Die Legende von Shannara 01 - Brooks, T: Legende von Shannara 01
toleriert, gewiss, aber sie war nie von ihm angetan gewesen. Was auch der Grund war, warum sie nach dem Tod von Phrynes Mutter die Verbindung zu ihm vollständig abgebrochen hatte.
Auch dies hatte zweifellos ihr Gefühl bestärkt, ihre Enkelin sei die richtige Wahl, um die Elfensteine zu besitzen.
Aber auch wenn Phryne einräumte, dass ihre Großmutter Recht hatte und es ihrem Vater an der erforderlichen Charakterstärke fehlte, um die Magie der Elfensteine zu nutzen… warum sollte ausgerechnet sie die bessere Wahl sein? Gesetzt den Fall, sie nähme die Elfensteine zum Geschenk, welche Erwartungen lasteten dann auf ihr? Was sollte sie mit ihnen anfangen? Sie war keine Kämpferin und in der Kriegskunst ungeübt. Ja, sie war nicht einmal besonders stark. Nahm sie aber die Elfensteine, wäre ihr Platz dann nicht an vorderster Front der Elfenjäger im Kampf gegen die Invasionsarmee der Trolle? Denn nichts Geringeres wurde doch letztlich von dem erwartet, der über die Steine gebot.
Die Orullian-Brüder würden sich schon bei der bloßen Vorstellung lachend am Boden wälzen. Die Zwillinge, ihre Cousins, würden es ihr niemals durchgehen lassen, sollten sie je erfahren, dass sie dergleichen auch nur in Erwägung zog.
Sie hatte ein so ungutes Gefühl bei der Sache, dass sie sich auf der Stelle entschied, die angebotenen Elfensteine ihrer Großmutter zurückzuweisen. Selbst wenn Mistral Belloruus Recht haben und ihr Vater der falsche Kandidat sein sollte, um über die Magie zu gebieten, machte das Phryne noch immer nicht zur besseren Wahl. Ein anderer konnte dem Elfenvolk bessere Dienste erweisen. Jemand mit Erfahrung, der schon sein ganzes Leben dem Ziel verschrieben hatte, den Leuten Gutes zu tun. Es spielte keine Rolle, dass ihr so spontan keine passende Person einfiel. Mit etwas Geduld würde ihr schon ein Name einfallen. Oder auch zwei.
Bestimmt.
Sie grübelte noch darüber nach, wie sie das alles ihrer Großmutter erklären sollte, als ihr Vater den Raum betrat und sich ihr gegenüber auf einen Stuhl setzte. Sie schaute ihn erwartungsvoll an, weil sie nicht wusste, was er von ihr wollte.
»Ich wurde zu einem Treffen mit Isoeld geladen«, sagte er nach einer Minute und schien nicht genau zu wissen, wie er vorbringen sollte, was er zu sagen hatte. »Sie sagt, es hätte etwas mit unserer Beziehung und mit meinem Amt als König der Elfen zu tun. Sie wünscht, auch dich zu sehen. Hast du irgendeine Ahnung, was das soll?«
Dies war Phrynes Chance, etwas über Isoelds Affären mit anderen Männern zu erzählen, davon, dass sie ihren Ehemann betrog. Schließlich war es ja möglich, dass sie sich wegen ihres Benehmens so sehr schämte, das sie das Richtige tun und als Königin zurücktreten wollte. Phryne hätte das gerne geglaubt, aber es wollte ihr nicht gelingen, sich selbst davon zu überzeugen. Nichts an Isoeld ließ darauf schließen, dass sie auch nur das Wort Scham kannte.
Also schüttelte sie lediglich den Kopf. »Nein, habe ich nicht.«
Ihr Vater nickte und wirkte geistesabwesend. »Vielleicht habe ich sie mit irgendetwas verärgert und sollte sie um Verzeihung bitten…«
»Vielleicht hast du auch überhaupt nichts falsch gemacht!«, ereiferte sich Phryne, die sich diesen Unsinn nicht anhören wollte. »Vielleicht ist sie diejenige, die einen Fehler begangen hat und sich bei dir entschuldigen muss.«
Ihr Vater sah verwirrt aus. »Was meinst du damit? Was sollte sie deiner Meinung nach denn Falsches getan haben?«
Phryne zuckte die Achseln. »Gar nichts. Ich meine nur, du solltest nicht gleich vermuten, du hättest einen Fehler gemacht.«
»Das klang aber gerade noch ganz anders.« Ihr Vater schüttelte den Kopf. »Ich dachte, ihr zwei würdet jetzt besser miteinander auskommen.«
»Das tun wir auch«, log sie. Sie machte eine vage Geste zur Tür. »Kommt sie für das Treffen her? Oder sollen wir zu ihr gehen? Wann soll es eigentlich stattfinden?«
»Sofort. In der Bibliothek. Bist du bereit?«
Sie würde nie zu irgendetwas bereit sein, das mit Isoeld zu tun hatte, außer es ginge darum, ihrem Vater dabei zuzusehen, wie er das Früchtchen mit einem Tritt in die Kehrseite zur Tür hinausbeförderte, aber sie vermutete, sie konnte sich dem Treffen schlecht verweigern. Nachdem sie bereits die Vorladung mit ihrer Großmutter hinter sich gebracht hatte, würde sie es nach dieser Verabredung begrüßen, einen Monat lang höchstens zum Abendessen geladen zu werden.
Sie verließen den Raum und gingen durch
Weitere Kostenlose Bücher