Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
Groschen zu verdienen.
    Gehen wir weiter und finden es selbst heraus, argumentierte Nachtauge starrsinnig.
    Ich zog mir mühsam Hemd und Hose über die feuchte Haut, kämmte mit den Fingern das Haar zurück, wrang es aus und band es aus alter Gewohnheit im Nacken zusammen. Halt. Ich hatte vorgehabt, mich als fahrender Schreiber auszugeben, also zog ich das Band ab und schüttelte das Haar aus. Es reichte mir fast bis auf die Schultern. Etwas zu lang für einen Schreiber. Bei ihnen war es Sitte, das Haar kurz zu tragen und am Ansatz zu rasieren, damit es ihnen bei der Arbeit nicht in die Augen fiel. Nun, mit meinem struppigen Bart und der zottigen Mähne hielt man mich vielleicht für einen Schreiber, der lange ohne Beschäftigung gewesen war. Keine gute Empfehlung, was meine Fähigkeiten anging, doch im Hinblick auf mein kümmerliches Arbeitsgerät war es vermutlich gut so.
    Ich zog das Hemd glatt, legte den Gürtel an, überzeugte mich, daß mein Messer an Ort und Stelle war, und wog dann meine schmale Börse in der Hand. Der Feuerstein darin machte den größten Teil des Gewichts aus. Davon abgesehen, enthielt sie nur die vier Silberstücke von Burrich. Vor ein paar Monaten hätte ich das nicht als nennenswertes Vermögen betrachtet; aber jetzt war es alles, was ich besaß, und ich nahm mir vor, nichts davon auszugeben, wenn ich es irgendwie vermeiden konnte. Darüber hinaus bestand mein Reichtum nur aus dem Ohrring, den Burrich mir geschenkt hatte, und aus der Anstecknadel von König Listenreich. Unwillkürlich griff meine Hand nach dem Ohrring. So lästig er auch sein konnte, wenn wir uns bei der Jagd durch dichtes Unterholz zwängten; ihn zu berühren vermittelte mir jedesmal ein Gefühl der Sicherheit – wie auch die Nadel in meinem Hemdkragen.
    Die Nadel, die nicht da war.
    Ich zog das Hemd aus und tastete den Kragen ab, dann das gesamte Kleidungsstück. Panik wallte in mir auf, aber ich beherrschte mich und zündete ein kleines Feuer an, um besser sehen zu können. Ich schnürte mein Bündel auf und nahm mir jedes einzelne Teil darin vor, nicht einmal, sondern zweimal und das, obwohl ich fast sicher wußte, wo die Nadel war. Der kleine Rubin in seiner silbernen Fassung steckte im Kragen eines Hemdes, das ein Toter trug, der vor einer Schäferhütte im hohen Gras lag. Ich hätte meinen Kopf darauf verwettet, und doch konnte ich mich nicht damit abfinden. Während ich verbissen meine Suche fortsetzte, wanderte Nachtauge im Kreis um mich und das Feuer herum und winselte leise, beunruhigt von einer Erregung, die er spürte, aber nicht verstand.
    »Still!« sagte ich gereizt und bemühte mich, Ordnung in meine Gedanken zu bringen, als stünde ich kurz davor, Listenreich Bericht zu erstatten.
    Der Abend, an dem es zum Bruch mit Burrich und Chade gekommen war. Ich hatte die Nadel herausgezogen und ihnen gezeigt und dann am Tisch gesessen und das Schmuckstück betrachtet. Seither hatte ich die Nadel nicht wieder bewußt in der Hand gehabt. Hatte ich sie herausgezogen, als ich am Bach meine Kleider gewaschen hatte? Hätte ich mich sonst nicht daran stechen müssen? Doch gewöhnlich schob ich die Nadel in einen Saum, wo sie kaum verlorengehen konnte. Ich wußte nicht, ob ich sie bei der Jagd verloren hatte oder ob sie tatsächlich noch am Kragen des Hemdes steckte, das ein toter Mann trug. Vielleicht war sie auf dem Tisch liegengeblieben und einer der Entfremdeten hatte das glänzende Ding an sich genommen.
    Es war nur eine Anstecknadel, sagte ich mir. Mit schmerzlicher Heftigkeit wünschte ich mir, sie unvermittelt zu finden, im Futter meines Umhangs, in meinem Stiefel. Hoffnungsvoll schüttelte ich nochmals beide Stiefel aus – nichts. Nur eine Nadel, ein kleines Stück ziseliertes Metall und ein glitzernder Stein. Nur das Unterpfand, das König Listenreich mir gegeben hatte, Symbol für die Blutsbande, die zwischen uns bestanden, aber niemals öffentlich eingestanden werden durften. Nur eine Anstecknadel, doch das einzige Andenken an meinen König und Großvater. Nachtauge winselte erneut, und ich fühlte den ungerechtfertigten Impuls, ihn anzuknurren. Sicherlich hatte er es gespürt; trotzdem kam er zu mir und schob die Schnauze unter meinem Ellenbogen hindurch, bis sein großer grauer Kopf an meiner Brust lag und mein Arm über seinen Schultern. Ich umschlang ihn fest, und er drehte sich und rieb seinen Hals an meinem Gesicht – eine Geste größten Vertrauens zwischen Wolf und Wolf, die ungeschützte Kehle den

Weitere Kostenlose Bücher