Die Legende von Shannara 02: Die Herrschaft der Elfen
eingeritzt waren. Sehr beeindruckend. Weißt du zufällig, was daraus geworden ist?«
Zum zweiten Mal fixierte sie ihn mit einem scharfen Blick ihrer grünen Augen, und diesmal war kein Irrtum möglich … er hatte sich verraten. Sie lächelte, streckte die Hand aus und nahm ihm den Becher aus der Hand.
»Ich kann mir nicht vorstellen«, meinte sie beiläufig, »wieso es für dich, einen vagabundierenden Lumpensammler, der Sider Ament nur einmal getroffen hat, von Bedeutung sein soll, was aus dem schwarzen Stab geworden ist.«
Er zwang sich, beruhigend zu lächeln. »Es ist nicht wichtig. Ich bin einfach nur neugierig.«
Sie stand auf. »Das bezweifle ich sehr. Und ich bezweifle ebenfalls, dass du das bist, was du zu sein vorgibst. Es war interessant, dich kennen zu lernen, aber ich glaube, du gehst jetzt besser.«
Er stand mit ihr auf, machte jedoch keine Anstalten zu gehen. »Du bist eine sehr aufmerksame Lady. Vielleicht hast du ja auch bereits erkannt, dass ich nur selten gehe, ohne zu bekommen, weswegen ich gekommen bin. In diesem Fall waren es nur Informationen. Sollte man sie mir verweigern, überlege ich mir vielleicht, zurückzukommen und mehr zu verlangen.«
Sie lächelte ihn eisig an. »Es haben bereits andere den Fehler gemacht zu glauben, dass das so einfach wäre. Du kannst ihren sterblichen Überresten im Wald gern einen Besuch abstatten.«
Sie war nur eine Frau, die zwei Becher Tee in den Händen hielt und keinerlei Waffen trug. Aber etwas an der Art und Weise, wie sie das sagte, gab ihm zu denken.
Doch da war es bereits zu spät.
»Guten Morgen, Brickey.« Sie begrüßte jemanden, der hinter ihm stand.
Der Lumpensammler drehte sich herum und sah sich einem knorrigen kleinen Mann gegenüber, der eine widerspenstige schwarze Haarmähne und ein schiefes Lächeln hatte und scheinbar aus dem Nichts aufgetaucht war. Er strahlte etwas Gefährliches aus, was der Lumpensammler sofort witterte. Gewiss, er konnte sich seiner entledigen, denn der kleine Mann war ihm nicht gewachsen. Aber es stand außer Frage, dass dies Aufmerksamkeit erregen würde, und das wollte er nicht.
»Kann ich behilflich sein, Aislinne?«, rief der Mann namens Brickey, ohne ihren Besucher auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen.
Der Lumpensammler verbeugte sich vor Aislinne Kray. »Ich habe deine Gastfreundschaft überstrapaziert. Ich möchte mich entschuldigen. Ganz gewiss werde ich das, was ich brauche, woanders finden. Schönen Tag noch.«
Ohne den kleinen Mann oder Aislinne Kray noch eines Blickes zu würdigen, drehte sich der Lumpensammler um und ging davon. Er spürte den Blick der Frau in seinem Rücken, was ihn zu einem Lächeln veranlasste. Es war ihr vielleicht nicht klar, aber er war noch lange nicht mit ihr fertig.
Er würde später zurückkommen und ihr einen zweiten Besuch abstatten.
KAPITEL 14
Skeal Eile saß auf einer Couch in einem winzigen Salon im Amarantynepalast und wartete auf Isoeld Severin, obwohl seine Geduld allmählich überstrapaziert wurde. Er war vor einer Stunde angekommen, an einer Hintertür des Palastes, wie instruiert, und war dort von einem Soldaten der Heimatgarde erwartet worden. Ohne ein Wort des Grußes hatte der Soldat ihn durch etliche Korridore zu diesem Raum geführt, ihn hineingescheucht und Eile dann sich selbst und seiner Fantasie überlassen.
Der Seraph hatte zwar nicht damit gerechnet, dass ihn die frisch verwitwete Königin der Elfen an der Spitze einer Heerschar von Bewunderern, die seinen Namen riefen oder ihm Blumen vor die Füße streuten, empfangen würde. Trotzdem hatte er eine etwas bessere Behandlung erwartet. Außerdem hatte er angenommen, die Königin wäre besser auf den Tumult vorbereitet, der zwangsläufig der Ermordung des Königs und der Einkerkerung seiner Tochter als angebliche Mörderin folgen musste. Doch ganz offenbar hatte er sich geirrt. Isoeld Severin hatte sich hinter die Mauern des Palastes zurückgezogen und jeden Kontakt zu ihrer Umgebung abgebrochen, mit Ausnahme einiger weniger vertrauter Berater und ihrer schwer bewaffneten Leibgarde. Abgesehen von Teonette, obwohl sich Eile in diesem Punkt nicht sicher war, wurde angeblich niemand zu ihr vorgelassen.
Sie war unmittelbar nach dem Ableben des Königs vor den Hohen Rat zitiert worden, und man hatte ihm geschildert, dass sie diese Situation sehr gut bewältigt hätte. Sie hatte höchst beredt davon gesprochen, wie gut ihr Ehemann dem Elfenvolk gedient hätte, und ihre Absicht kundgetan,
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