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Die Lebküchnerin

Die Lebküchnerin

Titel: Die Lebküchnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Schrödter
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nicht da!« Dann warf sie die Tür hinter ihr zu. Noch im selben Augenblick wusste Benedicta, dass sie das lieber nicht hätte tun sollen. Aber hatte sie eine andere Wahl gehabt?
    Mit klopfendem Herzen ließ sie sich zu Boden gleiten, schlug die Hände vors Gesicht und weinte, bis etwas Weiches sie anstieß. Artemis, die sie völlig vergessen hatte.
    »Du hast Hunger«, flüsterte sie, während sie dem Hund das schöne Fell streichelte. Dann trocknete sie sich die Tränen, sprang auf und holte aus der Backstube einen Kanten Brot, den das Tier begierig hinunterschlang.
    Artemis schien immer noch nicht satt zu sein und jaulte leise. Da begriff Benedicta, was sie wollte, und öffnete die Haustür einen Spaltbreit. Erst als sie sich mit einem prüfenden Blick davon überzeugt hatte, dass Lukarde nirgendwo dort draußen lauerte, ließ sie Artemis laufen.
    »Aber bitte komm zurück!« Das klang flehentlich.
    Artemis wedelte mit dem Schwanz, bevor sie sichtlich vergnügt auf die Gasse hinaussprang. Da fiel Benedictas Blick auf das Haus des Weißbäckers. Im Eingang stand Lukarde und starrte feindselig zu ihr herüber.

30
    Voller Ungeduld wartete Benedicta vor dem Ofen, bis ihre Brote fertig waren. Alle Augenblicke holte sie mit dem hölzernen Schieber einen Laib heraus. Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis das Brot endlich so knusprig gebacken war, dass sie es probieren konnte. Sie legte einen Laib auf den Tisch, damit er ein wenig abkühlte. Doch kaum ließ er sich anfassen, ohne dass sie sich die Finger verbrannte, brach sie schon drei Teile davon ab. Ein Stück reichte sie Crippin, eins dem Lehrjungen, und eins steckte sie sich selbst in den Mund. Als sie den ersten Bissen gierig hinuntergeschlungen hatte, hellte sich ihr Gesicht auf.
    »Das ist ja köstlich!«, rief sie freudig aus. »Das wird sich sicher gut verkaufen.«
    »Köstlich ist es. Keine Frage«, erwiderte Meister Heller nicht eben begeistert, »aber verkaufen können wir es nicht.«
    Fassungslos starrte Benedicta Meister Heller an. Da nahm der Bäckermeister den Laib und wog ihn in der Hand. »Er ist zu leicht. Das kann ich sagen, ohne ihn zu wiegen. Wenn wir das Brot so auf dem Markt anbieten, wird man mich an den Pranger stellen.«
    »An den Pranger?« Ganz dunkel erinnerte sich Benedicta, dass sie als Kind einmal in Regensburg an einem Mann vorbeigegangen war, der an einem Holzpfahl festgebunden war und von der gaffenden Menge mit Steinen beworfen wurde. Sie hatte geweint, und ihr Vater hatte sie hastig fortgezogen.
    Gieselbert warf ihr einen hinterhältigen Blick zu. »Ihr wisst nicht, was ein Pranger ist?«
    Crippin aber lachte dröhnend. »Ach, Brunhild, den gibt es bei dir auf dem Land ja gar nicht!« An Gieselbert gewandt, sagte er: »Sie kommt von einem abgelegenen Gehöft. Ich muss es ihr erklären. An einen Pranger werden Übeltäter festgebunden und von den Leuten, die vorübergehen, mit Schmutz beworfen. Wenn einer der Unseren das Brot zu leicht backt und die guten Leute zu betrügen versucht, wird er mit Sicherheit dort landen. Für uns Bäcker bauen sie inzwischen gar nach dem Vorbild der Wiener einen Käfig aus Holz, mit dem wir zur Strafe für zu leichtes Brot in die Pegnitz getaucht werden.«
    Angewidert kräuselte Benedicta die Lippen. »Das ist ja ekelhaft!«
    »Wie bestraft man denn bei euch die Betrüger?«, fragte Gieselbert listig, doch schon mischte sich Meister Heller ein. »Ich mache dir einen Vorschlag, Brunhild. Du backst deine Brote in der Größe der unsrigen. Sieh, dort auf unserer Waage kannst du den Teig abwiegen, bevor du ihn in den Ofen schiebst. Und bedenke: Niemals darfst du das Brot zu leicht machen. Lieber zu viel als zu wenig Teig! Und du, Gieselbert, halt keine Maulaffen feil, sondern geh an die Arbeit!«
    Mit diesen Worten wollte Crippin die Backstube verlassen. Da fiel Benedicta siedend heiß ein, was sie gerade oben in Anselms Kammer gesehen hatte. Unvorstellbar, Meister Heller könnte Anselm und Agnes bei ihrem Treiben ertappen und womöglich der Lüge mit der Schwangerschaft auf die Schliche kommen! Dann würde er Agnes und Benedicta sicherlich in hohem Bogen aus dem Haus werfen. Aber wie sollte sie ihn aufhalten? Ihr fiel keine Lösung ein. Also setzte sie auf Schnelligkeit, fegte an Crippin vorbei aus der Backstube und hastete die Stiege hinauf. Ohne anzuklopfen, riss sie die Kammertür auf und blickte zum Bett hinüber – es war leer. Benedicta klopfte das Herz bis zum Hals. Im Flur hörte sie Stimmen. Rasch

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