Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die leere Wiege: Roman (German Edition)

Die leere Wiege: Roman (German Edition)

Titel: Die leere Wiege: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Dugdall
Vom Netzwerk:
Luke nennen. Dominic kommt nachher noch mal vorbei, dann kann ich ihm den Vorschlag machen. Er ist ziemlich erschöpft, auch wenn er es nicht zugibt. Seine Arbeit, die Aufregung, die schlaflose letzte Nacht, all das macht ihm zu schaffen. Ich habe ihm gesagt, er brauche heute nicht mehr zu kommen, aber davon wollte er nichts hören. Für Väter ist das alles sehr schwierig, finden Sie nicht?«
    »Na ja.«
    »Wie hilflos sie sich fühlen müssen, wenn wir in den Wehen liegen. Eigentlich wollte Dominic sich nach der Geburt unseres Kindes zwei Wochen freinehmen, aber dann ist er heute doch wieder zur Arbeit gegangen. Er meinte, um hier herumzusitzen, brauche er seine Urlaubstage nicht zu vergeuden. Er ist stellvertretender Leiter eines Internats und kann sowieso nie abschalten. Was macht denn Ihr Mann beruflich?«
    »Er arbeitet im Hotelgewerbe.«
    »Dominic arbeitet einfach zu viel. Ich hoffe, wenn er kommt, bringt er mir meine Kosmetiktasche mit. Ich möchte mich schminken und wünschte, ich könnte schon wieder vernünftige Sachen tragen, aber mir passt ja nichts mehr.« Sie zwickte sich in den Bauch. »Ich bin Ballettlehrerin. Normalerweise unterrichte ich zwanzig Stunden pro Woche. Würde mir jetzt keiner zutrauen, so wie ich aussehe, was?«
    In dem Moment machte es bei mir Klick. Das Wort »Ballettlehrerin« war der Auslöser. Sie war die kleine Ballettratte, in die du dich so hoffnungslos verliebt hattest. Sie war die Frau auf dem Foto in deinem Portemonnaie. Sie war deine Exfrau Emma.
    Mein Puls begann zu rasen. Ich dachte an deine Besuche bei ihr, an die Nacht, in der du nach Hause gekommen warst und nach frischen Äpfeln gerochen hattest. Wie Gift durchströmte die Erkenntnis mich.
    Ich wusste, dass du sie nicht sehen durftest. Und sie durfte nicht erfahren, wer ich bin. Ich musste dich von ihr fernhalten.
    Denn wenn ihr euch wiedersehen würdet, wären die vergangenen Monate im Nu zu nichts zerronnen.
    »Dominic!«
    »Hallo, Liebling. Die Schwester hat mir gesagt, dass du hier bist.«
    Emmas Ehemann betrat mein Zimmer, in einem grauen Anzug, hochgewachsen und übermächtig. Es wunderte mich, dass er so viel älter war als sie.
    »Das ist Rose«, sagte Emma.
    Dominic beachtete mich kaum. Er hatte nur Augen für seine Frau.

30.
     
     
     
    Am nächsten Morgen weckte mich die Frühschicht. Ich hörte die Schwestern murmeln, während sie die Übergabe machten. In meinem Zimmer schob eine Putzfrau ihren Mopp lustlos unter mein Bett. Ich lag noch immer in dem Einzelzimmer und blieb von den anderen Frauen getrennt. Wenn ich an Emma dachte, litt ich Folterqualen. Ich erinnerte mich an den Singsang ihrer Stimme und ihre ahnungslose Miene. Sie war nicht allzu weit von mir entfernt untergebracht, und das machte mir am meisten zu schaffen. Gerade als es schien, dass ich das haben konnte, was ich mir wünschte, sogar deine Liebe, die ich durch unseren Jungen gewonnen hatte, drohte es mir unter den Händen zu zerrinnen. Deshalb durftest du Emma auf gar keinen Fall sehen. Das würde ich nicht zulassen.
    Ungeduldig wartete ich auf das Frühstück. Danach wollte ich Joel in seinem Brutkasten besuchen und die Schwestern fragen, ob ich ihn baden durfte. Als ich auf die Uhr schaute, war es Viertel nach acht. Die Schwestern hatten sich verspätet, aber ich konnte den Wagen über den Flur rattern hören. Kurz darauf kam Nurse Hall herein, die mich erst anlächelte und dann gähnte.
    »Sie sehen müde aus«, begrüßte ich sie.
    »Gestern hatte ein Freund von mir Geburtstag. Wir haben in einem Klub gefeiert, und ich war erst um drei zu Hause. Jetzt habe ich einen schrecklichen Kater, aber leid tut es mir nicht.«
    Nurse Hall war nicht viel jünger als ich, wahrscheinlich so um die fünfundzwanzig, doch sie schien das Leben eines Teenagers zu führen. Ich dagegen war nie in einem Nachtklub gewesen, das war einfach nicht mein Ding, ganz gleich, wie oft du versucht hast, mich dazu zu überreden. Ich fühlte mich zu alt, um tanzen zu gehen, und war nicht hübsch genug, um mich in einem Klub wohlzufühlen. Doch ich fragte mich, wie es wäre, sich schick anzuziehen, Wodka zu trinken und bis drei Uhr morgens zu lauter Musik zu tanzen. Würde ich dabei meine Sorgen vergessen? Ich beneidete Nurse Hall um die dunklen Augenringe und den dröhnenden Schädel.
    »Wie geht es Joel?«, fragte sie.
    »In den letzten vier Tagen hat er sechzig Gramm zugenommen.«
    Sie strahlte mich an. »Aber das ist ja wunderbar. Bestimmt können Sie ihn bald mit

Weitere Kostenlose Bücher