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Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)

Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)

Titel: Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Thiele
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vielleicht. Je näher sie mit einer Geschichte an der Wahrheit bleiben kann, desto besser. Bringt mir also keine einfache Dirne von der Straße! Und nehmt eines von Nomos Kleidern mit. Das Kleid sollte ihr zumindest halbwegs passen“, wies Houst den Mann an.
    Der Mann nickte kurz und verschwand dann aus dem Raum. Nicht einmal seine Stimme blieb Houst im Gedächtnis.
    ***
    „Ich werde ihn niemals heiraten! Er ist selbstverliebt, kaltherzig und arrogant. Hast du nicht gesehen, was er Lasikosa angetan hat? Nur ein Monster tut so etwas. Kos ist ein Kind“, sagte Nomo laut.
    Ein Zimmermädchen, das gerade die Möbel abstaubte, zog erschrocken den Kopf ein. Für einen kurzen Moment ließ es die Arbeit ruhen und starrte mit halb geöffnetem Mund zu Nomo hinüber. Kurz darauf besann sich das Zimmermädchen, wandte sich ruckartig ihrem Staubtuch zu und wischte dann besonders schnell und gründlich weiter.
    „Die Verlobung steht nicht zur Debatte, Kind. Ein Mann – zudem ein Beseelter – muss sich durchzusetzen wissen. Das mag dir kalt und hartherzig erscheinen, aber in unserer Welt ist es bisweilen notwendig. Es hat ihm bestimmt keinen Spaß gemacht, dem Jungen weh zu tun. Aber der Junge ist nun einmal in deine Entführung involviert. Du bist in der Einöde beinahe verdurstet, gerade du solltest diesen Lasikosa nicht bemitleiden. Kirai möchte lediglich die Schuldigen dafür finden. Er tut es für dich, er ist ein guter Mann“, antwortete Lebell.
     „Für mich? Er bemerkt mich doch nicht einmal. Alles was Kirai interessiert, ist sein eigener Ruhm. Deshalb behauptet er, Onkel Houst hätte mich entführt. Nach Papa ist Onkel Houst der mächtigste Mann im Königreich“, sagte Nomo.
    Das Zimmermädchen nickte zustimmend, während es die Kommode polierte.
    „Und genau deshalb ist Kirai der richtige Mann für dich. Es braucht schon eine Menge Mut, gegen so einen mächtigen Mann vorzugehen, findest du nicht? Es braucht Leute wie Kirai, damit das Gesetz vor den Mächtigen nicht halt macht“, entgegnete Lebell.
    „Aber Onkel Houst hat mich nicht entführt, das war ein Mann namens Esrin. Ein Krüppel mit Sonnenkrankheit. Warum zerrt Kirai den nicht vor das Tribunal?“, erwiderte Nomo.
    „Sei nicht naiv, Kind. Dieser Esrin ist nur ein Handlanger. Was hätte er denn davon, dich zu entführen? Er hat ja nicht einmal bei deinem Vater oder bei mir Lösegeld verlangt. Ohnehin endete bisher jeder in der Grube, der versuchte, aus einer Entführung Profit zu schlagen. Du solltest deinen Onkel endlich von dem Sockel heben, auf den du ihn gestellt hast. Er versteht es glänzend, Menschen für sich einzunehmen. Aber er manipuliert sie nur, seine Gefühle sind gespielt. Er ist verlogen und feige“, sagte Lebell.
    „Woher willst du das wissen, du sprichst ja nicht einmal mit ihm. Außerdem, Papa glaubt auch, dass Onkel Houst unschuldig ist“, beharrte Nomo.
    „Dein Vater verdankt Houst seinen Thron und noch vieles mehr. Dafür würde er wohl auch seine Tochter opfern“, bemerkte Lebell bitter.
    „Das ist nicht wahr!“, protestierte Nomo und stürmte aus dem Zimmer.
    Lebell atmete tief durch und blickte auf die offene Tür, durch die ihre Tochter eben verschwunden war. Ihre Augen glänzten feucht.
    „Ach Kind, was soll ich nur mit dir machen“, sagte sie zu sich selbst.
    Hinter ihr wischte das Zimmermädchen zum dritten Mal den Schrank ab.
    ***
    Unter dem Vorwand fürchterlicher Kopfschmerzen hatte sich Nomo in ihr Zimmer zurückgezogen. Es war der einzige Ort – neben der Toilette – an dem sie zumindest noch zeitweise allein sein durfte. Seit ihrer Rückkehr war sie permanent von Leibwächtern umgeben. Auch jetzt standen zwei von ihnen vor der Tür. Dies hatte ihr die Vorbereitungen für den heutigen Ausflug nicht gerade erleichtert. Nomo kramte ein Paket aus dem Schrank hervor. Darin befanden sich die Hose eines Dieners, eine einfache Bluse und ein unauffälliger grauer Mantel mit Kapuze. Nomo lächelte stolz. Ihre Mutter mochte noch so viele Wachen abstellen, sie ließ sich nicht einsperren. Nomo zog die Kleider an und drehte sich kurz vor dem Spiegel. Selbst ihre Mutter würde sie so nicht mehr erkennen, wenn sie nicht direkt vor ihr stand. Dann löste Nomo sämtliche Kordeln, mit denen die schweren Vorhänge an den Fenstern zusammengebunden waren und verknotete sie miteinander. Schließlich band sie ein Ende am Geländer eines kleinen Balkons fest. Mit etwas Glück, müsste das improvisierte Seil fast bis zum Boden

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