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Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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gepackt.
    Ich brauche Erklärungen. Gàlaidon verließ das Haus so unbemerkt, wie er es betreten hatte, und begab sich vor die Eingangstür. Er betätigte artig den Glockenzug und wartete, dass man ihm öffnete.
    Er hörte das melodische Spiel, das durch ihn in Gang gesetzt wurde, vernahm das Echo, das durch die Galerie und die Korridore hallte.
    Doch niemand kam, um dem Besucher die Tür zu öffnen.
    Sind alle verreist? Er machte zwei Schritte zurück, um die Fassade und Fenster genauer zu mustern. Ich sehe keine Bewegung, die …
    »Gàlaidon?«, vernahm er eine helle Stimme in seinem Rücken.
    Ahisiá , dachte er im ersten Moment.
    Er drehte sich halb um und erkannte die junge, brünette Lanòri auf der anderen Seite der Straße in einem dunkelgoldenen Ornamentkleid vor der Tür stehen. Sie schien eigens für ihn herausgekommen zu sein und hielt einen Krug sowie ein Glas in der Hand.
    »Ich grüße dich.« Er zeigte auf das Anwesen des Künstlers. »Sind sie verreist?« Dabei versuchte er, so entspannt wie möglich zu klingen.
    Lanòri reichte ihm das Gefäß, in dem Wein schwappte, der nach Kräutern roch, als sei er mit einer Arznei versetzt. »Du kehrtest soeben zurück, nehme ich an.« Sie lächelte schwach.
    Ist das Mitleid in ihren Augen? Er nahm den Wein und stürzte ihn hinab. »Ich bitte dich, sag mir, was vorgefallen ist!«, verlangte er und ärgerte sich, dass man ihm die Sorge so deutlich anhörte. Das stand einem angehenden Meistermörder nicht.
    Sie erbleichte. »Dann bin ich die Erste, die dich spricht?« Ansatzweise schüttelte sie den dunklen Schopf. »Ahisiás Familie ist zerbrochen, alle sind weggezogen und haben das Haus sich selbst überlassen. Seit dem Tod ihrer Tochter …«
    Gàlaidon ließ das Glas fallen und packte sie an der Kehle. »Nein«, wisperte er. »Niemals. Sie kann nicht gestorben sein!«
    Lanòri sah ihn trotz ihrer Angst weiterhin mit einem Hauch Mitleid an. »Es geschah bereits vor einiger Zeit«, krächzte sie. »Lass mich los, damit ich es dir erkläre.«
    Gàlaidon drückte langsam weiter zu. »Nein. Ich will nichts erklärt bekommen. Ich will es nicht hören und nicht glauben!« Er unterdrückte das Schluchzen und nahm schließlich die Finger von ihrem Hals, sackte auf den Stufen zusammen.
    Lanòri setzte sich hustend neben ihn, reichte ihm den Krug, den er in beide Hände nahm, ohne daraus zu trinken. »Ihr Vater erzählte mir, dass in der Akademie ein Unglück geschah. Anscheinend verlief ein Experiment nicht wie vorgesehen«, begann Lanòri ihren Bericht und musste sich mehrmals räuspern. »Es gab Tote, manche sprechen gar von Hunderten, was ich nicht glaube.«
    »Ein Experiment.« Gàlaidon erinnerte sich vage, dass Ahisiá den Zweikampf erwähnte, zwischen dieser Marandëi und dem Meister. Soll es dabei zur Katastrophe gekommen sein? Oh, ich warnte sie! Ich hatte sie so sehr davor gewarnt, in der Nähe zu sein!
    »Genaueres ist nicht bekannt geworden, aber wir alle sahen die enorme, schwarze Wolke, die sich für kurze Zeit über der Akademie bildete.« Lanòri legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Du bist nicht alleine mit deiner Trauer, Gàlaidon. Wir vermissen sie auch.«
    Und was bringt mir das? Mindert es meinen Verlust? Macht es mein Leben fortan einfacher? Er stellte den Wein neben sich, ohne noch einen Schluck genommen zu haben, schenkte der Albin ein Lächeln und erhob sich. »Lebewohl, Lanòri. Danke für den Trunk. Und verzeih mir, dass ich dich so hart anpackte.«
    Gàlaidon ging langsam zum Feuerstier, machte ihn los und stieg in den Sattel. Er verließ die kleine Stadt, ohne sich noch einmal umzudrehen, wie er es früher stets getan hatte.
    Er ließ das Tier entscheiden, wohin es traben wollte, er hatte kein Ziel, und seine Gedanken waren zu aufgewühlt.
    Das nächtliche Wèlèron zog an ihm vorbei, doch Gàlaidon hatte keine Augen für die Schönheit der Umgebung und das Funkeln am Firmament.
    Ich dachte ständig an sie. Ihr Bild hielt mich in Ishím Voróo aufrecht, gab mir Kraft und Zuversicht. Und nun soll mir ihre Existenz vorkommen wie ein Traum? Er atmete schneller. Vergangen. Verloren. Und ich vergeudete unsere Zeit, die wir hätten haben können, indem ich durch die Ödnis reiste, um für Virssagòn Andenken zu sammeln!
    Gàlaidon riss den Stier plötzlich herum. Er wollte zurück in seine Unterkunft bei Virssagòn.
    Sein Verstand beruhigte sich nicht. Mehr und mehr kam ihm sein Tun, sein Streben nach einem Dasein als Meistermeuchler

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