Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)
solange sie nichts von ihrer Ausrüstung fallen ließ. »Deshalb sandte uns der Zhadar. Wir können gefahrlos zur Siedlung.«
»Warum sollte das der Zhadar nicht ebenso vermögen? Durch diese Blasen kann ein normaler Mensch hinüberlaufen. Der Auftrag beinhaltet einen anderen Sinn, der sich uns noch nicht erschließt. Das mag noch geschehen, denke ich.« Sisaroth gürtete sich neu und eilte los.
»Sagte er nicht, dass es darum ginge, wenig Aufsehen zu erregen? Ein Heer würde das mit Sicherheit.« Tirîgon steckte die leere Schweinsblase ein und rannte ihm nach.
»Tote erwecken immer Aufmerksamkeit«, erwiderte sein Bruder.
Sie erreichten die Serpentinen, ohne dass das Zischen erneut erklang.
Esmonäe lief bereits über ihnen den Weg hinauf und hatte es eilig. Sosehr sich Sisaroth und Tirîgon mühten, gelang ihnen der Anschluss nicht. Erst ein leiser Ruf hielt die Albin auf, der man die Mordlust ansah. Knapp erklärten sie ihr, was es mit den Basaltsteinen auf sich hatte.
Gemeinsam drangen sie in das Dorf ein, in dem die Bewohner nicht zu sehen waren.
Tirîgon vermutete, dass sie überwiegend schliefen. Gut. Die Versuchung ist für Esmonäe schon groß genug.
Die Albae huschten an den wenigen wachen Barbaren im Schutz der Schatten vorüber. Sie passierten die hässlichen Männer und Frauen mit den groben Gesichtern. Esmonäe schien mit ihrer Beherrschung zu ringen, um nicht zuzustechen. Es wäre leicht, die Überraschten zu töten.
Geräuschlos stießen sie bis in den Mittelpunkt der Siedlung vor, wo ein großes Gebäude stand. Die Schriftzeichen sowie Verzierungen daran erlaubten den Schluss, dass darin der Anführer weilte.
Finden wir es schnell heraus und erledigen den Auftrag. Tirîgon hatte schon befürchtet, es würde sie eine neuerliche Überraschung erwarten.
Unter seiner Führung stiegen sie durch ein angelehntes Fenster ein und fanden vier schlafende Kinder vor. Die Erwachsenen liefen in der Stube nebenan umher.
»Wo ist die Kette?«, fragte Sisaroth leise in die Runde. »Was sagte der Unterirdische noch, wo wir sie suchen sollen?«
Das wirst du bleiben lassen! Tirîgon packte Esmonäe an der Hand und zog sie zu sich. Er hatte genau gesehen, wie sie sich näher an die Betten der Barbarenbrut schob. »Keine Toten!«, raunte er scharf. »Es sei denn, wir müssen uns verteidigen.« Er zeigte nach oben, um die Richtung vorzugeben. »Im oberen Geschoss. Wo die Zünfte sich mit ihm treffen.«
Sie schlichen zur Tür hinaus, die Treppe hinauf und durchsuchten die Räume.
Es war Esmonäe, die fündig wurde und die Brüder herbeirief. »Das kann nicht der Ernst des Zhadar gewesen sein?«, sagte sie wie vom Donner gerührt und trat zur Seite, damit sie es auch sahen.
In einer Stube, in der ein großer Tisch mit vielen Stühlen stand, hing eine lange Kette vom Deckenbalken, deren Glieder fingerdick waren und aus purem Gold bestanden! Am Ende baumelte ein Schwert, dessen Pommel fest mit dem letzten Ring verschmiedet war.
Die Brüder sahen sich an, da sie wussten, was das bedeutete: Sie mussten die schwere Beute zu dritt schleppen, um sie überhaupt fortbewegen zu können.
Und damit stieg ihr Eigengewicht: Die Basaltsteine würden nachgeben und das Gas freisetzen, das ihnen wiederum das Leben raubte.
»Der Zhadar ist ein …« Sisaroth schloss die Hände zu Fäusten. »Ebenso könnte er uns umbringen!«
Es ist mehr als eine Mutprobe. Er möchte sehen, ob wir schlau genug sind. Tirîgon sah zur Treppe. Die Barbaren befanden sich immer noch in der Stube und schienen sich den unveränderten Geräuschen nach dort weiterhin aufhalten zu wollen.
Auf dem langen Tisch lagen Urkunden. Auf dem letzten Papier prangten mehr als dreißig Unterschriften sowie verschiedene Wachssiegel. Ein Erlass? Ein Vertrag? Was wurde wohl beschlossen?
Aus einem Gefühl heraus überflog er die Zeilen und entdeckte die Bezeichnung Schwarzaugen .
Geht es gegen uns? Das muss ich genauer wissen. Er steckte die Blätter unter seine Rüstung.
»Was ist nun?«, drängte Esmonäe.
»Umbringen will er uns nicht«, nahm Tirîgon die Vermutung seines Bruders auf. »Er möchte sehen, ob wir mit der Aufgabe zurechtkommen.«
»Oh, das werden wir sicherlich.« Esmonäe sprang auf den Tisch und löste den Haken aus dem Deckenbalken. »Aber ich will mein Vergnügen mit den Barbaren!«
Das Schwert rauschte herab und bohrte sich zwischen ihren Füßen in die Platte, scheppernd folgte die Kette.
Esmonäe grinste voller Vorfreude. Es lag auf
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