Die leere Wiege: Roman (German Edition)
kneten, und sie hatte das Gefühl, erdrückt zu werden.
»Mark! Hören Sie auf. Ich will …«
Er erstickte ihre Worte mit einem feuchten, gierigen Kuss. Kate schmeckte seinen Speichel und musste würgen. Mit letzter Kraft stieß sie ihn von sich, doch das Bett war so schmal, dass er auf den Boden fiel. Cate versuchte, über ihn hinweg an den Papierkorb zu gelangen, aber es war schon zu spät. Sie erbrach den Rest ihres Mageninhalts über Mark. Diesmal schmeckte sie Galle im Mund, ihr Kopf dröhnte.
»O Gott«, keuchte sie. »Mark, das wollte ich nicht.«
Sie hatte sein Gesicht und das T-Shirt getroffen. Mit dem Arm fuhr er sich über die Wange, entdeckte Erbrochenes auf seinem Ärmel und streifte sich das T-Shirt ab. Auf seinem mageren Brustkorb wuchsen ein paar dunkle Haare.
»Es tut mir leid«, entschuldigte sich Cate und betrachtete den befleckten Teppich. »Ich mache das wieder sauber.«
Sie fühlte sich leer, ihr Rachen schmerzte. Außerdem hatte sie rasende Kopfschmerzen und das Gefühl zu verdursten. Sie hätte literweise Wasser trinken können und wollte in einem abgedunkelten Raum schlafen – allein. Aber hauptsächlich wollte sie fort von hier, nur dass sie sich noch immer nicht in der Lage fühlte, Auto zu fahren. Sie überlegte, ob sie sich per Handy ein Taxi bestellen sollte, doch der Gedanke, bis zur Ankunft des Wagens hier zu warten, war ihr unerträglich.
Mühsam stand sie auf. Einen Schuh entdeckte sie unter dem Bett, der andere lag an der Tür. Mark saß noch immer auf dem Boden und hielt den Kopf in den Händen. Cate schaffte es kaum, ihn anzusehen.
»Es tut mir leid«, sagte sie noch einmal. »Aber ich fürchte, Sie haben da etwas falsch verstanden.«
»Muss sowieso schlafen«, entgegnete er verdrießlich. »Hab morgen Frühschicht.«
Wortlos verließ Cate den Raum und tastete sich über den dunklen Flur zur Vordertür. Dann stand sie im Freien und atmete die Nachtluft ein.
28.
Eintrag in mein schwarzes Buch
Als du in mein Krankenzimmer kamst, warst du blass und wirktest nervös. »Wie geht es dir?« Du hattest Mühe, mir in die Augen zu sehen.
»Mir tut alles weh.«
Du schobst die Hände in die Taschen deiner Jeans und starrtest zu Boden. »Keiner scheint zu wissen, warum das passiert ist. Oder sonst irgendetwas.«
»Es war einfach Pech.«
»Oder lag es daran, dass ich dich gestoßen …« Deine Stimme verebbte.
»Kannst du mir helfen aufzustehen?«
Du stütztest meinen Rücken und halfst mir aus dem Bett in den Rollstuhl. Du warst sehr sanft.
»Sitzt du gut?«
»Wenn ich Joel sehe, wird es mir besser gehen.«
Du schobst mich über den Flur, haarscharf vorbei an einer Frau, die gerade ihr Zimmer verließ. »Entschuldigung«, sagtest du zu ihr, »aber diese Dinger hier sind wie Einkaufswagen.«
Wir erreichten die Tür zur Intensivstation. Als du mich ansahst, lag tiefe Trauer in deinem Blick.
»Das werde ich mir nie verzeihen«, sagtest du.
Auf der Intensivstation war es still, als wären die Babys zu krank und schwach, um zu schreien. Im Büro saß eine Schwester an einem Schreibtisch und machte Eintragungen. Sie lächelte, als wir ankamen, denn inzwischen kannte sie uns.
»Wie geht es ihm?«, fragte ich.
»Joel hat eine gute Nacht hinter sich. Er macht Fortschritte.«
Du drücktest meine Schulter und schobst mich zu seinem Bettchen. Joel schlief. Noch immer war er mit einem Schlauch an ein Gerät angeschlossen, das seinen Herzschlag kontrollierte. Du blicktest auf ihn hinab.
»Er ist wunderschön.«
Deine Augen wurden feucht. Mit einem Finger strichst du ihm über Wange und Stirn und berührtest seine Nasenspitze. »Hallo, mein Schätzchen.«
Joels Mund bildete ein O. Er gähnte mit geschlossenen Augen. Du schnapptest nach Luft, als hättest du gerade ein Wunder erlebt.
Ich sah, wie du dich in deinen Sohn verliebtest, und spürte eine nahezu unerträgliche Mischung aus Kummer und Stolz. Wenn du mich nur einmal auf diese Weise angeschaut hättest.
»Joel«, sagtest du. »Ich bin dein Daddy. Schlaf schön, mein Kleiner, und werd bald gesund.«
Falls es dich wunderte, dass ich ihm einen Namen gegeben hatte, ohne dich vorher zu fragen, sagtest du dazu nichts.
Wir blieben bei ihm. Ich im Rollstuhl, du auf einem Stuhl. Wieder legtest du die Hand auf Joel. Nach einer Weile kam die Schwester, überprüfte den Schlauch und das Gerät.
»Wird er gesund werden?«
»Es geht ihm gut. Seine Blutwerte sind ein bisschen niedrig, doch dagegen gehen wir an. Ehe Sie
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