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Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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was ihm entging. Nichts und niemand vermochte es, den Blinden zu überraschen, solange die Vena-Katzen in seiner Nähe waren.
    Arviû vernahm die Verwünschungen sehr genau, die man ihm nachrief, und beschleunigte seine Schritte, um vor der Truppe in der Hauptstadt des entstehenden Albaereichs zu sein. Das würde ihre Schmach verdoppeln: von einem Blinden bezwungen und sogar noch später als er in die Stadt zurückgekehrt zu sein.
    Mit jedem Schritt wuchsen sein Stolz und seine Zufriedenheit.
    Welch gelungene erste Prüfung! Arviû fühlte sich bereit, gegen zehn erfahrene Krieger zu bestehen, und dann würde er bald schon seine Elbenjagd beginnen.

    Das unentwegte Laufen von Meilen um Meilen in der Vergangenheit machte sich bezahlt. Arviû hielt die enorme Geschwindigkeit durch und gelangte in der Nacht vor der Truppe in den Krater zurück, in dem der neue Mittelpunkt des Albaereichs entstand, auch wenn seine Beine wie Feuer brannten und das Luftholen mit einem leichten Pfeifen einherging.
    Schon von Weitem vernahm er das Rattern der Winden und Seilzüge, das Knarren der Holzbalken, die unter der Last stöhnten, und das Knallen von Peitschen. Die Sklaven wurden angetrieben, bei Tag und bei Nacht. Der Mittelpunkt des Albaereichs nahm mit jedem Splitter der Unendlichkeit mehr Gestalt an.
    Arviû hatte es aufgegeben, mit Samusin wegen des Verlusts des Augenlichts zu hadern, doch er empfand es als kaum erträglich, den entstehenden Glanz nicht sehen zu dürfen.
    Anhand des Modells, das Carmondai hatte anfertigen lassen, ertastete er, wie das schwarze Herz von Dsôn Balsur aussehen würde.
    Als Bausubstanz vorgesehen war neben Steinen überwiegend Schwarzholz: hart und doch leicht zu behauen. Die Gebäude sollten eckig, doch mit verspielten Vorbauten, wunderschönen Einschüben, Säulen und Kuppelanbauten versehen werden.
    Er erinnerte sich an ineinander verdrehte Turmstücke und enorme Halbkugeln, die von Säulen getragen wurden. Knochenperlen sollten die Wege bedecken, wenn alles fertig errichtet stand. Carmondai berichtete ihm von den Intarsien, den Schmucksteinen und dem Tionium, von Legierungen, die erst bei Nacht und im Glanz der Gestirne schimmerten.
    Das würde ich wirklich gerne sehen. An der Größe des Beinturms, den die Baumeister als Residenz für die Unauslöschlichen vorsahen, ließ sich errechnen, wie viele Scheusale und Bestien die Albae noch töten mussten, um dieses Monument auf dem meilenhohen Berg zu errichten.
    Arviû sah sich als Verantwortlicher, wenn es um das Elbenbein ging. Gerade deswegen musste er hinaus, in die Weiten von Tark Draan, und die Letzten der verhassten Spitzohren finden – wo immer sie sich verkrochen.
    Sféa, Lârc, Ûsh und Arà rückten näher an ihn heran und lenkten seine Schritte durch leises Maunzen, was zugleich Rückmeldung über die Beschaffenheit des Geländes gab.
    Arviû schlug den Ring gegen den Stab, der helle Echoklang machte Hindernisse auf seinem Weg deutlich. Fuhrwerke mit grob behauenen Steinen und langsamere, gewaltige Trosse mit Sklaven, die in erster Linie aus Barbaren bestanden, strömten auf Dsôn zu. Sie wurden in rauen Mengen dorthin geschafft, um niedere Arbeiten zu verrichten, wie das Bedienen der Kurbeln für die verschiedenen Kräne und Seilzüge.
    Arviû passierte sie nacheinander und eilte den gewundenen Pfad in den Kraterkessel hinab. Ich freue mich auf ein Bad, etwas zu essen und mein Bett , dachte er und spürte seine Beine kaum mehr vor Anstrengung.
    Am Boden angekommen, lief er durch die riesige Baustellen, wo ihm das Klopfen, Hämmern, Sägen und die anderen Geräusche brauchbare Echos lieferten, um sich orientieren zu können.
    Ohne auf die Hilfe seiner vier Lieblinge angewiesen zu sein, erreichte er nach einiger Zeit sein Haus am Fuß des Berges, auf dem sich der Beinturm des Herrscherpaares erheben sollte.
    Er öffnete die Tür und vernahm einen fremden Geruch, der schwach in der Luft hing. Er hatte Besuch erhalten, der sich nicht zu erkennen geben wollte.
    Sféa, Lârc, Ûsh und Arà drängten sich an ihm vorbei in die Unterkunft. Das vielstimmige, warnende Grollen machte es zur Gewissheit: Jemand wartet auf mich . Er stieß einmal mit dem Stab auf.
    Das Echo zeigte ihm einen Alb in der rechten Ecke seiner Stube, nahe des Kamins. Er saß im Sessel und schien zu schlafen, wie die entspannte Haltung verriet. Auf den Knien ruhte ein dickes, geschlossenes Buch.
    Carmondai. Mit einem geschnalzten Befehl zog er die Vena-Katzen zurück, die

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