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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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sähe frischer aus, während Lacey Freude daran hatte, mich ›ordentlich herauszufüttern‹. Ich fühlte mich wieder wie mein altes Selbst.
    Ich aß jeden Morgen mit den Soldaten, wo die Mengen, die man vertilgte, wichtiger waren als Manieren. Nach dem Frühstück ein Besuch im Stall, um Rußflocke bei einem Ausritt durch den Schnee Bewegung zu verschaffen. Anschließend war es eine besondere Freude, sie eigenhändig zu versorgen. Vor unseren unseligen Erlebnissen im Bergreich hatten Burrich und ich uns wegen meines Gebrauchs der alten Macht überworfen, ich durfte damals die Ställe nicht mehr betreten. Daher bedeutete es für mich eine Genugtuung, mein Pferd trockenzureiben und ihm selbst die Krippe zu füllen. Ich genoß das vertraute Tun und Treiben, den warmen Tiergeruch, dazu die Lästereien und Klatschgeschichten, die so deftig nur die Stallburschen zum Besten geben konnten. Wenn es sich einrichten ließ, nahmen Flink oder Burrich sich ein paar Minuten Zeit, um stehenzubleiben und sich mit mir zu unterhalten; an anderen, arbeitsreichen Tagen hatte ich die bittersüße Befriedigung, sie über den Husten bei einem Hengst diskutieren zu sehen, oder wie sie den lustlosen Eber behandelten, den ein Bauer zur Burg hinaufgebracht hatte. Bei solchen Gelegenheiten blieb ich – ohne daß sie es böse meinten – aus ihrem Kreis ausgeschlossen. Es war gut so. Mein Dasein spielte sich jetzt auf einer anderen Ebene ab. Ich konnte nicht erwarten, daß die Tür zu meinem früheren Leben ewig für mich offenstehen würde.
    Dennoch schlug mir das Gewissen, jeden Tag, wenn ich zu der verfallenen Kate hinter den Getreidespeichern schlich. Ich ließ immer größte Vorsicht walten. Mein neuer Friede mit Burrich existierte noch nicht so lange, daß ich ihn für gegeben nahm; ich erinnerte mich nur zu gut, wie schmerzlich es gewesen war, seine Freundschaft zu verlieren. Sollte Burrich jemals vermuten, daß ich wieder angefangen hatte, von der alten Macht Gebrauch zu machen, würde er mich genauso schnell und gründlich fallenlassen wie das Mal zuvor. Jeden Tag fragte ich mich aufs neue, weshalb ich bereit war, wegen eines jungen Wolfs seine Freundschaft und seinen Respekt aufs Spiel zu setzen.
    Die einzige Antwort war: Ich hatte keine Wahl. Ich hätte an dem Welpen ebensowenig vorbeigehen können wie an einem hungernden und eingesperrten Kind. Für Burrich war die alte Macht, die es mir ermöglichte, in das Bewußtsein von Tieren einzudringen, eine Perversion, eine widernatürliche Versuchung, eines Menschen unwürdig. Er hatte es nie ausgesprochen, aber stillschweigend eingestanden, selbst die latente Fähigkeit zu besitzen, behauptete jedoch unerschütterlich, keinen Gebrauch davon zu machen. Falls doch, hatte ich ihn nie dabei ertappt. Er mich hingegen schon. Mit untrüglicher Sicherheit hatte er stets gewußt, wann ich mich zu einem Tier hingezogen fühlte und mich mit einer Kopfnuß oder einem gehörigen Puff zur Ordnung gerufen. Solange ich unter Burrichs Obhut in den Ställen lebte, war es ihm gelungen zu verhindern, daß ich mich mit einem Tier verbrüderte, bis auf zwei Ausnahmen. Die tiefe Trauer beim Verlust eines Bundesgefährten hatte mich überzeugt, daß Burrich im Recht war. Nur ein Narr würde sich auf etwas einlassen, das solchen Schmerz nach sich zog. Dann war ich also ein Narr und nicht ein Mann, der vor dem Leid eines mißhandelten und halbverhungerten Tieres die Augen verschließen konnte.
    Ich stibitzte Knochen und Fleischreste und altes Brot und gab acht, daß niemand, auch nicht die Köchin oder der Narr, etwas von meinem Tun bemerkte. Um nicht aufzufallen und nicht durch einen deutlich ausgetretenen Pfad mein Geheimnis zu verraten, wählte ich für meine Besuche jeden Tag eine andere Uhrzeit und einen anderen Weg. Am schwierigsten war es gewesen, sauberes Stroh sowie eine alte Pferdedecke aus dem Stall zu schmuggeln, aber auch das hatte sich bewerkstelligen lassen.
    Trotz der unterschiedlichen Zeiten wartete Cub {4} stets schon auf mich. Es war nicht nur der Instinkt eines hungrigen Tieres. Er spürte, wann ich mich auf den Weg zu ihm machte, und stand bereit, um mich zu empfangen. Er wußte auch, wann ich Ingwerkekse in der Tasche hatte, eine viel zu schnell liebgewordene Nascherei. Nicht, daß er seinen Argwohn verloren hätte. Ich spürte seine Anspannung und wie er zurückzuckte, sobald ich eine unsichtbare Linie überschritt. Doch jeder Tag ohne Schläge, jedes bißchen Futter, das ich ihm brachte,

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