Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Titel: Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Charan Newton
Vom Netzwerk:
entnahm er einer Schlagader des Opfers etwas Blut und spritzte es summend auf das Pulver. »Damit habt Ihr völlig recht, Ermittler Jeryd, völlig recht. Doch ich kann mich nicht entsinnen, in meinen Jahren als Arzt je eine solche Wunde gesehen zu haben.«
    Jeryd wartete darauf, dass Machaon mit der Leichenschau fortfuhr, und kurz darauf schien der Arzt die Anwesenheit des Ermittlers wieder vergessen zu haben.
    »Doktor, wisst Ihr, wie dieser Mensch zu Tode gekommen ist?«, bedrängte er ihn erneut.
    Na los, sag schon!
    Durch eine Spinne.
    »Nun … angesichts der Verletzungen des Rumpfs und des breiten Bisses, der alle Organe entblößt hat … und wenn man bedenkt, dass Nager und Trilobiten der Leiche über Nacht zugesetzt haben … handelt es sich hier nicht um die Tat eines Menschen oder Rumel. Diese Verletzungen wurden dem Toten nicht mit einem Schwert oder einer Axt beigebracht.«
    »Erzählt mir bitte nicht, hier habe ein Ungeheuer zugeschlagen«, erwiderte Jeryd sarkastisch.
    »Das halte ich tatsächlich für das Wahrscheinlichste!«, rief Machaon aus.
    Mist! , dachte Jeryd. In letzter Zeit schien er auf Mörderjagd vom Pech verfolgt. »Ist Euch etwas aufgefallen, das mir womöglich weiterhilft? Könnt Ihr den Täter beschreiben?«
    Machaon schlenderte um die Leiche herum und beugte sich mal hier, mal da über den Toten, um ihn sich genauer anzusehen, doch was er beobachtete, kam nur als gemurmelte Beschwörung über seine Lippen. Jeryd wurde ungeduldig.
    »Ein Tier hat den Tod verursacht – das ist gewiss. Die Verletzungen stammen nicht von Zähnen, jedenfalls glaube ich das nicht, da der Körper nicht zerfleischt wurde. Die Wunde verläuft von oben nach unten, was auf den senkrechten Streich eines Tiers deutet, das vermutlich viel größer ist als ein erwachsener Mensch oder Rumel.« Er wies auf die gewaltig klaffende Wunde oberhalb des Brustkorbs und auf die eingedrückten Rippen darunter. »Und doch ist sie viel zu ausgefranst für eine Klinge, aber da kann man sich nie sicher sein. Die Verletzung deutet nicht auf ein Relikt der Kultisten, obwohl manche dieser Geräte ungemein komplex sind und sich das daher schwer ausschließen lässt. Insgesamt möchte ich wetten, dass die Wunden von einem uns unbekannten Geschöpf geschlagen wurden. Eine neue Gattung soll ja unsere Nachbarinseln angegriffen haben. Glaubt Ihr, dass der Tote in diesen Zusammenhang gehört, Herr Ermittler?«
    Jeryd hatte den Kommandeur überlegen hören, ob Okun als Täter infrage kamen, doch die waren kaum größer als Erwachsene. Und zwei Zeugen hatten etwas anderes ausgesagt.
    Eine Spinne?
    Jeryd wusste es. Er wollte es nicht glauben, wusste es aber. Er war absolut nicht erfreut über die Chaussee, der er nun würde folgen müssen. Schon bei dem Gedanken daran stieg eine Welle der Furcht in ihm auf, und sein Herz begann zu rasen. Wie konnte es sein, dass er nun gezwungen war, ausgerechnet die Tierart jagen zu müssen, die ihn mehr als jede andere ängstigte?
    »Herr Ermittler … alles in Ordnung?«, unterbrach Machaon seine Gedanken. »Ihr wirkt ein wenig wackelig.«
    »Mir geht’s gut«, knurrte Jeryd. »Ich bin nur heute wieder sehr früh aufgestanden – das ist alles.«

KAPITEL 30
    Z u Volands Bestürzung war eines der Mischwesen in seiner Abwesenheit gestorben. Er kauerte über dem katzenartigen Geschöpf mit seinem dicken, spiralförmigen Rückenpanzer und besah es sich sorgfältig im Licht der Laterne. Es hätte nur watscheln können, da es dem Gewicht seines Außenskeletts nicht gewachsen war. Zwei kleine braune Pfoten, die freilich schon zu Lebzeiten wirkungslos gewesen waren, lagen nun reglos da. Voland stieß das Wesen mit dem Bleistift an. Es gab keinen Hinweis auf eine Wunde, und kein Blut trat aus. Vermutlich war es an Herzversagen gestorben – zu leben war für dieses Geschöpf anscheinend eine zu große Belastung gewesen. Mischwesen gelangen nicht immer und lebten oft nicht lange.
    Seufzend richtete Voland den Oberkörper auf und nahm sich vor, das Geschöpf bald zu begraben. Er bedeckte es mit einem Tuch, nahm die Laterne und erhob sich.
    Ins Obergeschoss, alter Junge.
    Sein Sessel war ein altes, ramponiertes Ungetüm aus Leder, auf dem man ruhig etwas verschütten konnte, da es nur der Entspannung diente. Und entspannen wollte er jetzt. Er hatte einen harten Arbeitstag hinter sich und sehnte sich nach Ruhe.
    Fackeln spendeten seiner improvisierten Studierstube ein warmes Licht. Da und dort standen Bücher, auf

Weitere Kostenlose Bücher