Die Legende von Carter Prewitt
Hufgetrappel unter der sengenden Sonne heran. Carter hatte keine Ahnung, was die nächsten Minuten brachten. Wie eine Warnung vor Tod und Unheil zuckte es durch sein Gehirn. Das Rudel vermittelte einen unübersehbaren Eindruck von Wucht und Stärke. Carter Prewitt war voll gemischter Gefühle.
Sie ritten zwischen zwei Gebäuden hindurch in den Ranchhof. Carter Prewitt durchfuhr es wie ein Stromstoß. Er hatte den Reiter, der den Pulk anführte, erkannt. Die Verwunderung stand riesengroß in seinen Augen. »Gus Callagher!«, stieß er hervor. »Das darf doch wohl nicht wahr sein.«
Carter Prewitt senkte das Gewehr und verließ den Stall.
Die Pferde auf dem Ranchhof tänzelten unruhig. Die Reiter nahmen sie hart in die Kandare und zwangen den Tieren so ihren Willen auf. Aufgewirbelter Staub senkte sich. Ein Wiehern erhob sich.
Carter Prewitt registrierte, dass einige der Reiter Verbände trugen. Sie waren durchblutet und verschmutzt. Die Gesichter waren eingefallen von den Strapazen und bleich vom Blutverlust.
Carter Prewitt sah einen Haufen Geschlagener.
»Was hat euch zum Salado Creek verschlagen?«, fragte Carter Prewitt, der seine Überraschung noch immer nicht überwinden konnte.
»Wir sind in einen Hinterhalt des Sheriffs von Leakey geritten«, rief Gus Callagher staubheiser. »Meine kleine Armee wurde regelrecht aufgerieben. Nur uns, die du sehen kannst, gelang die Flucht. Wir sind Gejagte, Carter Prewitt. Ich dachte, wir können uns für einige Zeit auf der Triangle-P verkriechen. Du bist uns etwas schuldig, vergiss das nicht.«
Zuletzt klang die Stimme fest und fordernd.
Carter Prewitt sah in die Gesichter. Die Kerle verfügten über den typisch wachsamen Blick der Gesetzlosen. Das war nicht zu übersehen, auch wenn Müdigkeit und Erschöpfung Asche auf die Glut gelegt hatte. Sie waren aus unnachgiebiger Härte, Kampfgeist und allem, was unerbittlich und gnadenlos macht, zusammengesetzt.
Du hast die Mannschaft gefunden, die du gesucht hast!, durchfuhr es Carter Prewitt. Und laut sagte er: »In Ordnung, Callagher. Ihr könnt bleiben. Aber meine Hilfe hat einen Preis. Bist du bereit, dafür zu zahlen?«
»Nenn mir den Preis, und wir werden darüber sprechen.«
»Gut. Steigt von den Pferden. Fühlt euch auf der Triangle-P wie zu Hause.«
Buck, Kath Prewitt und Corinna kamen aus dem Haus. Misstrauisch musterten sie die heruntergekommenen Männer, die zum Teil noch die Rebellenuniform trugen und deren Gesichter von niedriger Gesinnung und einem hohen Maß an Verworfenheit geprägt waren. Kath Prewitt gefiel nicht, was sie sah. Alles an diesen Reitern schien ungewöhnlich und gefährlich, wild und unberechenbar zu sein …
Kapitel 11
Der 1. Juli brach an. Über dem Salado Creek hingen Nebelschwaden. Die erste Tageswärme trocknete den Tau auf den Gräsern. Zwei Fuhrwerke standen im Hof der Triangle-P Ranch mit jeweils vier Pferden im Geschirr. Die Wagen waren mit Möbeln und anderen Dingen bepackt, die die Prewitts nicht auf der Ranch zurücklassen wollten; Werkzeuge, Vorräte, Material, Sättel, Zaumzeuge, Lassos und lange Treiberpeitschen.
Die Männer, die mit Gus Callagher auf die Ranch gekommen waren, trieben etwa drei Dutzend Pferde aus dem Corral, in den sie sie am Nachmittag des vorherigen Tages gebracht hatten.
Kath Prewitt und Buck kletterten auf die Ladefläche eines der Wagen und machten es sich einigermaßen bequem. Die Fuhrwerke zu lenken übernahmen Carter Prewitt und James Allison. Joana Meredith leistete auf dem Wagenbock Carter Prewitt Gesellschaft, Corinna setzte sich neben James Allison. Mit dem erregenden Hauch von Fraulichkeit, den sie verströmte, schlug sie den Mann aus dem Val Verde County voll und ganz in ihren Bann. Und er spürte den Strom aus Zuneigung und Verständnis zwischen ihnen. Es war wie eine geheimnisvolle Allianz.
Peitschen knallten, als die Mannschaft die Pferdeherde in Bewegung setzte. Dicht quoll der Staub über den Ranchhof. Carter Prewitt setzte die Pferde im Geschirr in Bewegung. Sie legten sich in die Riemen und das Fuhrwerk begann zu rollen. James Allison fuhr ebenfalls an.
Sie schauten sich nicht um. Ihre Herzen waren schwer, in den Gemütern hatten sich Wehmut und Traurigkeit festgesetzt. Zwei Gräber, auf die die Frauen frische Wiesenblumen gelegt hatten, blieben zurück. Irgendwann würde der Wind die Grabhügel abgetragen haben, die Holzkreuze würden verrotten, und nichts mehr würde davon zeugen, dass die Erde die sterblichen
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