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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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zu ihrer Zeit wußte man allgemein so gut über sie Bescheid, daß Aufzeichnungen unnötig waren. Und das Wenige, das über sie geschrieben wurde, ist überall verstreut, nicht in einer Abhandlung zusammengefaßt. Man bräuchte einen Gelehrten, um den kärglichen Spuren nachzugehen…«
    »Einen Gelehrten wie den Narren zum Beispiel?« fragte sie spitz. »Er scheint mehr über sie zu wissen als jeder andere, mit dem ich gesprochen habe.«
    »Nun, er liest gerne, wir Ihr wißt, und…«
    »Genug von ihm. Ich möchte mit dir über die Uralten sprechen«, schnitt sie mir das Wort ab.
    Ich stutzte bei ihrem Ton, doch als ich sie ansah, schaute sie wieder einmal aus grau verhangenen Augen über das Meer. Sie hatte mich weder zurechtweisen noch unhöflich sein wollen, sie war lediglich vollkommen auf ihr Vorhaben konzentriert. In den Monaten meiner Abwesenheit war sie selbstsicherer geworden. Königlicher.
    »Einiges weiß ich«, sagte ich zögernd.
    »Ich ebenfalls. Prüfen wir, ob unser Wissen sich ergänzt. Ich werde anfangen.«
    »Wie Ihr wünscht.«
    Sie räusperte sich. »Vor langer Zeit wurde König Weise von Seeräubern bedrängt, die seine Küsten verwüsteten. Was er auch tat, er konnte sich ihrer nicht erwehren, und als er fürchten mußte, der nächste Sommer brächte den Untergang der Sechs Provinzen und des Geschlecht der Weitseher, beschloß er, den Winter zu nutzen, um auf die Suche nach einem sagenhaften Volk zu gehen. Den Uralten. Stimmen wir soweit überein?«
    »Größtenteils. Wie ich gehört habe, bezeichnen die alten Legenden sie nicht als ein Volk, sondern als gottähnliche Wesen. Und in den Sechs Provinzen hat König Weise immer als eine Art religiöser Fanatiker gegolten, fast ein Besessener, was solche Dinge anging.«
    »Männer mit Enthusiasmus und visionärer Kraft werden oft als Besessene oder Wahnsinnige angesehen«, sagte sie ruhig. »Ich werde fortfahren. In einem Herbst verließ er seine Burg, ohne mehr zu wissen, als daß die Uralten in der Regenwildnis hinter den höchsten Gipfeln des Bergreichs wohnen sollten. Irgendwie gelangt es ihm, sie zu finden und sich ihrer Hilfe zu versichern. Er kehrte nach Bocksburg zurück, und zusammen vertrieben sie die Piraten und Invasoren von unserer Küste. Im Land und auf dem Meer herrschte Frieden. Und die Uralten versprachen ihm, sollte er ihrer je wieder bedürfen, würden sie zurückkehren. Stimmen wir auch jetzt noch überein?«
    »Auch diesmal im großen und ganzen. Ich habe viele Barden sagen gehört, der Schluß wäre üblich bei Gesängen von den Taten von Helden und Königinnen. Immer geloben sie zurückzukehren, wenn das Volk in Not ist. Manche sogar von jenseits des Grabes.«
    »Um genau zu sein«, warf Philia plötzlich ein und richtete sich aus ihrer vorgebeugten Haltung auf, »ist König Weise in der Fremde geblieben. Die Uralten kamen zu seiner Tochter, Prinzessin Achtsam, und ihr haben sie das Versprechen gegeben.«
    »Woher wißt Ihr das?« forschte Kettricken.
    Philia zuckte die Schultern. »Ein alter Barde, der am Hof meines Vaters lebte, erzählte es auf diese Art.« Ohne weiter Interesse zu zeigen, knotete sie Bindfaden um einen in Stroh verpackten Blütenstrauch.
    Kettricken dachte nach. Der Wind stahl sich eine lange Strähne ihres Haares und wehte sie ihr übers Gesicht. Sie schaute mich durch das blaßgoldene Gespinst hindurch an. »Es ist nicht wichtig, was die Sagen über ihre Rückkehr berichten. Wenn einmal ein König sie aufsuchte, und sie ihm Hilfe gewährten, glaubst du nicht, sie würden es wieder tun, wenn ein König sie darum bäte? Oder eine Königin?«
    »Möglicherweise«, antworte ich zögernd. Insgeheim fragte ich mich, ob sie unter Heimweh litt und bereit war, alles, und sei es noch so abwegig, als Vorwand zu nehmen, um die Ihren zu besuchen. Im Volk begann man darüber zu tuscheln, daß sie noch nicht gesegneten Leibes war, und obwohl sie jetzt immer ihre Hofdamen um sich hatte, besaß sie keine wirkliche Vertraute oder Freundin. Sie mußte sich einsam fühlen. Ich überlegte mir, wie ich antworten sollte, um sie zu entmutigen, aber nicht zu verletzen.
    Sag ihr, du hältst es für das beste, wenn sie zu mir geht und mit mir darüber spricht. Ich möchte genauer wissen, was sie herausgefunden hat. Veritas’ Gedankenstimme bebte vor Erregung. Ich war erstaunt.
    »Ich glaube, Ihr solltet in dieser Angelegenheit Euren Gemahl aufsuchen und mit ihm darüber sprechen«, schlug ich gehorsam vor.
    Sie schwieg eine

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