Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)
sein?«
Acòrhia machte eine verächtliche Geste. »Ich suche mir denjenigen aus, dessen Zuneigung ich genießen will. Derart verzweifelt wie du bin ich noch nicht.« Sie legte eine Hand an den Gürtel, wo ihr neues Schwert und ihr alter Dolch baumelten.
Iòsunta klappte das Buch zu und sah sie herausfordernd an, während Bephaigòn sich zum Schlafen zur Seite drehte. »Ich werde vor dir bei den Drillingen sein«, sagte die Albin leise.
»Du denkst, das gelingt dir?« Acòrhia lehnte sich an das Etagenbett. Ich bin sicher, dass lediglich eine von uns lebend vor sie treten wird.
Iòsunta gehörte der Runde an, die falsches Zeugnis gegen Sisaroth und Firûsha abgelegt hatte. In Dsôn bestritt sie ihren Lebensunterhalt durch ihre Kochkünste. Sie verwandelte die geringsten Zutaten in Gaumenfreuden und Augenwunder. Die Mächtigsten ließen sich von ihr Speisen zubereiten und zahlten viel. Sie war kurz nach der Geschichtenweberin in der Festung angekommen und ebenso vertröstet worden, bis sie zu den Anführern der Albaekolonie vorgelassen wurde. Die Brüder, so sagte man, seien unterwegs, und Firûsha zu beschäftigt, um Neulinge zu begrüßen. Jegliches Beteuern, dass ihr Anliegen von größter Wichtigkeit sei, war vergebens. Bephaigòn war nach dem Aufstehen zu ihnen gebracht worden. Drei Neue für das kleine Heer.
»Sicherlich.« Iòsunta legte das Buch zur Seite. »Wie viele brachtest du um, damit das Gegenmittel genügte?«
Die rothaarige Acòrhia lächelte. »Alle, die dir entgingen.« Sie sah zum Alb, der bereits tief und lange atmete, darunter mischte sich ein angedeutetes Schnarchen. Er stellt sich übertrieben schlafend. »Wir brachten es weit. Die Infamen waren mit uns.«
»Sie werden sich entscheiden müssen, wen sie lieber mögen.« Sie zeigte auf Acòrhias Rucksack. »Mehr als du habe ich nicht mehr. Und das bedeutet, dass wir entweder gemeinsam sterben …« Sie zog die Beine an.
Macht sie sich für eine Attacke bereit? »Oh, da irrst du dich. Sterben wirst nur du.«
»Weil du mich umbringst?« Iòsunta blieb gelassen und richtete den Saum des Untergewands, das sie trug.
»Nein. Weil ich einen schnellen Weg hinaus kenne.« Das war gelogen, doch davon ahnte ihr Gegenüber nichts. »Von mir aus kannst du ruhig vor mir zu Sisaroth, Firûsha und Tirîgon gelangen, aber unsere Heimat wirst du nicht mehr sehen. Ich werde die Drillinge innerhalb weniger Momente ans Sonnenlicht führen, und du wirst in Phondrasôn zurückbleiben.«
Ihre Stirn legte sich in Falten. »Was sollte mich daran hindern, dich zu begleiten?«
Acòrhia grinste tückisch. »Ich sah, dass in deinem Fläschchen weniger ist als in meinem. Glaubst du, dass ich meine Strecke so wähle, um dir das Überleben zu ermöglichen? Nein. Ich werde mit den Drillingen zurückkehren und mich von Aïsolon feiern lassen. Nach der langen Zeit wird er mir zum Gegenmittel jeglichen Lohn geben, den ich verlange. Oder die Drillinge bezahlen mich für meine Mühe und die verlorenen Momente, die ich für ihre Suche vergeudete.« Vor allem Tirîgon wird sich freuen, mich zu sehen.
Iòsunta glitt behände von der Matratze, lautlos stand sie auf. »Ich habe verstanden, dass ich nicht überleben werde, wenn ich dir erlaube, diese Unterkunft zu verlassen«, lautete ihre Schlussfolgerung. Sie zog ihr Schwert und ihren Dolch, die am Bettgestell hingen. »Folglich muss ich dich zuerst töten, um deinen Trank zu bekommen, und mir meinen Lohn sichern. Ich kenne nämlich ebenfalls einen Weg ans Licht.«
Der Alb brummelte etwas und drehte sich zur Seite, wandte das Gesicht von ihnen ab. Er schien einen gesegneten Schlaf zu haben. Sein Schnarchen wurde ungewöhnlich aufdringlich.
Acòrhia lachte. »Du bist eine Köchin. Du verstehst dich nicht besonders auf den Umgang mit Klingen.«
»Du täuschst dich. Ich kann dich in Stücke zerlegen und das Beste aus dir herausschneiden, um es den Bestien zum Fraß zu überlassen. Soll ich mich vor einer Geschichtenweberin fürchten?«, gab sie zurück und hob die Waffen. »Wie wir feststellten: Bislang waren die Infamen uns beiden gewogen. Sehen wir, wie es endet!« Iòsunta griff an.
Acòrhia duckte sich, das Schwert surrte über sie hinweg und traf den Pfosten. Die Schneide steckte tief im Holz, aber Iòsunta stach mit dem Dolch zu und riss gleichzeitig das Knie hoch.
Die Geschichtenweberin wich der Spitze aus, wurde aber vom Bein gestreift und nach hinten gegen ein Bett geschleudert. Sie rollte sich rückwärts ab und
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