Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)
jedes Lot Tionium, das wir ihm anböten. Sie wird seine Seele durch ihren Gesang für uns gewinnen.« Er gab ihm einen brüderlichen Schlag auf die Schulter. »Wir gehen aus diesem Zusammentreffen als Sieger hervor. Ganz ohne Kampf.« Dann richtete er sich auf und küsste Esmonäe. Lange.
Sisaroth sah ihm dabei zu und glaubte, die Lippen der Albin auf seinen eigenen zu spüren. Er konnte nichts gegen das aufkeimende Gefühl der Eifersucht und Habsucht unternehmen. Wie gerne wäre ich an seiner Stelle!
Als ihn Esmonäe anschaute, während ihr Mund auf Tirîgons lag, las er in den rötlich braunen Augen ein unverhohlenes Locken.
Sisaroths Herz tat einen Sprung, ihm wurde heiß. Er musste den Blick abwenden. Sonst hätte die betörende Albin sein Begehren erkannt.
Phondrasôn
Firûsha hatte ihre Übungsstunden mit Crotàgon abgeschlossen und wusch sich in ihrem Zimmer von Kopf bis Fuß. Er verlangt mir ständig mehr ab.
Ihre Arme schmerzten vom unentwegten Zuschlagen und Parieren, ihr Knöchel tat von einem missglückten Sprung weh, doch sie jammerte nicht.
Die blauen Flecke, wo sie das stumpfe Schwert getroffen hatte, schwanden allmählich, aber neue Blutergüsse kamen hinzu. Ein Kreislauf. Einzig das Antlitz verschonte er mit harten Treffern, sondern beließ es bei Andeutungen.
Nackt betrachtete sie sich im Spiegel aus poliertem Silber und bemerkte die Veränderung, die an ihr vorging, seit sie mit dem hünenhaften Alb die verschiedensten Waffen kreuzte. Ihre Figur war weiblich geblieben, aber zugleich traten die Muskeln deutlicher zum Vorschein.
Ich werde so gut fechten, wie ich singen kann. Noch wagte sie es nicht, Tirîgon oder Sisaroth herauszufordern. Aber bald, so hatte es ihr Mentor versprochen, würde er sie gegen einen der Besten aus der Palastgarde antreten lassen.
Mit scharfen Klingen, um den Reiz zu erhöhen. Firûsha lächelte zufrieden und salbte sich mit einem wohlriechenden Balsam, legte ein weites, hellrotes Gewand an und steckte sich ein Diadem in die schwarzen Haare, damit die Strähnen nicht vor die Augen rutschten. Tossàlor hatte es ihr geschenkt, geschnitzt aus Elbenbein und versehen mit Silber und Diamanten.
Erfrischt, duftend und hungrig machte sie sich auf den Weg in die Küche, um sich etwas zu essen zu holen.
Anders als in Dsôn Sòmran hatten sie auf Sklaven verzichtet. Tirîgon hatte darauf bestanden, um keine unnötigen Schwachpunkte in die Gemeinschaft der Albae einzufügen. Die Mischung aus Verbannten und Verirrten barg genug Reibungspunkte. Daher musste sich ein jeder selbst um sein Essen kümmern, was Firûsha durchaus gefiel.
Eine gute Köchin wie Marandëi werde ich nicht. Dennoch mochte sie es, die Speisen für ihre Geschwister zuzubereiten.
Marandëis Palast war großzügig geschnitten, aber erstaunlicherweise nicht so groß wie erwartet. Manchmal kam es Firûsha vor, als seien die Mauern von den Erbauern zu dick berechnet worden. Auf diese Weise verschlangen die Wände im Innern viel Platz.
Die Cîanai hatte eines Abends im Schein der Knochenkerzenleuchter erzählt, wie sie die alten Besitzer aus dem Gebäude vertrieb, und sie als Wesen aus Glas beschrieben, die vermutlich auf magische Weise aus dem See entstanden waren. Aus der Laune der umherziehenden Energiefelder heraus.
Wer weiß, was sie sich bei den dicken Wänden dachten. Wir werden es nicht erfahren. Bald betrat Firûsha den gewölbeartigen Küchenraum. Was koche ich mir Gutes?
Sie legte zwei Holzscheite sowie einen Eimer Kohlen in die Feuerstatt der Herdstelle. Sie wollte einen Eintopf vorbereiten.
Firûsha hob die runde Bodenklappe an, die in den Vorratskeller führte, um die benötigten Zutaten zusammenzusuchen. Obwohl die Insel von geschmolzenem Glas umgeben war, herrschte in der Erde Kälte, als stünde die Insel auf einer Eisplatte. Das war gut für die Lagerung verderblicher Lebensmittel.
Die Albin stieg die Leiter nach unten.
Fässer, Kisten und offene Boxen standen dicht an dicht. Es roch nach Erde, Wurzeln und Geräuchertem.
Mir ist nach Deftigem. Firûsha griff sich einen kleinen Korb und sammelte ein.
Die Küche durfte nur von den Drillingen und ihren vier Vertrauten betreten werden. Die Vorräte bezogen sie aus den verschiedenen Höhlen. Getreide, Fleisch, Gewürze, es gab in Phondrasôn so gut wie alles, und es war sogar einfacher zu beschaffen als in Dsôn.
An Mangel litten sie nicht, auch wenn manche Rohzutaten gewöhnungsbedürftig schmeckten, was den Umständen geschuldet war.
Weitere Kostenlose Bücher