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Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Titel: Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Charan Newton
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ging das erstaunlich leicht, und rasch legte die Spinne sie neben ihren Mann.
    Dann betrachtete sie die Kinder; ein Junge und ein Mädchen.
    Als sie vorsichtig die Bettdecke wegzog, um die zwei kleinen Körper zu mustern, lagen die beiden friedlich umarmt da. Sie waren nicht älter als fünf, sechs Jahre, und ihr Fleisch war zart, doch ohne viel Fett oder Muskeln. Voland hatte stets behauptet, Kinder seien wertlos, da an ihnen kaum etwas dran sei.
    Die Spinne schob sich rückwärts vom Bett und setzte dabei je zwei Beine mehr auf den Fußboden. Dann band sie die Eltern mit einem Seidenfaden zusammen und zog die in einen Kokon gesponnenen Menschen die Treppe hinab und durch die offene Tür in die bitterkalte Nacht.
    Als Jeryd über die Ereignisse des Vorabends nachsann und dabei in ein Krabbenbrötchen biss, das er eben bei einem Straßenhändler gekauft hatte, fiel ihm etwas ins Auge.
    Auf einem Pferdekarren standen zwei Kisten und schwankten gefährlich. Jeryd sah fasziniert zu, wie sie schließlich auf die Straße kippten. Vom Lärm aufgeschreckt, ging das Pferd durch und raste über die breiten Straßen von Allmende. Niemand bemühte sich, es einzufangen, und so verschwand es nach Norden in den Seenebel, der über Nacht vom Meer herangezogen war. Jeryd drückte sich den Hut fester auf den Kopf und ging auf die beiden Männer zu, die eifrig den verschütteten Inhalt ihrer Kisten einsammelten.
    »Was habt ihr da drin?«, fragte er die zwei.
    Die Männer funkelten ihn misstrauisch an und stellten sich vor die Kisten, um ihm die Sicht zu versperren. Sie waren rothaarig, der Linke am Hals tätowiert. »Was geht dich das an?«, fragte der eine, und der andere verschränkte kampfeslustig die Arme.
    »Ach, ich bin nur ein neugieriger Ermittler.« Jeryd zog seine Plakette hervor. »Ihr wisst ja, dass die Inquisition mitunter gern einige Fakten zusammenträgt.« Dieser Ermittler jedenfalls . Die beiden tauschten einen Blick, und angesichts des Ordnungshüters bekamen ihre Mienen etwas Unsicheres. Für kurze Zeit schwiegen die zwei.
    »Wie viel?«, fragte einer der beiden schließlich.
    »Wofür?«, stieß Jeryd ächzend hervor.
    »Dafür, dass Ihr Euch verzieht. Ihr kennt die Regeln doch – und wir auch.«
    Dieser Bestechungsversuch steigerte nur Jeryds Entschlossenheit, herauszufinden, was in den Kisten war. »Leider bin ich nicht wie die anderen. Ich will bloß eine Antwort. Was ist da drin?«
    Die jungen Männer berieten sich flüsternd. »Fleisch«, erwiderte der mit den Tätowierungen. »Wir bringen es vom Schlachthaus auf die Basare. Befehl vom Boss.« Dann ergänzte er: »Und unser Boss ist Malum, der Anführer der Bloods. Der kann es nicht leiden, wenn seine Männer von der Inquisition belästigt werden. Versteht Ihr, was ich meine?«
    Jeryd wusste, was sie meinten. Malum war der einflussreichste Mann der Unterwelt und dem Vernehmen nach gewalttätig und zu keinerlei Mitgefühl fähig. Seit seiner Ankunft in Villiren hatte Jeryd viel zu viel über diesen Mann gehört, dessen Name jeden zweiten Tag in seiner Behörde geflüstert wurde, und zwar ehrfürchtig, ja ängstlich. Dieser Mensch war so fest in seinen Mythos gehüllt, dass Jeryd sich fragte, wie er überhaup t noch atmen konnte .
    Er sah erst die Männer, dann die auf dem Pflaster verschütteten Innereien finster an und fasste schließlich wieder die beiden Straßenkämpfergesichter ins Auge. »Ihr braucht mir nichts zu bezahlen, damit ich gehe«, erklärte er. »Wie gesagt: Ich bin anders als die anderen – falls ihr versteht, was ich meine.«
    Um in sein Büro zu gelangen, musste Jeryd an den Zellen der Inquisition vorbei. Zwar wurden Verbrechen nur selten fachgerecht untersucht, doch andererseits wurden nahezu täglich neue Gefangene hinter den Gittern der Behörde zusammengepfercht, und zwar alle möglichen Typen, von denen längst nicht alle so aussahen, als hätten sie etwas auf dem Kerbholz. Jeryd zog Erkundigungen ein.
    »Unter uns gesagt«, gestand ein kleiner, dürrer Gehilfe mit Blondschopf, »verhaften wir die, die Luttos Fortschritt im Weg stehen. Wenn er zum Beispiel will, dass eine Straße geräumt wird, damit die Armee hindurchmarschiert, und die Leute sind damit nicht einverstanden und protestieren, dann bezeichnet er das als Verbrechen, und plötzlich sind unsere Zellen voll. Er will alteingesessene Händler loswerden, um Platz für profitabler arbeitende Geschäftsleute zu bekommen, die zudem billigere Waren anbieten. Wenn die Politiker

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