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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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bei Eurer Meditation. Darf ich Euch verlassen, um wiederzukommen, wenn Ihr meine Gesellschaft wünscht?«
    »Für diese Übung ist es nicht notwendig, allein zu sein, FitzChivalric.« Sie schaute mich traurig an. »Willst du nicht noch einmal versuchen, dich zu lösen? Einen Moment lang dachte ich… Nein? Nun gut, dann lasse ich dich gehen.« Ihre Stimme verriet Bedauern und Einsamkeit. Aber schon straffte sie die Schultern und atmete tief ein und aus. Wieder fühlte ich das Vibrieren ihres Bewußtseins im Netz. Sie hatte die Macht. Nicht stark, aber stark genug.
    Leise verließ ich das Gemach. In mir regte sich ein Funke Belustigung bei der Vorstellung, was Burrich sagen würde, wenn er davon wüßte. Viel weniger amüsant war es, mich daran zu erinnern, wie sie auf mein Spüren mit der Macht reagiert hatte. Ich dachte an meine nächtlichen Jagden mit dem Wolf. Würde demnächst die Königin über merkwürdige Träume klagen?
    Kalt griff mir eine Gewißheit ans Herz: Ich schwebte in größter Gefahr, entdeckt zu werden. Ich war zu unvorsichtig gewesen, zu lange. Burrich konnte es fühlen, wenn ich mich der Macht bediente. Was, wenn es noch andere gab? Man konnte mich der Tiermagie beschuldigen. Kein Zögern mehr, mein Entschluß stand fest. Morgen würde ich handeln.

KAPITEL 11
EINSAME WÖLFE
     
    Der Narr wird immer eins von Bocksburgs größten Rätseln bleiben. Man kann guten Gewissens sagen, daß so gut wie keine Fakten über ihn bekannt sind. Seine Herkunft, Alter, Geschlecht, Rasse waren samt und sonders Gegenstand von Vermutungen. Am erstaunlichsten ist, wie eine Person, die dermaßen im Blickpunkt stand, sich eine solche Aura des Geheimnisvollen zu bewahren vermochte. Die Fragen, den Narren betreffend, werden immer zahlreicher sein als die Antworten. Besaß er je wirklich irgendwelche mystischen Kräfte, die Gabe der Divination oder überhaupt magische Fähigkeiten, oder erweckten nur sein flinker Verstand und die spitze Zunge den Anschein, daß er alles schon wußte, bevor es geschah? Wenn er kein Hellseher war, verstand er sich doch meisterhaft auf Spiegelfechterei und brachte viele von uns dazu, ihm zu helfen, die Zukunft so zu gestalten, wie er es für richtig hielt.
     
    Weiß auf Weiß. Ein Ohr zuckte, und diese winzige Bewegung wurde zum Verräter.
    Siehst du? fragte ich ihn.
    Ich rieche.
    Ich sehe. Ich faßte die Beute ins Auge. Mehr war nicht notwendig.
    Ich sehe. Er sprang. Das Kaninchen schrak auf und stob davon, Cub ihm nach. Die weiße Pelzkugel flitzte über den weichen Schnee, während Cub nach jedem Sprung einsank, schlug Haken, hin und her, um den Baum, um das Gebüsch herum und mitten hinein in die Dornen. Cub schnüffelte hoffnungsvoll, aber für ihn war das Gestrüpp ein undurchdringlicher Verhau.
    Es ist weg, erklärte ich.
    Wirklich? Warum hast du nicht geholfen?
    Ich kann in weichem Schnee kein Wild verfolgen. Ich muß mich so dicht anschleichen, daß ein Sprung genügt.
    Ah. Begreifen. Überlegen. Wir sind zu zweit. Wir sollten als Paar jagen. Ich treibe dir das Wild zu, du tötest.
    Ich schüttelte den Kopf. Du mußt lernen, allein zu jagen, Cub. Ich werde nicht immer bei dir sein, in Gedanken und in Wirklichkeit.
    Ein Wolf ist nicht dazu bestimmt, allein zu jagen.
    Mag sein. Aber viele tun es. Und auch du wirst es lernen. Doch es war nicht meine Absicht, daß du mit Kaninchen anfangen sollst. Komm weiter.
    Er trabte widerspruchslos hinter mir her; für ihn war ich der Leitwolf und bestimmte die Richtung. Wir hatten die Burg verlassen, bevor auch nur der erste graue Morgenschimmer den Winterhimmel erhellte, der sich jetzt blau und weit und klar und frostig über uns spannte. Der Weg, dem wir folgten, war nicht mehr als eine weichgerundete Rinne im tiefen Schnee. Bei jedem Schritt sank ich bis über die Knöchel ein. Im Wald ringsum herrschte winterliche Stille, hin und wieder durchbrochen vom Flügelschlag eines Vogels oder dem weit entfernten Ruf einer Krähe. Es war junger Wald, neu aufgeschossen nach einem Feuer; dazwischen ragten einige der Riesen empor, die das Inferno überlebt hatten. Sommers gab es hier gute Weide für die Ziegen; ihre scharfen kleine Hufe hatten den Pfad eingekerbt, dem wir folgten. Er führte zu einer baufälligen Hütte aus Feldsteinen, mit einem Pferch und Unterstand für die Herde. Im Winter stand alles leer.
    Cub war hocherfreut gewesen, als ich in der Frühe kam, um ihn zu holen. Er hatte mir den Weg gezeigt, den er benutzte, um ungesehen aus der

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