das mit dem Pferd, das musste er tun«, erwiderte sie nach einer Weile des Schweigens.
    »Warum? Warum musste er das arme Tier töten?«, fauchte Benedicta zurück.
    »Wenn ein Pferd sich am Bein verletzt, wird es nie mehr laufen können. Und diejenigen, denen die Pferde mehr bedeuten als nur Ackervieh, die erbarmen sich ihrer und erlösen sie von ihren Qualen«, murmelte Agnes.
    »Trotzdem, es ist eine unverzeihliche Sünde«, gab Benedicta empört zurück. »Der Herr verlangt, dass wir das Leiden ertragen und uns ihm nicht entziehen.«
    »Wenn du so denkst, solltest du schnellstens zu den Schwestern zurückkehren. Wirf dich vor ihnen in den Schmutz und bitte um Vergebung«, fuhr die Freundin sie daraufhin an.
    »Aber ein Tier umzubringen, das ist eine Sünde, die nach Bestrafung schreit.«
    »Es ist auch eine Sünde, aus dem Kloster zu flüchten. Was er auch immer für ein unheimlicher Geselle ist, aber das hat er wohlgetan. Doch woher sollst du das wissen? Du weißt ja gar nicht, wie das Leben dort draußen wirklich ist. Gute Männer töten ihre Tiere, damit sie nicht leiden müssen. So halten es die Menschen im Dorf jedenfalls.«
    Mit diesen Worten stand Agnes auf und klopfte sich den Schmutz des Waldbodens vom Kleid. Wütend wandte sie sich der Freundin zu. »Ich gehe jetzt nach Nürnberg zu meinem Bräutigam, und du, du kehrst am besten artig ins Kloster zurück. Ich glaube, für das Leben außerhalb der Klostermauern bist du nicht geschaffen. Du urteilst gar zu schnell über andere und vergisst, was du ihnen angetan hast.«
    Trotzig wandte sich Agnes zum Gehen. »Oh, Agnes, ich habe so entsetzlichen Durst«, sagte Benedicta, als hätte sie die harten Worte der

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