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Die Legende Der Wächter 07: Der Verrat

Die Legende Der Wächter 07: Der Verrat

Titel: Die Legende Der Wächter 07: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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hungrig schlafen gehen. Mit der Beute zu spielen ist grausam und gemein. So etwas machen nur die Reinen.“
    Nyroc zuckte zusammen, aber er musste dem fremden Eulenweibchen Recht geben. Er hatte öfter beobachtet, wie die Offiziere seiner Mutter und auch Nyra selbst eine sterbende Ratte herumschubsten, bevor sie das Tier fraßen. Nyroc hatte so etwas nie Spaß gemacht. Er hatte aber auch nie darüber nachgedacht, ob ein solches Verhalten womöglich grausam war.
    „Erzähl weiter, Mama“, bettelte eins der Eulenkinder.
    Ja bitte! , dachte Nyroc. Bitte erzähl weiter!
    „Die Geschichte ist sehr lang, Kinder. Sie von Anfang bis Ende zu erzählen, dauert Tage. Und ihr müsst jetzt schlafen. Morgen findet Eddies Erste-Jagd-im Schnee -Feier statt. Da muss er ausgeruht sein.“
    „Genau! Denn im Schnee zu jagen ist ganz schön schwierig.“
    Was du nicht sagst , dachte Nyroc. Mir hat übrigens niemand gezeigt, wie man das macht. Wieder einmal fühlte sich Nyroc schrecklich einsam. Philipp fehlte ihm sehr. Nyroc träumte oft von seinem Freund. Es waren Albträume, in denen Nyra sich auf Philipp stürzte und Nyroc mit seinen gerupften Flügeln sich nicht rühren und seinen Freund nicht verteidigen konnte. So hatte es sich ja auch abgespielt. Gerade letzte Nacht hatte er wieder davon geträumt. Er war völlig erledigt aufgewacht, aber er konnte sich jetzt, wo es hell wurde, nicht ausruhen wie alle anderen Eulen, sondern musste etwas Fressbares erbeuten.
    Doch an diesem Morgen gähnte Nyroc herzhaft – und war sofort wieder eingeschlafen. Die ersten Sonnenstrahlen drangen durch die Risse und Löcher im morschen Holz seiner Höhle, aber Nyroc schlief und träumte. Diesmal handelte sein Traum nicht von Philipp.
    Nyroc träumte von einem fremden Eulenweibchen, einer jungen Fleckenkäuzin. Sie saß auf einem riesigen Baum. Das konnte nur der Große Ga’Hoole-Baum sein! Ein salziger Geruch lag in der Luft, denn der Große Ga’Hoole-Baum stand ja auf einer Insel. Die Fleckenkäuzin weinte. Vielleicht war sie auch einsam? Aber nicht so einsam wie Nyroc, denn über ihr flog wie eine Nebelgestalt eine andere Fleckenkäuzin, die schon älter war – ein Geisterschnabel. Otulissa, Otulissa! , rief die Geisterkäuzin leise. Die weinende Fleckenkäuzin hörte sie nicht. Die Ältere schien der Jüngeren etwas mitteilen zu wollen. Otulissa! , rief sie wieder, Otulissa!
    Komischer Name , dachte Nyroc. Da verschmolzen die beiden Käuzinnen zu einer einzigen Dunstwolke und auch der Baum verschwamm. Dann brach die Sonne durch den Nebel, das ganze Traumbild zersplitterte in funkelnde Tautropfen und verschwand.
    Nyroc öffnete blinzelnd die Augen. In seiner Höhle war es taghell. Als er den Kopf nach draußen streckte, stellte er fest, dass es schon Nachmittag war. Im Winter waren die Tage kurz und so stand die Sonne schon tief. Nyroc blieb höchstens noch eine Stunde für die Jagd. Danach erwachten die Nachttiere und machten sich auf Futtersuche.
    Was für ein merkwürdiger Traum! Ein Name war darin vorgekommen … Nyroc hatte ihn deutlich gehört, hätte ihn aber nicht wiederholen können. Hatte nicht ein Geisterschnabel den Namen gerufen? Wenn Nyroc an Geisterschnäbel dachte, wurde sein Magen eiskalt. Er schüttelte sich energisch und machte sich auf die Suche nach etwas Fressbarem.
    Dabei ging ihm der Name aus dem Traum die ganze Zeit im Kopf herum. O… O… Otuuu… Es lag ihm auf der Zunge, aber er bekam den Namen einfach nicht zu fassen.

    Inzwischen hatte Nyroc schon die verschiedensten Legenden kennengelernt: Geschichten aus dem Feuerzyklus, dem Kriegszyklus und dem Sternenzyklus. Am spannendsten fand er jedoch jene Legenden, die von den ersten Glutsammlern handelten. Er hätte zu gern gewusst, ob die „Glut von Hoole“ etwas mit König Hoole zu tun hatte. Gab es da einen Zusammenhang? Wie schade, dass er immer nur Fetzen aufschnappen konnte! Am meisten ärgerte er sich, wenn die betreffende Eulenmutter sagte: „Ihr wisst ja schon, was damals passierte, als Hoole das Licht der Welt erblickte …“ Nein! , hätte Nyroc dann am liebsten gerufen. Ich weiß es nicht! Bitte erzähl die Geschichte von Anfang an! Aber das ging natürlich nicht, denn dann hätte man ihn entdeckt. Er war dazu verurteilt, sein Leben im Verborgenen zu fristen.
    Weit weg auf einer Insel im Hoolemeer hatte eine junge Fleckenkäuzin ebenfalls einen Traum. Beim Aufwachen konnte sie sich allerdings nicht mehr an das erinnern, was sie geträumt hatte,

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