Die Legende der Alten: Teil 2: Wiederkehr (German Edition)
sprechen“
Nomo kämpfte gegen das Blut an, das ihr ins Gesicht schoss.
„Entschuldigung“, stammelte sie, während sie einen Knicks vollführte, „Ich hatte nicht mit Besuch gerechnet. Ich werde später wiederkommen“
„Bleibt ruhig. Die Königin horcht mich ohnehin gerade über Eure Fortschritte aus. Ihr könnt diese Fragen viel besser beantworten als ich. Mittlerweile macht Ihr euch ja einen Sport daraus, auch mich im Unklaren zu lassen“, sagte Hem.
„Wer soll Euch das glauben, Hem? Sie ist Eure Schülerin, Ihr habt ein sehr genaues Auge auf sie. So wie Ihr ein genaues Auge auf alles habt. Das liegt in Eurer Natur. Aber bitte, ich bin natürlich sehr gespannt, was die Prinzessin zu erzählen hat. Gibt es Intrigen, die das Königreich in seinen Festen erschüttern?“, fragte Isi.
Nomo blickte etwas unschlüssig zu Hem hinüber. Dieser schwieg beharrlich, zuckte nicht einmal mit dem Augenlid. Offensichtlich wollte er Nomo die Situation nicht erleichtern. Anscheinend wieder einer seiner Tests. Es würde Nomo nicht einmal wundern, wenn er Königin Isi extra dazu eingeladen hätte.
„Ich glaube nicht, dass es viele Neuigkeiten gibt, von denen Ihr noch nicht erfahren habt, Königin Isi. Während die einflussreichen Beseelten im Wettstreit um das Amt des Großwesirs stehen, wetten die weniger Einflussreichen auf ihren Favoriten“, sagte Nomo.
„Und wer ist Eurer Favorit? Euer Verlobter ist es wohl nicht. Wie ich hörte, wehrt Ihr Euch mit Händen und Füßen gegen diese Hochzeit. Dabei kann er so eine charmante Gesellschaft sein, und obendrein ein ausgesprochen guter Liebhaber, hört man zumindest“, entgegnete Isi.
„Sein Charme ist mir bisher entgangen und als Liebhaber möchte ich ihn gar nicht kennenlernen. Ihr braucht Euch nicht verstellen, ich weiß, dass er mit Euch das Bett teilt“, sagte Nomo schnippisch.
Königin Isi lachte kurz auf.
„Hört, hört. Seid Ihr etwa eifersüchtig? Dabei liegt es doch nur an Euch selbst. Weder Kirai noch irgendein anderer Beseelter könnte Euren Reizen auf Dauer widerstehen. Damit würdet Ihr Euch einige der Schwielen ersparen, die Ihr Euch beim Schrubben der Küche holt. Ihr bekämet die Informationen aus erster Hand und gewännet willige Diener. Kind, der Körper einer Frau ist eine Waffe, die schärfste die sie hat. Sie kann den dümmsten Trottel zu einem Helden machen und den größten Helden zu einem winselnden Knaben. Etwas, das Euch unser alter Hagestolz Hem hier niemals lehren kann. Vielleicht sollte ich Euch ein paar Lehrstunden erteilen“, sagte Isi.
„Jeder bevorzugt seine Methoden, und die Prinzessin scheint Ihre bereits gefunden zu haben“, widersprach Hem.
„Oh sicher, aber ob sie auch so viel Spaß bereiten“, warf Isi ein.
„Euer Vorgehen birgt ein hohes Risiko, eines Tages werdet Ihr dabei vielleicht Eurer Leben oder den klaren Verstand verlieren. Dazu braucht es nur den richtigen Kontrahenten. Wer weiß, er wälzt sich womöglich schon in Euren Kissen“, entgegnete Hem.
„Spielt Ihr auf Kirai an?“, wollte die Königin wissen, „So viel Format hat er nun doch wieder nicht. Aber jetzt entschuldigt mich“
Nomo zeigte sich über den plötzlichen Abgang der Königin überrascht. Die Wendung des Gesprächs schien Isi tatsächlich unangenehm. Diese Liaison mit Kirai bedeutete ihr vielleicht mehr, als sie zugab. Nomo würde dies im Hinterkopf behalten.
***
Mittlerweile bezog Kex die große Straße zum Palastbezirk in seine regelmäßigen Streifzüge durch die Stadt mit ein. So wunderte es wenig, dass er erneut mit Jarol zusammentraf. Kex sah ihn bereits von weitem, als er durch das große Tor trat und in Richtung Stadt marschierte. Gespannt darauf, wohin ihn sein Weg diesmal führen sollte, folgte ihm Kex. So wie bei ihrer letzten Begegnung wandelte Jarol sicheren Schrittes die Straßen entlang, ohne sich ein einziges Mal umzusehen. Entweder war er sich seiner Sache enorm sicher, oder nur einfach unglaublich naiv. Bald schon fand sich Kex in den engen Gassen der ärmeren Viertel der Stadt wieder. Jarol verschwand in einer dreckigen Kaschemme, um die selbst die meisten Bettler einen Bogen machten. Sie besaß nicht einmal ein Fenster, durch das Kex Jarol hätte beobachten können. Mit einem leicht flauen Gefühl im Magen trat Kex in den Schankraum. Die fehlenden Fenster machten sich im Inneren als ein Mangel an Licht bemerkbar, nur hier und da stand eine funzlige Laterne auf dem Tisch. An einem dieser Tische saß ein Mann, in
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