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Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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unsinnig vor.
    Er stellte sich vor, was Ahisiá zugestoßen war, wie sie gelitten haben musste, wie sie gar seinen Namen geschrien hatte, damit er kam und sie rettete.
    Aber ich war in Ishím Voróo, brachte Scheusale um und hielt mich für den besten Anwärter, den es jemals in dieser Schule gab und geben wird. Was sind diese Erfolge, gemessen an meinem Verlust?
    Er jagte über den Innenhof und sprang auf den Boden, ohne den Stier in die Stallungen zu bringen.
    Die Verzweiflung über Ahisiás Dahinscheiden bohrte sich tiefer und tiefer in ihn, rüttelte an seinen Überzeugungen, an allem, was er sich erarbeitet hatte.
    Ständig hämmerte der Gedanke in ihm, er habe die gemeinsame Zeit vergeudet. Er, er ganz alleine.
    Weil ich dachte, wir seien unsterblich. Gàlaidon schlich die Treppen des Hauptgebäudes hinauf, ging durch die Halle und bog in den Gang ab, der zum Laboratorium führte. Hier mischten Virssagòns Heiler die Salben und Tränke, um Verwundete schneller gesunden zu lassen.
    Doch wir sind nicht unsterblich. Die Endlichkeit lauert überall.
    »Samusin, Gott der Winde und des Ausgleichs, und Inàste, meine Schöpferin, ich rufe euch an«, murmelte er und betrat den Raum mit den Tiegeln, Töpfen und sonstigen Gerätschaften, die man zum Destillieren, Kochen und Anfertigen von Elixieren und Essenzen benötigte. Lasst mich herausfinden, wie viel Zeit ich noch habe – und was ich mit ihr tun soll, da Ahisiá nicht mehr lebt. Ich lege meine Unsterblichkeit in eure Hände.
    Wahllos schüttete er Pülverchen und Flüssigkeiten in einem Mörser zusammen, mischte sie grob und gab einen Schuss Wasser hinzu.
    Es roch augenblicklich stechend; alleine der graublaue Dampf bescherte ihm Schwindel.
    Gàlaidon setzte das Gefäß an die Lippen. Zeigt mir meinen Weg. Dann trank er es restlos aus.
    Als der letzte Tropfen aus dem Mörser in seinen Mund und seinen Schlund hinabglitt, begann sein schier endloser Rausch, der durch nichts mit Worten zu beschreiben war.
    Oben wurde zu unten, Farben rochen, Geräusche wurden zu Musik, er schwebte und stürzte zugleich, er fühlte sich gleich einem Riesen, dann winziger als eine Laus.
    Er drehte sich um sich selbst, dann stand er still, und die Welt drehte sich für ihn weiter, bunt und laut, leise und grau, mitten in der Nacht schien die Sonne, und plötzlich fallender Schnee brannte und brannte und brannte …
    Gàlaidon fand sich auf einer Liege im Krankenlager wieder.
    Die Helligkeit um ihn herum verriet den angebrochenen Tag.
    Er hatte das Gefühl, die Augen die ganze Zeit über nicht geschlossen zu haben, obwohl er geschlafen haben musste. Oder starrte ich die ganze Zeit an die Decke?
    Von draußen klangen Befehle, das Klirren von Waffen und Scheppern von Schilden. Es wurde geübt, wie stets auf dem Hof.
    Nur dass er dieses Mal nicht dabei war.
    Der Alb lauschte in sich, fühlte jedoch keine körperliche Veränderung, die auf die Einnahme des selbst angerührten Mittels zurückging. Meine Hände kribbeln, und …
    »Hättest du eine Prise mehr von dem Stechapfel genommen, wärst du in die Endlichkeit gegangen«, vernahm er die sonore Stimme seines Meisters, der sich irgendwo im Schatten aufhalten musste.
    »Wie lange …« Gàlaidons Stimme kratzte, sein Hals schmerzte.
    »Elf Momente der Unendlichkeit dauerte dein Rausch an, dann verfielst du in eine Starre, in der du wiederum elf Momente weiltest.« Virssagòn trat an das Bett. »Weïdori und Phainòri verlangten nach deiner Tat, dass ich dich aus meinen Diensten entlasse.« Der Blick ruhte forschend auf ihm. »Sollte ich das, Gàdion?«
    Gàlaidon lauschte erneut in sich und ergründete seine Gefühle – doch er spürte nichts. Es ist mir gleich , stellte er erstaunt fest. Es ist mir alles gleich. Doch … da die Götter entschieden, mich am Leben zu lassen, muss ich ihren Willen erfüllen.
    »Der Verlust deiner Gefährtin verwirrte dich. Ich entschuldige das, weil du jung bist und deine Ausbildung noch nicht abgeschlossen ist.«
    »Ich danke dir, Virssagòn. Und ich habe mich entschieden, die Ausbildung fortzusetzen.« Gàlaidon richtete sich auf.
    »Im Andenken an deine Gefährtin?«
    »Nein. Weil ich es will.«
    » Das ist der einzige wahre Grund. Jede andere Antwort hätte dich zurück zu den Kriegern geführt.« Virssagòn griff nach einem kleinen, polierten Silberspiegel, der auf dem Wandregal stand, und hielt ihn vor Gàlaidons Augen. »Was immer du gemischt hast, es hinterließ seine Spur an dir.«
    Im Schwarz

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