Die Legende vom Weltenverschlinger 1 - Angriff auf Maremora
helfen.«
Haemvil war erschüttert und verwirrt. »Mir selbst zu helfen?« echote er. Signar Stalrod nickte und setzte zu einer Erklärung an, doch der Älteste mit dem stechenden Blick kam ihm zuvor. »Habt Ihr in letzter Zeit schlecht geträumt?« warf er scharf ein.
Der maremoranische Krieger blinzelte und erinnerte sich instinktiv an den grauenhaften Alptraum, in dem seine Mutter aufgetaucht war und seltsame Kreaturen seine Familie gefoltert hatten. »Ja, sicher. Aber das ist doch nach einer Schlacht ganz normal«, stammelte er.
Doch der Älteste mit dem stechenden Blick in einem schmalen Gesicht und glatten, schwarzen Haaren ließ nicht locker. »Was habt Ihr geträumt?« schoss er seine nächste Frage ab und es klang wie das Zischen einer Natter.
In Haemvil regte sich Widerwillen. Sein Traum war nicht nur sehr intim gewesen, er war zudem selbst nicht bereit, über ihn nachzudenken und hatte ihn verdrängt. Schließlich erzählte er von seiner Mutter, verschwieg jedoch die Shakh, die er im Traum erblickt hatte. Wer weiß, was dieser unangenehme Älteste mit ihm sonst noch anstellen würde.
Nach Haemvils Antwort grinste der Älteste mit dem stechenden Blick allerdings triumphierend in die Runde und Signar Stalrod sah nicht glücklich aus, als er verkündete: »Es ist beschlossen. Ihr dürft in die Stadt zurückkehren, Haemvil Bralda, doch Ihr dürft sie nicht verlassen, solange wir Euch dies nicht erlauben. Kehrt morgen früh zurück.«
Aufgewühlt grüßte Haemvil und kehrte dem Rat den Rücken, auch wenn ihn viele Fragen quälten. Was hatte man noch mit ihm vor? Warum sollte er morgen früh zurückkehren? Es dauerte eine ganze Weile, doch erst als er wieder auf seinem Rappen saß und aus der Roten Stadt durch das Elbentor hinaus auf den Platz der Eidfeste ritt, hatte er sich wieder im Griff.
Letztlich war es nicht von Bedeutung, was ihn erwartete, sondern nur, dass er dem Rat bestmöglich diente. Wenn es für Maremora wichtig war, dann musste es nun einmal so sein. Haemvil entschied, dem Rat zu vertrauen, auch wenn ihm der Älteste mit dem stechenden Blick äußerst unangenehm war. Doch wer war er, dass er sich ein Urteil über jemanden bilden durfte, der weit über ihm stand und sicherlich auch mehr Lebenserfahrung, als er selbst besaß.
Er blickte zum Himmel, der allmählich dunkler wurde, denn die Sonne verschwand am Horizont. Obwohl er sich darauf freute, den Abend in der Taverne zu verbringen und das Beste aus der misslichen Lage zu machen, beschloss er, vorher einen Tempel aufzusuchen. Wenn sich der Rat Gedanken über seine Träume machte, konnte ein Schutzzauber sicherlich nicht schaden.
Schon wollte Haemvil einen Bürger fragen, wo der Tempel zu finden sei, als er bereits von Weitem das typische Aussehen eines Corinathalla-Tempels erblickte. Es bedurfte nur weniger Schritte, um sein Ziel zu erreichen, das ganz am Rand der Stadtmauer lag. Ein Hüsteln ließ Haemvil aufblicken und er sah hoch oben auf dem Wehrgang der Stadtmauer den Helm einer Stadtwache. Der Tempel nahm dann allerdings seine gesamte Aufmerksamkeit in Anspruch, denn er schmeichelte wie alle Horte dieser Göttin den Augen. Allerdings hatte der Krieger solch ein Wunderwerk wie diesen Tempel, der so versteckt am Rande Narmoras gelegen war, noch nicht gesehen.
Staunend betrachtete er das Kunstwerk durchbrochener Pfeiler und Mauern, das wie zartes Spinngewebe aussah, wenn man es mit den solide gebauten, umliegenden Häusern verglich. Weiß verputzt minderten einzelne Pfeiler und farbliche Verzierungen in der dunkelgrünen Farbe der Corinathalla die blendende Helligkeit. Der Tempel wurde zum Himmel hinauf immer jünger und jedermann, der ihn sah, konnte verstehen, warum dies das Haus einer Göttin war, die für die liebliche Musik der Heilung, des Friedens und der Harmonie sowie des Schutzes der Träume stand. Die filigrane, zerbrechlich wirkende Torkonstruktion wies zahlreiche, äußerst zierliche Miniaturstreben in den Zwischenräumen auf - ein Hinweis auf Musiksaiten und somit die Art der Magie, die Corinathalla zur Verfügung stand.
Genau in der Mitte des Torbogens war deutlich sichtbar das abstrakte Symbol der Göttin angebracht: drei Spiralen, zwei unten und eine genau über den beiden unteren, die allesamt in der Mitte über ein geschwungenes Band verknüpft waren. Die beiden unteren Spiralen standen für den Frieden respektive die Harmonie und die guten Träume. Die obere Spirale repräsentierte die alles überragende Kraft
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