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Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Titel: Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Charan Newton
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Daseinsstufe hat sinken lassen. Ein Mensch – Bruder Merkur – leitete unsere Schöpfung, und auch unsere Befreiung verdanken wir ihm. Er ist nun ein Gott für uns. So wurden die alten Kreaturen, meine Vorfahren also, zur Perfektion gebracht, ehe sie eure Welt übernahmen. Und dann waren sie gezwungen, sie zu verlassen.«
    »Einfach so?«
    »Es gab … Komplikationen. Die Technologie war sehr bedrohlich geworden, heißt es, und viele von euch begehrten auf gegen Bruder Merkur und seine Schöpfungen. Angesichts des Blutvergießens war es nur vernünftig, in eine andere Dimension zu wechseln, und wir sind von dort abgereist, wo heute Villjamur liegt. Nun bin ich wieder da, um mit der mächtigsten Führungsfigur dieser Inseln zu verhandeln, und dass du nicht mehr Regentin dieses Reichs bist, Jamur Rika, bringt mich in eine missliche Lage. Du bist es, die zu finden jene, die über mir stehen, mir aufgetragen haben. Durch deine Erlaubnis können Landschaften verändert werden. Nur mit dir durften wir ein Bündnis schließen, um unsere Welt geordnet und friedlich zu verlassen.«
    »Friedlich?«, fuhr Randur sie an. »Vorhin habt Ihr keinen besonders friedliebenden Eindruck gemacht.«
    »Jene, die über mir stehen, halten mich für gewalttätig«, räumte Artemisia ein. »Warum würden sie mich auch sonst so oft auf Reisen schicken, die mich von meiner Heimat fernhalten?«
    »Verhandelt doch einfach mit Urtica!«, höhnte Randur. »Er ist nun an der Macht, also solltet Ihr mit ihm sprechen.«
    »Er soll an einer gewissen … Haltlosigkeit leiden. Jedenfalls werden wir uns nicht mit ihm auseinandersetzen. Er würde unsere Sitten und Gebräuche nicht verstehen, und das erschwert unsere Aufgabe erheblich. Außerdem hat er kein friedliebendes Naturell. Wie gesagt: Die Wiederansiedlung muss harmonisch erfolgen. Zudem hatte ich Anweisung, dich zu finden, Jamur Rika.«
    »Könntet Ihr nicht einen anderen Zeitpunkt ansteuern, um euch hier wieder anzusiedeln?«
    »Ihr fragt, als wäre Raum für Diskussionen. Es gibt zwar einige Zeitpfade, doch dieser ist der des geringsten Widerstands, weil ihr noch so rückständig seid und das Land noch recht gastlich ist. Bedenkt, dass wir nicht kommen, um zu kämpfen.« Sie wandte sich an die beiden Frauen. »Jamur Rika, das spüre ich, ist pazifistischer gesonnen als andere Führer. Nur wenn es ganzheitlich geschieht, kann unsere Kultur sich erfolgreich in eure einfügen. Sonst bricht auch eure Welt zusammen.«
    »Könnt Ihr diese endlose Gewalt in beiden Welten nicht einfach beenden?«, unterbrach Rika sie.
    Da begriff Randur, dass sie bereit war, alles zu glauben, was diese Tötungsmaschine ihnen sagte.
    »Auf diesen Inseln«, fuhr Rika fort, »und überall in meinem Reich ist der Friede stets dem Krieg vorzuziehen – so werden auch eure Leben nicht verschwendet.«
    Artemisia lachte bitter und schüttelte nur den Kopf. Randur stellte sich vor, in ihren seltsam glühenden Augen ferne Jahrtausende gespiegelt zu sehen. Diese Frau war ihres Daseins herzlich müde. »Ihr sagt Friede , als handle es sich um ein Trankopfer.«
    Rika blickte ihr einen Moment lang tief in die Augen.
    Artemisia ließ sie eine Zeit lang allein, und die drei saßen in nachdenklichem Schweigen da. Der Abend dämmerte, und die beiden Monde zogen gemeinsam über den Himmel und streiften die blutroten Wolken.
    »Womöglich sind das alles Lügen«, mutmaßte Randur schließlich. All das unvermutet und fast gewaltsam enthüllte Wissen irritierte ihn.
    Zunächst antwortete niemand.
    Dann meinte Eir: »Aber das ist unwahrscheinlich, oder? Sieh dich doch um! Und starr mich nicht so an! Immer wenn du etwas nicht verstehst, wirst du zornig. Dabei ist es völlig in Ordnung, das nicht zu begreifen.«
    Um sich zu beruhigen, sah Randur zu, wie die Hanuman als bloße Umrisse durch die Luft gaukelten. Endlich kehrte Artemisia zurück und musterte mit einer Art Fernrohr kurz den Horizont.
    »Von hier sehen die beiden Monde ganz herrlich aus«, sagte Rika.
    »Haltet ihr denn beide für Monde?«, fragte Artemisia erstaunt und steckte ihr Gerät ein. »Das ist wirklich spaßig.«
    Bitte nicht noch mehr von diesem Mist! Randur hatte das Gefühl, mit unerbetenen Kenntnissen überschwemmt zu werden. Diese Gespräche hatten seine gesamte Vorstellung von der Welt erschüttert. Fast wäre ihm lieber gewesen, die Wahrheit nicht zu erfahren und in seliger Unschuld oder Unwissenheit zu verharren.
    Den Rest des Abends redeten sie nichts Besonderes

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