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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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dahinter zu verschanzen. Serene lächelte.
    Justin grub sich in mein Bewußtsein wie eine Hand in Pudding. Meine Sinne rebellierten. Er drang wie ein übler Gestank in meinen Kopf, seine Farbe war ein gräßliches, fauliges Grüngelb, und er klang wie schrilles Sporengeklingel. Abschirmen, drängte Veritas. Er hörte sich verzweifelt an, schwach, und ich wußte, er versuchte mit aller Kraft, die zerschlissenen Teile meines Selbst für mich zusammenzuhalten. Er wird dich aus reiner Dummheit töten. Er weiß nicht einmal, was er tut.
    Hilf mir.
    Von Veritas nichts. Unsere Verbindung wurde schwächer, je mehr meine Kräfte schwanden.
    WIR SIND BRÜDER!
    Unsichtbare Kräfte schleuderten Justin mit dem Rücken gegen die Tür, sein Hinterkopf schlug dröhnend gegen das Holz. Es war mehr als stemmen. Ich hatte kein Wort für das, was Nachtauge tat. Es war ein Zwitterding. Er sandte die Macht durch einen Kanal, den die Gabe geschaffen hatte. Er attackierte Justins Körper durch Justins Bewußtsein. Die Hände des Mannes flogen an seine Kehle, versuchten schnappende Kiefer abzuwehren, die er nicht greifen konnte. Krallen zerfetzten Haut und überzogen unter Justins Hemd die Haut mit roten Striemen. Serene schrie, ein Laut, der mich durchbohrte wie ein Schwert, und stürzte sich auf Justin, um ihm beizustehen.
    Nicht töten. Nicht töten! NICHT TÖTEN!
    Nachtauge hörte mich endlich. Er ließ von Justin ab, warf ihn zur Seite wie eine tote Ratte, dann kam er, um über mir Wache zu stehen. Fast glaubte ich, seinen hechelnden Atem zu hören, die Wärme seines Körpers zu spüren. Mir fehlte die Kraft, um zu fragen, was geschehen war. Ich rollte mich zwischen seinen Beinen zusammen wie ein Welpe und wußte, ich war in Sicherheit. Niemand konnte Nachtauges Schutzwehr überwinden.
    »Was war das? Wer war das? Was war das?« schrie Serene mit überschnappender Stimme. Ich öffnete die Augen einen schmalen Spalt. Sie hatte die Hände in Justins Hemd gekrallt und ihn auf die Füße gezerrt. An seinem Hals und an der Schulter zeigten sich rote Male, aber noch während ich hinsah, begannen sie zu verblassen. Bald zeugte nichts mehr von Nachtauges Angriff, außer dem dunklen Fleck, der sich auf Justins Hose ausbreitete. Die Lider fielen ihm über die verdrehten Augen. Serene schüttelte ihn wie eine Puppe. »Justin! Sieh mich an! Justin!«
    »Was tut Ihr mit diesem Mann?« Die Bühnenstimme des Narren, empört und überrascht, tönte durch mein Zimmer. Hinter ihm stand die Tür weit offen. Eine Dienstmagd, den Arm voll Wäsche, ging auf dem Flur vorbei, stutzte und blieb neugierig stehen. Das kleine Mädchen, das ihr mit einem Korb folgte, kam gelaufen und spähte um den Türrahmen herum. Der Narr stellte das Tablett, das er trug, auf den Boden und trat näher. »Was hat das zu bedeuten?«
    »Er hat Justin angegriffen«, schluchzte Serene.
    Unglauben malte sich auf dem Gesicht des Narren. »Er? Er macht den Eindruck, als könnte er es nicht einmal mit einem Kissen aufnehmen. Nur dich habe ich mit eigenen Augen den bedauernswerten Jungen mißhandeln gesehen.«
    Serene ließ Justins Kragen los, und er sank wie ein nasser Sack vor ihren Füßen zu Boden. Der Narr blickte mitleidig auf ihn nieder.
    »Armer Bursche. Hat sie versucht, dir Gewalt anzutun?«
    »Sei nicht albern!« Serene war außer sich. »Er ist es gewesen!« Sie zeigte auf mich.
    Der Narr schaute mich nachdenklich an. »Das ist eine schwere Anschuldigung. Sag die Wahrheit, Bastard. Hat sie wirklich versucht, dich zu bedrängen?«
    »Nein.« Meine Stimme hörte sich an, wie ich mich fühlte – krank, erschöpft, kraftlos. »Ich habe geschlafen. Sie sind heimlich in mein Zimmer gekommen. Dann…« Ich runzelte die Brauen, als forschte ich nach einer abhanden gekommenen Erinnerung. »Ich glaube, ich habe heute nacht zuviel Glimmkraut genossen.«
    »Da stimme ich zu!« Im Ton moralischer Entrüstung. »Eine derartig unziemliche Liederlichkeit ist mir noch nie untergekommen!« Der Narr wirbelte zu den beiden Zuschauerinnen auf dem Korridor herum. »Eine Schande für ganz Bocksburg, wenn sich herumsprechen sollte, daß sich unsere Gabenkundigen der Unzucht ergeben. Kein Wort davon, hört ihr? Zu niemandem!« Er wandte sich wieder Serene und Justin zu. Galens beste Schülerin war feuerrot angelaufen, ihr Mund stand offen. Justin war zu sich gekommen. Er saß auf dem Boden, sein Oberkörper pendelte hin und her, und er klammerte sich an ihre Röcke wie ein Kleinkind, das zum

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