Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)
und der mit einem Ausguss ausgestattet war, sorgte für beständiges warmes Nass.
Der Alb gab wohlriechende Essenzen hinein, legte die Kleidung ab und stieg in die Wanne.
Wundervoll. Und die anderen sitzen im stinkenden Loch eines Barbarenpacks. Seine Muskeln lockerten sich, der aufsteigende Duft entspannte ihn zusätzlich. Er kostete die Auswahl an verschiedenen Käsesorten, dazu die süßen und scharfen Marmeladen, genoss die eingelegten Trauben und nicht zuletzt das marinierte Fleisch, das alleine durch Einlegen gegart worden war.
Arviû döste danach leicht vor sich hin, bis es ihm zu kühl im Wasser wurde, dann verließ er die Wanne, hüllte sich in ein großes Leinentuch und wechselte ins Schlafzimmer. Er versank in Schlummer, kaum dass sein Kopf das Kissen berührt hatte.
Doch es wollte sich keine Erholung einstellen.
Ein Traum suchte den Alb heim, wie er ihn niemals zuvor erlebt hatte. Denn seit dem Verlust seines Augenlichts wurden die Bilder, die ihm seine Vorstellungskraft erschuf, wahrhaftiger als das echte Dasein. Das half zwar im Wachzustand, sich bestens zurechtzufinden, doch es peinigte ihn, wenn es sich um Träume handelte.
Es begann damit, dass er in gleißende Helligkeit blickte, blendend und sengend wie eine heiße Lohe. Was geht mit mir vor?
Plötzlich vernahm er elbische Gesänge, die näher und näher kamen. Noch immer war das Gleißen auf ihn gerichtet, sodass er nichts erkannte.
»Was wollt ihr?«, schrie er und hob die Hände, um sich zu schützen. »Ihr entkommt mir nicht! Das Licht schützt euch nicht vor mir!«
Mit einem Mal wurde es dunkel, und die Elben lachten ihn aus.
» Du wirst uns nicht finden«, wisperten sie gleichzeitig. »Aber wir sehen dich . Wir reißen dir jedes Glied einzeln aus dem Körper, und dann halten wir dich als Krüppel für den Rest deiner Unsterblichkeit zu unserem Vergnügen am Leben. Wir verspotten dich tagaus, tagein. Bespucken dich. Treten dich. Werfen Unrat nach dir.«
Ihr schrilles Kreischgelächter schmerzte in seinen Ohren, und wieder wurde es so grell, dass es weh tat.
Arviû keuchte und wand sich, doch er konnte sich nicht aus dem Traum befreien. Ich … nein! Ich gehe nicht vor euch in die Knie!
Stattdessen griff er auf seine albischen Kräfte zurück und versuchte, das elend peinigende Strahlen mit Dunkelheit zu erdrücken und zum Ersterben zu bringen. Mit aller Macht, die ihm das Truggebilde des Schlafs erlaubte, kämpfte er gegen das Gleißen an.
Dann stand er plötzlich in Schwärze, aus der sich die Umrisse eines gerüsteten Unterirdischen schälten, dessen Glatze über und über mit düsteren Tätowierungen versehen war.
Er hielt einen blutigen Streithammer mit beiden Händen, um ihn herum stapelten sich die Leichen von erschlagenen Zwergen mauerhoch. In seinem ebenfalls mit Runen verzierten Gesicht hafteten rote Spritzer und Schlieren. Den langen Bart hatte er in Teilen dunkelblau gefärbt und mit Knochenstückchen verziert. Angriffslustig senkte er den hässlichen Schädel und bleckte die kräftigen Zähne, knurrte.
Du wirst mich nicht bekommen! Arviû riss seine Wurfdolche in die Höhe, um den Feind zu erledigen. Weswegen erschlug er seine eigenen Leute? Fieberhaft suchte er nach einer Erklärung, die sich in seinem Hinterkopf verborgen hielt. Existierte nicht eine Fehde, die …
Da gab es einen Schlag, und der Unterirdische war verschwunden.
Wieder ein Schlag.
Noch ein Schlag …
Arviû schoss im Bett hoch – und vernahm das laute Pochen gegen seine Tür. Es gehörte nicht zu seinem Traum.
Was … hatte das zu bedeuten? Schweißnass lag er zwischen den Laken, sein Herz pumpte heftig und laut in seiner Brust. Neben sich hörte er die Vena-Katzen fragend maunzen. Sie sorgten sich um ihren Herrn.
Die Wärme auf seinem Gesicht sagte ihm, dass es schon lange Tag sein musste. Von irgendwo oberhalb der Kante fiel eine Reflexion der Sonne in den Krater, in sein Fenster.
»Ich komme«, rief er krächzend, räusperte sich. »Einen Moment«, setzte er lauter hinzu und erhob sich. Schwindel packte ihn, er fühlte sich ausgelaugt und sehr hungrig. Ich hätte gestern mehr essen sollen.
Rasch stieg er in ein frisches, knielanges Unterhemd; zusätzlich umwickelt mit dem Leinentuch schritt er aus dem Schlafzimmer zum Eingang. Er nahm seinen Stab und öffnete. »Wer ist da?«
»Ich bin es: Virssagòn«, vernahm er die samtene Stimme des Meistermörders. »Oh, entschuldige. Ich sehe dich frisch dem Bett entstiegen. Ich dachte
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