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Die Legende Der Wächter 07: Der Verrat

Die Legende Der Wächter 07: Der Verrat

Titel: Die Legende Der Wächter 07: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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der angesehensten Familien von Silberschleier. In früheren Zeiten hat ihre Familie Könige und Königinnen hervorgebracht. Damals wäre meine Mutter eine Prinzessin gewesen. Mein Vater nannte sie manchmal so. Dann hat sie sich gefreut.“ Philipps Augen verschleierten sich.
    Nach einer kurzen Pause sprach er weiter. „Mein Vater war ganz anders. Er dachte praktisch. Auf die Jagd fliegen, eine Maus, eine Ratte oder ab und zu einen Fuchswelpen schlagen, seine Familie ernähren – darauf kam es ihm an. Als er damals den Fuchswelpen erbeutet hat, tat ihm das übrigens sehr leid. Mein Papa hatte nämlich Grundsätze.“
    „Grundsätze?“
    „Grundsätze sind sozusagen Vorschriften, die man sich selber macht. Man entscheidet, was für einen richtig und falsch ist.“
    „Ach so. Und was nützen einem diese Grundsätze?“
    „Nützen?“ Philipp war verdutzt. Wie sollte er seinem jungen Freund erklären, dass Grundsätze zwar nicht im üblichen Sinne „nützlich“, aber trotzdem wichtig waren? „Es geht nicht um Vorschriften, wie sie bei den Reinen herrschen. Dass man als Rußeule bestimmte Waffen nicht tragen darf, weil man keinem höheren Rang angehört und so weiter. Grundsätze sind zwar auch Regeln, aber sie sind dafür da, dass man eine anständige Eule wird.“ Darin bestand die Tragödie seines Vaters, dachte Philipp. Er war eine durch und durch anständige Eule gewesen, bis er sich den Reinen angeschlossen hatte.
    „Aha“, sagte Nyroc. „Aber erzähl doch wieder von dem Waldbrand. Du hast gesagt, du hast deinen Vater bei dem Brand verloren. Aber er ist doch am Leben geblieben, nicht wahr?“
    „Das Feuer brach tagsüber aus und überquerte sogar den Silberfluss. Unser Baum stand am Ufer. Der Rauch brannte uns in den Augen und wir bekamen kaum Luft. Wir mussten aus unserer Höhle fliehen.
    Plötzlich waren meine Mutter und meine Geschwister nicht mehr da. Ich habe Papa angefleht, dass wir sofort zurückfliegen und sie suchen sollten, aber er meinte, das hätte keinen Zweck. Wahrscheinlich hatte er Recht. Als das Feuer sich ausgetobt hatte, kehrten wir um, aber unser Baum war niedergebrannt und Mama und meine Geschwister waren verschwunden. Wir haben überall gesucht, aber wir haben sie nicht gefunden.
    Mein Vater bereute bitterlich, dass er nicht auf mich gehört hatte und gleich umgekehrt war. Er gab sich ganz seinem Kummer hin, flog nicht mal mehr auf die Jagd. Der schlimmste Fall von Gollimopp, den ich je erlebt habe. Ich musste hungern. Ich war jedoch noch klein und hatte noch nicht gelernt, wie man jagt.
    Noch schlimmer als Papas Gollimopp war sein Jähzorn. Immer wieder fiel er grundlos über mich her. Sein Verstand und sein Magen waren verwirrt, glaube ich.
    Bald kam der Winter, der in jenem Jahr sehr hart war. Es gab kaum Beute. Wir litten großen Hunger. Damals hat Papa den Fuchswelpen geschlagen. Er hatte mir immer eingeschärft, dass man keine Jungtiere töten soll, weil Jungtiere den Bestand der Beute sichern. Damals verstieß er gegen seinen eigenen Grundsatz, weil ihm keine andere Wahl blieb. Doch er veränderte sich auch noch in anderer Hinsicht. Ich hatte den Eindruck, dass ihm alles egal war. Zum Beispiel fluchte er in meiner Anwesenheit. Das hatte er früher nie getan.“
    Nyroc wunderte sich. Seine Mutter fluchte immer, wenn ihr danach war, ob Nyroc nun anwesend war oder nicht.
    „Eines Nachts tauchten Wortmore und Stürmer bei uns auf. Die Reinen werben gern neue Rekruten an, indem sie Gegenden aufsuchen, in denen Waldbrände gewütet haben. Nach einem Waldbrand sind die überlebenden Eulen völlig verstört. Sie haben ihre Baumhöhlen verloren und müssen hungern. Die Werber der Reinen locken sie mit der Aussicht auf weich gepolsterte Unterkünfte und reichlich Fleisch. Außerdem versprechen sie ihnen, dass sie am Aufbau eines neuen Eulen-Weltreichs beteiligt sind und Führungspositionen einnehmen können.“
    „Aber sie sprechen nur Schleiereulen an, stimmt’s?“
    „Das ist richtig. Stürmer und Wortmore erzählten meinem Vater, nur Schleiereulen seien würdig und rein genug, sich ihrer Gemeinschaft anzuschließen.“
    „Das sagt meine Mama auch immer. Sie sagt, wir Schleiereulen seien die Auserwählten des Großen Glaux.“
    „Was Stürmer und Wortmore meinem Vater leider verschwiegen, war, dass manche Schleiereulenarten ,reiner‘ sind als andere.
    Papa dachte, er könnte vielleicht eine Eliteeinheit anführen. Er war so zornig und verbittert über den Verlust seiner

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