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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Bergreich bei dir behalten, als der übrige Troß nach Bocksburg zurückgekehrt ist.«
    »Ich brauchte jemanden, auf den ich mich verlassen konnte. Zu der Zeit warst du… sehr krank. Und mir ging es nicht viel besser, um die Wahrheit zu sagen.« Er hob die Hand zu der weißen Strähne in seinem dunklen Haar, Erinnerung an den Schlag auf den Kopf, der ihn beinahe getötet hätte.
    »Weshalb hast du ausgerechnet ihn ausgesucht?«
    »Es war nicht unbedingt meine Entscheidung. Er kam zu mir. Irgendwie hatte er herausgefunden, wo wir untergebracht waren, und dann gelang es ihm, sich an Jonqui vorbeizuschwatzen. Ich hatte noch einen dicken Verband um den Kopf und sah alles doppelt; wie er da im Zimmer stand, ahnte ich ihn mehr, als ich ihn sah. Ich fragte ihn, was er wollte, er sagte mir, ich müßte jemanden bestimmen, der die Zügel in die Hand nimmt, denn nachdem ich krank war und Cob tot, wurden die Knechte nachlässig.«
    »Und das hat dich beeindruckt?«
    »Er wußte, was er wollte. Keine neugierigen Fragen, was uns zugestoßen wäre. Er hatte eine Aufgabe für sich gefunden und gehandelt. So etwas gefällt mir. Wissen, was man tun kann, und es tun. Also übertrug ich ihm die Verantwortung. Er machte seine Sache gut. Ich behielt ihn, als ich die anderen nach Hause schickte, weil ich wußte, ich brauchte einen fähigen Stellvertreter. Und auch, um mir ein Bild von ihm zu machen. War er nur ehrgeizig, oder besaß er ein wirkliches Verständnis dafür, was ein Mensch der Kreatur schuldet, die er sich dienstbar macht? Wollte er Macht, oder lag ihm das Wohlergehen seiner Tiere am Herzen?«
    »Und wie ist dein Urteil ausgefallen?«
    »Ich bin nicht mehr so jung, wie ich einmal war. Ich denke, es könnte immer noch einen guten Stallmeister in Bocksburg geben, wenn ich nicht mehr fähig bin, einen störrischen Hengst zu bändigen. Nicht, daß ich die Absicht habe, bald zurückzutreten. Er hat einen weiten Weg vor sich, doch wir sind beide noch jung genug – er, um zu lernen, ich, um zu lehren. Und auch das ist eine befriedigende Aufgabe.«
    Ich nickte. Früher hatte er diese Zukunft wohl für mich vorgesehen, doch inzwischen wußten wir beide, daß mir etwas anderes beschieden war.
    Er wandte sich zum Gehen. »Burrich.« Er blieb stehen. »Niemand kann dich ersetzen. Danke. Für alles, was du in diesen letzten Monaten getan hast. Ich verdanke dir mein Leben, und nicht nur, weil du mich vor dem Tod gerettet hast. Chivalric hat mich gezeugt, ich weiß, aber du warst mein Vater, tagein, tagaus, viele Jahre lang. Ich habe nicht immer zu schätzen gewußt…«
    Burrich schnaubte und machte die Tür auf. »Spar dir solche Reden für den Moment, wenn einer von uns am Sterbebett des anderen steht. Melde dich bei deinem König und dann geh schlafen.«
    »Ja, Herr«, hörte ich mich antworten und wußte, er lächelte wie ich. Er stieß mit der Schulter die Tür auf und trug das volle Tablett zu Flink in den Stall. Dort war sein Heim.
    Und dies hier war meines. Zeit, an die Erfüllung meiner Pflichten zu denken. Ich bemühte mich, meine feuchte Kleider glattzuziehen, und strich mir über das Haar. Dann räumte ich das Geschirr vom Tisch und nahm meinen nassen Rock über den Arm.
    Auf dem Weg von der Küche durch den Vorraum und weiter zur großen Halle fand ich Grund, mich zu wundern. Leuchteten die Farben der Wandteppiche heller als früher? Hatten die ausgestreuten Binsen immer so süß nach Kräutern geduftet, die geschnitzten Türeinfassungen immer so warm geschimmert? Ich schrieb diesen Eindruck der Freude zu, wieder zu Hause zu sein, bis ich am Fuß der großen Treppe stehenblieb, um mir für den Weg zu meinem Zimmer eine Kerze anzuzünden, und bemerkte, daß der Tisch dort nicht mit Wachstropfen übersät war und daß sogar ein besticktes Tuch darauf lag.
    Kettricken.
    Es gab jetzt eine Königin in Bocksburg. Ich ertappte mich bei einem törichten Grinsen. Diese imposante Festung hatte in meiner Abwesenheit einen gründlichen Hausputz erlebt. Hatte Veritas zu Ehren ihrer Ankunft den Befehl dazu gegeben, oder war es Kettrickens Werk? Ich war gespannt, es herauszufinden.
    Als ich die Treppe hinaufstieg, fielen mir noch weitere Dinge auf. Die alten Schmauchspuren über jedem Fackelhalter waren verschwunden. Staub nicht einmal in den Winkeln der Stufen. Keine Spinnweben. Die Kandelaber waren mit Kerzen bestückt, und in einem Gestell auf jedem Absatz standen Schwerter zur Verteidigung bereit. So sah es also aus, wenn eine Königin

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