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Die leere Wiege: Roman (German Edition)

Die leere Wiege: Roman (German Edition)

Titel: Die leere Wiege: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Dugdall
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übernimmt die Wache. Im Gefängnis lernt man zu lauschen.
    Zwei Dinge lassen sich über die Wärter sagen: Sie können ihren Schwanz nicht in der Hose lassen und ihre Zunge nicht im Zaum halten. Insbesondere bei den Jüngeren von ihnen ist das der Fall, denn sie glauben noch, sie müssten sich beweisen. Als Mark Burgess zum Dienst erscheint, läuft er so beschwingt über den Flur, als hätte er im Lotto gewonnen. An Janies Zellentür hält er an und fragt nach, ob sie am Nachmittag Besuch erwarte. Er mag Janie am liebsten von allen, denn sie macht ihm keine Angst. An meiner Zellentür geht er immer vorüber und ist bisher noch kein einziges Mal stehen geblieben.
    Dave Callahan ruht sich in seinem Büro aus, legt die Füße auf den Tisch und liest die Sunday Sport . Wir Gefangenen dürfen keine pornografischen Fotos besitzen, doch die Wärter können sich anschauen, was sie wollen. Ich stehe im Eingang meiner Zelle und lausche.
    »Hallo, Dave. Willst du einen Kaffee?«
    »Nicht nötig. In fünf Minuten bin ich weg.«
    »Gab’s irgendwelche Probleme?«
    »Ach wo. Hab die ganze Zeit geschlafen.«
    »Ich war auf einer Party.«
    »Wirklich?«, fragte Callahan ohne jedes Interesse.
    »Bei Paul Chatham.«
    »Bei dem Schwuli? Wie ist denn der Freund von dem?«
    »Nett.« Mark klingt verlegen.
    »Waren noch andere Schwuchteln da?« Callahans Interesse ist geweckt.
    »Nein, aber Cate Austin.«
    Ich spitze die Ohren.
    »Und? Ist die eiserne Jungfrau locker geworden?«
    »Und wie! War gar nicht mehr zu bremsen.« Mark lacht.
    Stille breitet sich aus.
    »Du kleines Ferkel«, sagt Callahan schließlich.
    »Ist abgegangen wie eine Rakete, die Kleine«, setzt Mark hinzu.
    Ich bin baff und versuche, diese Information in das Puzzle Cate Austin einzusetzen, das ich vor einigen Wochen begonnen habe. Es gelingt mir nicht.
     
    —
     
    Kurz darauf betrete ich Janies Zelle. Sie ist dabei, auf ihrem Block eine Katze zu malen. Es sieht aus wie eine Kinderzeichnung.
    »Ich hab wieder einen Brief von meinem Dad bekommen«, sagt sie und zieht den Brief unter ihrem Kopfkissen hervor, eine verknitterte Seite, obwohl Janie sie unmöglich gelesen haben kann. »Liest du ihn mir vor?«
    »Natürlich. Aber zuerst musst du mir erzählen, wie es am Freitag in Ipswich war. Hast du die Adresse gefunden?«
    Ich frage sie ganz beiläufig, dabei bin ich in Wahrheit bis aufs Äußerste gespannt. Ich weiß, dass Janie geführt werden muss, wie alle Komplizen, denen man einen Auftrag gibt, denn sie ist nicht so mutig wie ich. Doch ich spüre, dass Mum und Rita über mich wachen und mir raten, umsichtig zu sein.
    »Klar. War ganz einfach. Hinterher bin ich zu spät zum Unterricht gekommen, aber Miss Reed weiß ja, dass ich bloß den einen Tag frei habe. Ich habe ihr im Park ein paar Blumen gepflückt. Und in der letzten Woche war ich bei Boots und habe alle Parfums durchprobiert. Da hat Miss Reed gesagt, ich würde wie ein Blumenladen riechen.«
    Ich versuche, mir meine Ungeduld nicht anmerken zu lassen, so schwer mir das auch fällt. »Wie hast du das Haus gefunden?«
    »Na, du hattest mir doch eine Straßenkarte gemalt, und das Haus war genau, wie du es gesagt hast. Durch die Fenster habe ich auch reingeschaut, so wie du es wolltest, aber da war niemand. Die haben es schön, großes Wohnzimmer, teurer Fernseher und so eine feine Sitzecke.«
    »Was noch?«
    »An einer Wand stand ein kleiner Stuhl für ein Baby.«
    »Was sagst du da? Bist du dir sicher?« Ich höre, wie meine Mum mir rät, es dabei zu belassen.
    »Na, hör mal, ich weiß doch, was ich gesehen habe. Ein kleiner Stuhl zum Wippen, rosa, mit gelben Sternen und einer Schnur, an der kleine Rasseln hingen. Wie für ein ganz kleines Baby.«
    »Eine rosa Babywippe?« Die Geister werden lauter und möchten, dass ich schweige, ehe ich Dinge erfahre, die mir bloß wehtun werden.
    »Eigentlich komisch.« Janie kratzt sich am Kopf. »Die Kleine auf dem Foto in ihrem Büro ist doch viel zu alt für so ein Stühlchen.«
    »In welchem Büro?«
    »Na, dem von deiner Bewährungshelferin. Die Tochter von ihr ist doch kein Baby mehr.«
    »Nein.« Mir wird schwindelig.
    »Meinst du, Cate Austin hat noch ein Kind?«
    »Janie«, sage ich so gefasst wie möglich. »Das war nicht das Haus von Cate Austin.«
    Sie runzelt die Stirn. »Von wem denn dann?«
    »Von einer Freundin von mir. Sie muss wieder ein Baby bekommen haben.« Ich massiere mir die Schläfen und atme tief durch. »Das hast du wirklich gut gemacht,

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