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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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geschnitten hatte.
    »Also, was soll ich tun?« hörte ich mich fragen.
    Er legte die Arbeit hin, leerte seinen Becher und goß sich wieder ein. Dann ließ er den Blick vielsagend durch die Kammer wandern. »Du bittest mich natürlich deshalb um Rat, weil ich so bemerkenswerten Erfolg darin hatte, mich mit einer liebenden Frau und einer vielköpfigen Kinderschar zu umgeben?«
    Die Bitterkeit in seiner Stimme erschütterte mich, doch ehe ich etwas sagen konnte, stieß er ein gepreßtes Lachen aus. »Vergiß, daß ich das gesagt habe. Im Grunde genommen war es meine Entscheidung, und sie wurde bereits vor langer Zeit getroffen. FitzChivalric, was glaubst du denn, was du tun solltest?«
    Ich starrte ihn verdrossen und ratlos an.
    »Was war denn dein erster Fehler?« Als ich nicht antwortete, meinte er: »Hast du mir nicht eben selbst erzählt, du wärst wie ein Knabe um sie herumscharwenzelt, während sie glaubte, ein Mann machte ihr den Hof? Sie wollte einen Mann. Also lauf nicht herum wie ein Kind, dem ein Erwachsener auf die Finger geklopft hat. Sei ein Mann.« Er nahm einen großen Schluck, dann schenkte er uns beiden neu ein.
    »Aber wie?«
    »Auf dieselbe Art, wie du dich auf anderen Gebieten als Mann erwiesen hast. Übe Disziplin, werde der Aufgabe gerecht. Du darfst sie also nicht sehen. Wenn ich überhaupt etwas von Frauen verstehe, heißt das keineswegs, daß sie dich nicht sieht. Dein Haar ist zottig wie das Winterfell eines Ponys, ich wette du hast seit einer Woche nicht das Hemd gewechselt, und du bist dünn wie ein Winterfohlen. So wirst du kaum erreichen, daß sie dich wieder respektiert. Iß vernünftig, wasch dich jeden Tag und – in Edas Namen – verschaff dir etwas Bewegung, statt brütend in der Wachstube zu hocken. Setz dir Ziele und arbeite darauf hin.«
    Ich nickte langsam. Er hatte recht, aber… »Aber das alles nützt mir nichts, wenn Philia mir verbietet, mit Molly zu reden.«
    »Auf die Dauer, mein Junge, geht es nicht darum, was Philia will, sondern was Molly sagt.«
    »Und König Listenreich«, sagte ich trocken.
    Er hob fragend den Blick.
    »Nach Philias Worten kann ein Mann nicht Vasall eines Königs sein und gleichzeitig von ganzem Herzen eine Frau lieben. ›Du kannst einem Pferd nicht zwei Sättel auflegen‹, hat sie mir gesagt. Das von einer Frau, die Gemahlin eines Königs-zur-Rechten war und zufrieden mit der Zeit, die er für sie erübrigen konnte, ob viel oder wenig.« Ich reichte Burrich das ausgebesserte Halfter.
    Er war im Begriff gewesen, den Becher zu heben, jetzt stellte er ihn so hart auf den Tisch, daß der Inhalt über den Rand spritzte. »Das hat sie zu dir gesagt?« fragte er heiser. Sein Blick brannte auf meinem Gesicht.
    Ich zuckte die Schultern. »Sie sagte, es wäre nicht gerecht, von Molly zu erwarten, daß sie sich mit den Brosamen an Zeit begnügt, die der König mir für mein eigenes Leben zugesteht.«
    Burrich lehnte sich zurück. Eine Reihe widerstreitender Gefühle spiegelte sich auf seinen Zügen. Er schaute mit seitwärts gewandtem Kopf ins Feuer, dann wieder zu mir. Einen Moment lang sah es aus, als wollte er etwas sagen, dann aber richtete er sich auf, stürzte den Inhalt seines Bechers hinunter und schob den Stuhl zurück. »Es ist zu still hier oben. Laß uns nach Burgstadt hinuntergehen. Einverstanden?«
     
    Am nächsten Tag stand ich auf und machte mich trotz meines Brummschädels daran, mein Vorhaben in die Tat umzusetzen, nämlich, mich nicht wie ein liebeskranker Knabe aufzuführen. Ungestüm und Fahrlässigkeit eines Jungen waren der Grund, daß ich sie verloren hatte, mit der Selbstdisziplin eines Mannes wollte ich sie zurückgewinnen.
    Jeden Tag erhob ich mich in aller Frühe, sogar noch bevor der erste Küchenjunge sich den Schlaf aus den Augen rieb. In der Abgeschiedenheit meines Zimmers absolvierte ich einige Dehnübungen und anschließend ein striktes Regime im Schattenfechten mit einem alten Stab. Ich gönnte mir keine Pause, bis ich schweißüberströmt und benommen war. Dann ging ich hinunter, um ein Dampfbad zu nehmen. Langsam, ganz langsam, gewann ich meine frühere Ausdauer zurück. Ich nahm an Gewicht zu, bekam wieder Muskeln, und allmählich paßten auch die neuen Kleider, die Mistress Hurtig mir aufgezwungen hatte. Nach wie vor zitterte ich manchmal am ganzen Körper, aber schwere Anfälle waren selten, und jedesmal gelang es mir, in mein Zimmer zu flüchten, bevor die Symptome zu offensichtlich wurden. Philia sagte mir, ich

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