Die Legende von Shannara 02: Die Herrschaft der Elfen
gewollt.
Bis jetzt. Bis er Phryne Amarantyne kennen gelernt hatte.
Er atmete tief durch, um sich zusammenzureißen. Ganz offenbar war das Problem nicht dadurch gelöst worden, dass sie ihren körperlichen Kontakt unterbrochen hatten. Er war immer noch abgelenkt, dachte immer noch über sie nach, fragte sich immer noch, was aus ihnen werden würde. Er wusste es, und gleichzeitig wusste er es nicht. Jedenfalls nicht sicher. Er würde es auch nicht sicher wissen, bis sie die Aufgabe, die gerade vor ihnen lag, gemeistert hatten.
Er schmeckte immer noch ihre Lippen auf seinen, stellte sich den Moment immer noch bildlich vor, zwang sich, beides zu unterdrücken, an eine andere Stelle seines Bewusstseins zu schieben und lieber auf das zu achten, was um sie herum passierte.
In den wenigen Stunden, die ihnen bis zum Einbruch der Nacht blieben, änderte sich die Umgebung nicht sonderlich. Der Wald sah genauso aus wie vorher, und die von Moosen und Flechten überzogenen Bäume bildeten um sie herum ein schier endlos wirkendes Labyrinth; nur ihre Schatten wurden länger, als die Sonne allmählich nach Westen wanderte. Die ganze Zeit über sahen sie nichts anderes als Bäume. Nicht einmal Vögel hatten sich hier eingenistet; nicht einmal kleinste Lebewesen. Er vermutete zwar, dass es Insekten gab, aber sie zeigten sich nicht. Das war wahrlich ein Friedhof, ebenso unheimlich und leer wie die unterirdischen Bestattungsgründe der Gotrins. Solange noch Tageslicht herrschte, konnten sie sehen, was um sie herum existierte und was sich möglicherweise als gefährlich erwies. Aber als langsam das Zwielicht einsetzte und das letzte Tageslicht verblasste, wurde es immer schwieriger, sich dessen zu vergewissern, selbst für Panterra, dessen Sehkraft ausgezeichnet war und der außerdem auch darin ausgebildet war, sich in der Dunkelheit zurechtzufinden.
»Wir müssen einen Unterschlupf suchen«, sagte er Phryne.
Das waren die ersten Worte, die er seit dem Kuss zu ihr gesagt hatte, und sie fühlten sich gezwungen und irgendwie unbeholfen an. Panterra bemühte sich so zu tun, als wäre er nicht verlegen, als wäre das, was geschehen war, Vergangenheit und als wäre alles wieder so, wie es gewesen war. Aber er glaubte nicht, dass es ihm gelang, sie zu täuschen, und sich selbst konnte er ganz bestimmt nichts vormachen.
Er sah sich um, als sie durch den Wald gingen, suchte nach einer geeigneten Lagerstelle. Nach etwa zwanzig Minuten sah er ein Gewirr aus umgestürzten Baumstämmen, die einen nach drei Seiten abgeschirmten, improvisierten Unterschlupf boten. Zwar würden sie sich dort nicht vollkommen verstecken können, aber die Stelle würde ihnen einen zumindest geringen Schutz spenden. Allerdings glaubte er nicht, dass sich in diesem toten Wald irgendetwas versteckte, was ihnen Probleme bereiten würde oder sich ihnen auch nur zeigen würde; aber sie sollten kein Risiko eingehen.
Er führte Phryne in das Gewirr aus Zweigen und Stämmen. Dann suchte er einige abgestorbene Äste und Zweige, die nicht allzu weit entfernt lagen, und zerrte sie zu ihrem Unterschlupf, um auch den Eingang zu verschließen. Als er fast fertig war, trat er hinein, zog den letzten Ast hinterher und versperrte den Eingang.
»Jetzt sollten wir einigermaßen sicher sein«, erklärte er und lächelte Phryne so beruhigend an, wie er konnte.
»Das hoffe ich sehr«, erwiderte sie und sah ihn missbilligend an. »Denn jetzt sind wir hier eingeschlossen.«
Sie lehnte sich an die dicken Stämme und beobachtete seine Reaktion. Als sie seine Verblüffung bemerkte, lachte sie. »Sieh nicht so ernst drein, Pan. Es ist schon gut. Ich weiß, dass du uns nur in Sicherheit bringen wolltest. Komm her, setz dich neben mich.« Er ging zu ihr und lehnte sich an den Stamm neben sie. Er spürte die Wärme ihrer Schulter und ihres Armes und fühlte mehr, als er sah, wie sie ihn betrachtete.
»Hast du dir jemals ausgemalt, dass dein Leben sich so schlagartig so vollkommen ändern würde?«, erkundigte sie sich.
Er schüttelte den Kopf. »Ich habe nicht einmal daran gedacht, dass es sich überhaupt ändern könnte. Ich dachte, es wäre alles geregelt. Ich habe mir vorgestellt, dass ich als Fährtenleser arbeiten würde, zusammen mit Prue, solange ich lebe. Ich nehme an, ich sehe das immer noch so, obwohl ich weiß, dass die Dinge sich geändert haben.«
»Denk nach. Du wolltest diese Veränderung nicht. Du hast nicht darum gebeten, sondern sie ist einfach passiert. Niemand hat dich
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