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Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)

Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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denke«, flüsterte sie Marandëi zu, die sie erstarrt anblickte, »du bist alt genug, Hexe. Ich würde es genießen , dich zu töten. Ich werde es genießen.« Esmonäe legte das Obst zurück. »Wie du mich mit einem Fluch belegtest, belege ich dich mit dem Versprechen, dein Tod zu sein. Deine vergehende Seele wird den schönsten Rausch und das schönste Gemälde hervorbringen.« Dann beugte sie sich nach vorn.
    Marandëi konnte sich nicht rühren und nahm den leichten Kuss auf die Wange hin, schloss die Augen und schluckte.
    »Was denkst du nun?«
    Firûsha sah, dass die Hand der Cîanai bebte, als müsste sie sich zurückhalten, mit dem Stab zuzuschlagen. Sie starrte durch den Spalt, wie gelähmt von dem Mitwissen. Wie sage ich es Tirîgon?
    »Ich denke, dass der Soldat recht hatte, als er sagte, dass du wahnsinnig wurdest, weil du den Tod deines Gefährten mitansehen musstest«, sprach Marandëi. »Damals nahm dein Verstand unrettbar Schaden.«
    »Unsinn!«, rief Esmonäe zornig. »Nein, ich wurde nicht verrückt! Ich … es war ein Unfall. Er fiel in sein eigenes Schwert, und ich hielt ihn in meinen Armen, während er starb und … sah in seine Augen. Wie seine Seele durch die Augen … in die Endlichkeit …« Sie schluchzte auf und setzte sich auf einen Schemel. »Ich bin nicht wahnsinnig. Ich bin eine Künstlerin«, murmelte sie. »Eine Künstlerin. Eine Künstlerin.«
    Marandëi war es gelungen, das Blatt zu wenden. »Was denkst du: Wird Tirîgon dich noch als seine Gefährtin wollen, wenn er erfährt, dass du ihn aufs Schlimmste belogen hast?«
    »Du wirst ihm nichts sagen!«, giftete Esmonäe unverzüglich.
    »Oder hast du ihn in Wahrheit schon abgeschrieben und bist hinter Sisaroth her?«, setzte sie nach. »Ich sehe, wie du ihm schöne Augen machst. Ihm, der Palastwache, den Sytràpen der Einheiten, jedem Alb, der sich für dich interessiert. Was bezweckst du damit? Ich glaube dir nicht, dass sich dein Herz und deine Gefühle wandelten. Du handelst nach Berechnung. Es könnte doch sein, dass du den scharfen Keil zwischen die Brüder treiben möchtest, der sich Eifersucht nennt. Während sie sich um dich streiten und kämpfen, fiele es dir leicht, die Macht an dich zu reißen. Und die Krieger würden dir folgen, weil du auch sie in deinen Bann geschlagen hast. Aber das ist natürlich ein abwegiger Gedanke, nicht wahr?«
    Esmonäe versuchte sich zu fangen und erhob sich, baute sich drohend vor der Cîanai auf. »Es wäre besser zu schweigen, Hexe. Sowohl zu meiner Vergangenheit als auch zu deinen Beobachtungen.«
    Marandëi stützte sich mit beiden Händen auf den Stab. »Das könnte ich. Aber was bekomme ich dafür von dir? Und auch der Verbrecher, der mir etwas über dein altes Leben erzählte, möchte Lohn.« Sie lächelte überlegen. »Spare dir die Mühe, herausfinden zu wollen, wer es mir berichtete. Ich kenne ihn, und das genügt.«
    Firûsha bewunderte die Cîanai dafür, wie sie plötzlich diejenige war, die alle Fäden in der Hand hielt. Ist sie gar die Gefährlichere der beiden?
    Esmonäe schien überfordert zu sein. Anstatt Marandëi ein Angebot für ihr Schweigen zu machen, wandte sie sich auf den Fersen herum und stürmte die Treppen hinauf, zum Küchenausgang hinaus.
    Nahezu unheimlich, was um meine Brüder und mich vorgeht. Firûsha fröstelte. Durch das Räumchen, in dem die Weine lagerten, strich ein kalter Luftzug. Sie wagte es nicht, aus ihrem Versteck zu treten. Keinesfalls wollte sie, dass Marandëi von ihrer Gegenwart erfuhr.
    Die Cîanai atmete laut aus und sank in sich zusammen. »Das war nicht leicht«, sprach sie halblaut zu sich selbst und lud ihre beiden Behältnisse in die Kiste, zum Schluss folgte die Sanduhr, die bereits durchgelaufen war. »Oh, ich habe wertvolle Zeit verloren! Er wird erbost sein.« Sie wirkte schlagartig verängstigt.
    Marandëi hob die Kiste an und eilte die Stufen hinauf.
    Erbost sein? Firûsha pirschte aus dem kleinen Raum. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Sisaroth Marandëi auf das Sandkorn genau zu sich bestellt hatte. Wer sonst könnte sie dazu bringen?
    Neugierig nahm sie die Verfolgung auf und holte die Albin ein, die mit ihrer gefüllten Kiste nicht ganz so schnell lief. Firûsha blieb auf Abstand.
    Marandëi ging mit den Sachen in das Laboratorium, das sich unmittelbar neben der Bibliothek befand, und verschwand darin.
    Schade. Dahin kann ich mich nicht begeben, ohne dass es auffällt. Ich hätte zu gern erfahren, mit wem sie

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