Die Legende der Dunkelheit: Thriller
verschickt.
»Es tut mir leid, meine Herren, aber Sie müssen mitkommen«, sagte der größere der beiden Männer in perfektem akzentfreiem Englisch.
»Was wirft man uns vor?«, fragte Jon, als wäre alles in bester Ordnung.
Der zweite Mann nahm Jon den Aktenkoffer ab, öffnete ihn und zog die Metallkassette heraus. Er legte sie auf den Tisch und untersuchte sie eingehend, indem er sie hin und her drehte. »Ich werde Ihnen sagen, was man Ihnen vorwirft, wenn Sie mir sagen, was in dieser Kassette ist.«
Doch Michael, Busch und Jon schwiegen.
»Wir können sie gleich hier öffnen, oder wir können es unten tun«, erklärte der zweite Mann und fuhr sich dabei mit der Hand durch das grau melierte Haar. »Wie es Ihnen lieber ist. Es hat einen Grund, dass es im Venetian noch nie einen Raubüberfall gegeben hat.«
»Nein, wir werden sie gleich hier öffnen, an Ort und Stelle«, erklärte der große Mann und griff hinüber, entriegelte den Verschluss der Metallkassette und hob den Deckel. Im nächsten Moment atmete der Mann unnatürlich tief ein, doch sein Gesicht war wie eine Maske, unergründlich.
Die anderen Wachen standen in stummer Erwartung da.
Schließlich schaute der Mann auf und blickte seinen Kollegen an, brachte aber kein Wort heraus.
Michael und Busch warfen einander einen verwirrten Blick zu.
Langsam griff der große Mann in die Kassette, nach dem, was sie enthielt, und zog es behutsam heraus – wie ein neugeborenes Kind oder wie ein unbezahlbares Artefakt. Als er es ganz herausgezogen hatte, verfiel der ganze Raum in eine Art Schockzustand. Manche zeigten gar keine Regung, während andere den Blick abwandten, manche vor Entsetzen, andere aus Respekt.
Er hielt es an den langen kastanienbraunen Haaren, das bleiche Gesicht, in dem kein Leben mehr war.
Busch war zutiefst entsetzt, denn er hatte die Frau erst wenige Stunden zuvor im McSorley’s gesehen, mit strahlendem Gesicht und mit einem Lächeln auf den Lippen in Vorfreude auf Liebe.
»Oh Gott«, entfuhr es Busch, als er in die toten, leeren Augen blickte. Ihr rotes Haar saß perfekt, als sei es gerade erst frisch frisiert worden, doch ihr Gesicht sah gespenstisch aus, denn ihr Make-up bildete einen scharfen, Furcht erregenden Kontrast zu ihrer bleichen blutleeren Haut.
Mit einem Schlag war es totenstill im Raum, niemand sprach ein Wort, alle starrten auf das grauenvolle Bild, das sich ihnen bot.
Denn sie blickten in die toten Augen von Pamela Weiss.
Kapitel 41
In der verbotenen Stadt
K C lief durch den Felsentunnel und leuchtete mit ihrer Taschenlampe abwechselnd auf die Karte und auf den Weg vor ihr. Jenna hatte die Himmelsrichtungen zwar auf der Karte eingezeichnet, doch es war für KC schlichtweg unmöglich festzustellen, wo Norden war. Sie wusste, dass sie sich bei jedem Schritt konzentrieren musste, denn wenn sie sich auch nur um neunzig Grad drehte, war sie verloren.
»Hörst du mich?« Annies Stimme erschreckte KC. Sie hallte von den Wänden wider, als käme sie aus allen Richtungen. Und der Zorn, der in dieser Stimme mitschwang, wurde noch verstärkt, nicht nur von den Felsen, sondern auch von der Dunkelheit, die jenseits des Lichtstrahls der Taschenlampe lauerte.
»Hörst du mich, KC? Ich weiß, dass du mich hören kannst.«
KC blieb wie angewurzelt stehen und schaltete ihre Taschenlampe aus. Sie hockte sich auf den Boden und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand, versuchte, sich in der Finsternis zu verstecken. Sie steckte die Lampe in ihre Tasche, zog die Knie an die Brust und horchte.
»Du brauchst mir nicht zu antworten«, brüllte Annie, »hör mir einfach nur zu. Mit jedem Schritt, den du dich von mir entfernst, kommst du dem Tod einen Schritt näher.«
KC hielt den Atem an, denn sie hatte keine Ahnung, wo Annie war, und konnte nur hoffen, dass der Mantel der Dunkelheit sie schützte.
»Ich weiß von deinen Kopfschmerzen«, sprach Annie weiter. »Ich weiß, warum du ständig Nasenbluten hast.«
Dann herrschte Stille, dreißig Sekunden lang, eine halbe Minute, die sich anfühlte wie eine kleine Ewigkeit.
»Das ist erst der Anfang. Die Infektion wird schon bald schmerzhafter werden und dir viel mehr zu schaffen machen.«
KC holte tief Luft, doch sie konnte keinen klaren Gedanken fassen vor Angst und vor Verwirrung.
»Du stirbst, KC. Und es gibt für dich nur einen einzigen Weg, dich und alle anderen zu retten: Du musst mir diese Schatulle geben.«
Kapitel 42
Im Venetian
L ian beendete sein Telefonat, ließ sein
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