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Die Legende

Die Legende

Titel: Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marthens
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sagte nichts, als er sich umdrehte und durch die Hintertür in den Keller verschwand. Ich hingegen ging in sein Büro und schaltete den Computer ein. Es galt, ein paar Unterlagen zu fälschen.
    Als mein Handy klingelte, war ich fast fertig mit dem Lebenslauf. Mein Vater meldete sich.
    »Er ist bereit, mitzumachen«, sagte er ohne Umschweife. Ich fragte mich, ob er meiner Mutter genauso schnörkellos den Heiratsantrag gemacht oder ob er da etwas mehr gesagt hatte. Vielleicht konnte ich ihn bei Gelegenheit mal dazu befragen.
    »Gut. Wir wollen morgen starten.«
    »Ich weiß. Ich sage es ihm.«
    Ich wollte auflegen, doch er hielt mich zurück. »Moona«, sagte er plötzlich. »Pass auf den Hund auf.«
    »Welchen Hund?«
    »Du wirst ihn sehen, wenn es soweit ist. Bis dann!«
    Er hatte mich gefragt, ob ich mich niemals gefragt hätte, woher ich diese Gabe hatte. In der Aufregung hatte ich gar nicht weiter darüber nachgedacht. Auch woher er davon wusste. Ein absurder Gedanke schoss durch meinen Kopf. War er etwa … Konnte er etwa das gleiche wie ich? Ich schob den Gedanken beiseite. Das war verrückt. Ich hatte die Gabe durch Roberts Blut nach dem Unfall erhalten. Allerdings hatte der bezweifelt, dass es davon gekommen sein könnte. Mir wurde schwindelig. Plötzlich ergab alles einen Sinn. Er wusste von mir, weil ihm klar war, dass ich es geerbt haben musste. Und Isabelle war nicht zufällig eine Geisel geworden, weil sie Pedros Freundin, sondern weil sie meine Schwester war. Aber warum hatte sich diese Gabe nicht schon früher bei mir gezeigt? Wieso kam sie mit Robert? Es gab noch viele offene Fragen, die mir mein Vater hoffentlich beantworten konnte. Jetzt musste ich erst einmal die Bewerbung fertigstellen. Außerdem wollte ich zeitig nach Hause, denn morgen früh ging es los.
     
    In der Nacht träumte ich wieder. Von Robert. Ich sah, wie er gequält und gefoltert wurde, wie sein magerer Körper völlig entkräftet auf dem Boden eines nackten Raumes lag. Ein Mann in einem blauen Kittel und einer schicken Brille winkte einen jungen Burschen heran. »Er nützt uns nichts mehr. Bringt ihn zu den anderen, wirf inzwischen die Anlage an.« Der Junge nickte und verschwand. Zwei Männer in den Uniformen der AVEKs ergriffen Robert und zerrten ihn an den Armen aus dem Raum, einen Gang entlang, bis sie zum Ende an ein Treppenhaus kamen. Sie schleiften ihn die Treppen hinunter zu einem Keller. Das Gewölbe war hoch und kahl, Neonröhren strahlten kalt herab. Robert murmelte etwas, aber die Männer zerrten ihn unbeeindruckt weiter bis vor eine Tür. Jemand öffnete sie von innen, so dass die Männer mit ihrer Last eintreten konnten. Als sie mit dem jungen Burschen wieder herauskamen, war Robert nicht dabei. Sie gingen zur Seite und betätigten einen unscheinbaren Schalter neben der Tür. Auf einmal hörte ich ein Zischen und Brodeln, und durch eine Glasscheibe in der Tür konnte ich sehen, wie Flammen in dem Raum aufzüngelten. Schreie hallten durch die Tür hindurch. Ob Roberts dabei waren, konnte ich nicht hören, dafür waren es viel zu viele. Schreckensbleich wachte ich auf.
    Noch vor Sonnenaufgang starteten wir unsere Aktion. Leif blieb in einem sicheren Versteck, während Philipp von Bismarck und ich den gefesselten Roman – so hieß der Vampir des Fürsten – nach Gallburg ins Vampircenter brachten.
    Wenn wir glaubten, wir würden offene Türen einrennen, so hatten wir uns getäuscht. Der Empfang war gelangweilt bis genervt, als wir ihnen Roman präsentierten. Eine Sachbearbeiterin, die offensichtlich keinen Spaß an ihrem Job hatte, holte unwillig ein Formular hervor, das wir ausfüllen mussten. Ich schwärmte ihr dabei in den höchsten Tönen vor, wie gern ich doch bei der Säuberung des Landes mithelfen würde und ob ich mich nicht als Krankenschwester in einem der Lager bewerben könne. Sie verwies mich an einen anderen Sachbearbeiter, der wiederum meine Personalien aufnahm und eine Kopie meiner Bewerbungsunterlagen machte, mir jedoch erzählte, dass er dafür nicht zuständig sei, Personal würden die Lager selbst auswählen. Das hatte ich gewusst, aber ich wollte, dass er mir ein Schreiben aufsetzte, damit ich bei der Bewerbung im Lager glaubwürdiger wirkte. Das war Leifs Idee gewesen, der in solchen Dingen offensichtlich Erfahrung besaß.
    Der Sachbearbeiter setzte das Schreiben auch wirklich brav auf, während ich naiv nachfragte, was mit unserem Fang angestellt würde. Er erklärte, Roman würde überprüft und

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