Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
Für Veritas ist es schwerer, viel schwerer. Er läßt seinen Thron zurück, seine schöne, liebende Gemahlin, seine Freude am Arbeiten mit den Händen. Ausritte auf einem edlen Roß, die Hirschjagd, die Begegnung mit seinem Volk – all das kann ich bereits in dem Drachen fühlen. Der feine Strich der Feder auf einer Landkarte, das Gefühl eines jungfräulichen Bogens Pergament unter seinen Händen. Ich kenne sogar den Geruch seiner Tinten. All das hat er dem Drachen gegeben. Es ist schwer für ihn, doch er tut es, und der Schmerz, den er dabei empfindet, ist ein weiteres Geschenk für den Drachen, um seinen Zorn auf die Roten Schiffe zu schüren, wenn er sich erhebt, um sie zu vernichten. Nur eins hat er dem Drachen vorenthalten. Eins nur, das ihn vielleicht um den Lohn für all diese Opfer bringt.«
    »Und was ist das?« fragte ich sie unwillig.
    Ihre alten Augen begegneten meinem Blick. »Du bist es. Er hat sich geweigert, auch dich in den Drachen zu geben. Er könnte es tun, mußt du wissen, ob du es willst oder nicht. Er könnte einfach hinausgreifen und dich in sich hineinziehen. Doch er will es nicht. Er sagt, du liebst dein Leben zu sehr. Er will es dir nicht nehmen, da du bereits zuviel davon für einen König geopfert hast, der es dir mit Schmerz und Mühsal vergalt.«
    Wußte sie, daß sie mir mit diesen Worten Veritas zurückgab? Ja. Ich hatte viel von Krähes Vergangenheit gesehen, während wir mit der Gabe verbunden waren, und ich wußte, dabei war auch ich für sie ein offenes Buch gewesen. Sie wußte, wie ich ihn liebte und wie sehr es mich verletzt hatte, ihn bei unserer Ankunft hier so gleichgültig zu finden. Ich stand auf, um zu ihm zu gehen und mit ihm zu sprechen.
    »Fitz!« rief sie mich zurück. Ich drehte mich noch einmal um. »Zwei Dinge sollst du wissen, auch wenn sie für dich schmerzlich sein mögen.«
    Ich wappnete mich. »Deine Mutter hat dich geliebt«, sagte sie ruhig, »Du behauptest, du kannst dich nicht an sie erinnern, in Wahrheit ist es so, daß du ihr nicht vergeben kannst. Aber sie ist da, in dir, in deiner Erinnerung. Sie war hochgewachsen und blond, eine Frau aus den Bergen, und sie hat dich geliebt. Sie hat dich nicht aus freien Stücken hergegeben.«
    Krähes Worte ärgerten und verstörten mich. Ich wollte nichts hören; ich wollte nichts wissen; ich besaß keine Erinnerung an die Frau, die mich geboren hatte. Immer wieder hatte ich in meinem Gedächtnis geforscht und keine Spur von ihr gefunden. Nicht die geringste.
    »Und das zweite?« fragte ich kalt.
    Mein Ärger erregte nur ihr Mitleid. »Ist ebenso schlimm oder vielleicht schlimmer. Wieder handelt es sich um etwas, das du schon weißt. Wie traurig, daß die einzigen Geschenke, die ich für dich habe, Dinge sind, die du bereits besitzt – für dich, den Katalysator, der mein Leben, das wie ein Tod war, in einen Tod verwandelt hat, der ein Leben sein wird. Aber so sei es. Du wirst eines Tages wieder lieben. Du hast deine Jugendliebe verloren, deine Molly am Strand, mit dem Wind im braunen Haar und dem roten Umhang. Zu lange wart ihr getrennt, und zuviel hat sich ereignet. Und was ihr geliebt habt, was ihr wirklich geliebt habt, das war nicht einer den anderen. Es war der Frühling eures Lebens, die Kraft der Jugend in euch und Krieg am Horizont und eure jungen, makellosen Körper. Du wirst feststellen, wenn du ohne den Schleier der Verklärung zurückblickst, daß du dich an mindestens ebenso viele Meinungsverschiedenheiten und Tränen erinnerst wie an Liebe und Küsse. Fitz. Sei klug. Laß sie gehen und erhalte dir diese Erinnerung ungetrübt. Bewahre von ihr in deinem Herzen, was du kannst, und laß ihr den wilden, ungebärdigen Knaben, den sie liebte. Weil beide, sowohl er als auch das kecke Mädchen, nur noch Erinnerungen sind, nicht mehr.« Sie schüttelte den Kopf. »Nicht mehr als Erinnerungen.«
    »Das ist nicht wahr!« brauste ich auf. »Das ist nicht wahr!«
    Bei meinen laut hervorgestoßenen Worten war Kettricken aufgestanden. Erschreckt und besorgt schaute sie zu uns her. Ich konnte sie nicht ansehen. Hochgewachsen und blond. Meine Mutter war hochgewachsen und blond gewesen. Nein. Ich konnte mich nicht an sie erinnern. Ich ging an Kettricken vorbei, ohne auf den stechenden Schmerz in meinem Knie zu achten. Bei Veritas angekommen, kauerte ich mich nieder.
    »Krähe sagt, Ihr werdet sterben, wenn der Drache vollendet ist. Daß Ihr Euer ganzes Selbst in ihn hineingeben werdet. Oder so habe ich mit meinen

Weitere Kostenlose Bücher