Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)
weit mit Widerhall kommen, sondern sich auf sein Tasten verlassen müssen.
Ausgerechnet jetzt! Arviû keuchte, rollte sich auf den Rücken und hielt sich bereit, auf den Angriff des lauernden Elbs reagieren zu können.
Dabei berührte er einen weichen, warmen Widerstand, den er unverzüglich mit steifen Fingern abtastete.
Die Größe des erkaltenden Leichnams, die Behaarung, die groben Kleidungsstücke sowie der Gestank passten zu einem Troll, dem man Wanst und Kehle aufgeschlitzt hatte.
Das Werk des Elbs! Arviû rutschte auf Knien über den Schnee und durch den Sturm, um nicht von der Naturgewalt emporgeschleudert zu werden, und fand auf dem stumpfen Gipfel drei weitere Scheusalkadaver, allesamt von scharfer Klinge umgebracht.
In der Nähe fand er einen Opferaltar aus ungenau aufeinandergeschichteten Steinplatten sowie viele alte Knochen, die aus dem Schnee ragten. Das geronnene Blut im Schacht schien von den Zeremonien herzurühren: Der Elb und er hatten eine Kultstätte der Trolle entdeckt, hoch oben auf einem verlassenen Gipfel.
Das Zusammentreffen mit dem Spitzohr bekam ihnen nicht gut. Aber wie … Durch das Tosen des Windes vernahm Arviû das schleifende Geräusch zu spät: Ein Schwert stieß von unten gegen ihn und traf ihn genau in die Seite, rutschte jedoch an der Tioniumverstärkung ab und glitt nach oben.
Der Elb kauerte unter dem Altar, er hatte dort Zuflucht vor den Böen gesucht.
Es blieb Arviû keine Zeit, um seine angeborenen Kräfte zu aktivieren: Er klemmte die Klinge blitzschnell zwischen Körper und Arm ein und trat mit dem Stiefelabsatz zu, wo er den Kopf des Gegners vermutete.
Das Scheppern und dumpfe Stöhnen verrieten ihm, dass er wie beabsichtigt das Gesicht getroffen hatte.
Arviû hielt den Arm des Elbs fest, zog mit der anderen Hand einen Wurfdolch und stach ihm mehrmals unter die Achsel, so tief er es vermochte. Knirschend perforierte die Spitze die schwächere Rüstungsstelle und glitt ins Fleisch bis zur Ader.
Der Feind schrie und ächzte.
Anhand der Bewegung erahnte Arviû den kommenden Angriff, riss den Dolch aus dem Körper und parierte die Attacke.
Doch zu seiner Überraschung wurde er von einer schmalen Keule getroffen, gegen die der Dolch nichts bewirkte: Das schwerere Ende fegte den Widerstand zur Seite, krachte zuerst gegen den Arm, dann gegen die Brust und warf Arviû rücklings nieder.
Das reicht nicht aus, um mich zu töten. Er trat im Fallen erneut zu, traf den Elb ein zweites Mal gegen Mund und Nase, was diesen zum Aufstöhnen brachte.
Dem blinden Alb genügten die schwachen Geräusche, um Zielpunkte zu ermitteln: Er sandte zwei vergiftete Wurfdolche gegen seinen Widersacher, auch wenn die Böen saubere Treffer sicherlich verhinderten. Ein Klirren verriet eine abgeprallte Klinge, das neuerliche Aufschreien einen Einschlag, wenn auch keinen tödlichen. Verfluchter Wind!
»Einmal haben dich deine Bestien gerettet«, sagte der Elb mit zusammengebissenen Zähnen und schnaubte vor Schmerzen. »Nun sende ich dich in die Endlichkeit!« Dann erklang ein schleifendes Geräusch, gefolgt von einem Rutschen und dem Poltern von Geröll.
Arviû riss die Kurzstöcke aus den Halterungen und hielt sie zur Abwehr erhoben.
Aber der Elb griff nicht an.
Mehrere Herzschläge vergingen, während er dalag, vor Kälte zitterte und lauschte.
»Worauf wartest du?«, rief er gegen den Sturm. »Wagst du dich nicht heran?«
Als sich noch immer nichts tat, richtete er den Oberkörper auf und ging in die Hocke. Was heckt er aus? Oder tötete ihn das Gift bereits?
Arviû kroch unter den Altar – und wäre beinahe in das Loch gefallen, das sich aufgetan hatte.
Mit etwas Tasten und Stochern erkannte er, dass sich der Kamineingang, durch den er hinaufgekrochen war, durch einen Felsabgang vergrößert hatte. Dahinein ist er gestürzt?
»Du entgehst deiner Strafe nicht!«, brüllte er hinterher und schleuderte Steine in den Schlot.
Polternd verschwanden sie in der Tiefe, ohne auf Widerstand zu treffen.
Arviû zweifelte nicht daran, dass der Feind tot war und fühlte sich dennoch betrogen. Mir stand es zu, dich zu töten! Mir ganz alleine! »Meine Vena-Katzen werden deine Überreste verzehren! Nichts wird von dir bleiben! Gar nichts!«
Geschwächt, erschöpft von der Anstrengung der letzten Momente der Unendlichkeit und dem Aufstieg lehnte er sich gegen den Pfeiler des Opferaltars, bebte am ganzen Leib und wusste sich nicht gegen den eisigen Wind zur Wehr zu setzen.
Ich habe nicht
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