Die Legenden der Albae: Dunkle Pfade (German Edition)
notdürftig zusammenzusetzen, doch er scheiterte. Nein! Wir können ihren Ausfall nicht gebrauchen! Ihre Zauber sind lebenswichtig für unsere Reise nach Dsôn. »Marandëi, sammle deinen Verstand und rette dich selbst! Wir vermögen es nicht!«, sagte er drängend. »Hörst du mich? Sprich einen Zauber! Dein Volk braucht dich!«
»Und wer soll Shëidogîs zu neuem Ruhm führen?«, fügte Sisaroth hinzu. Er kniete sich neben sie und hielt den ruckenden Kopf fest. »Marandëi! Marandëi, du musst dich …«
Ihr Blick richtete sich auf ihn. »Hol den Infamen zurück«, hauchte sie. Blut stieg aus ihrem Mund, sie sog röchelnd Luft ein und hustete. Sisaroths Gesicht erhielt rote Sprenkel. »Versprich mir, dass du sein Priester sein wirst.«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, das kann ich nicht. Meine Ausbildung … du musst mich …«
»Finde in der Bibliothek den geheimen Gang hinter den Palastwänden. In der zweiten Kammer findest du eine Kiste mit meinen Aufzeichnungen«, erklärte sie. »Studiere sie, gib Shëidogîs sein Blutopfer, und er wird dich schützen und leiten.« Noch mehr Blut quoll aus dem Mund und lief ihre Wangen hinab.
Durch die lichter werdenden Schmutzschwaden drangen Geräusche. Wankende, hustende Gestalten taumelten auf das Versteck der Albae zu. Das eherne Klirren und Klingen von Kettenhemden zeigte, dass Bewaffnete den Untergang der Doppelhöhle überlebt hatten.
Sie werden keine Herausforderung sein. Tirîgon zog sein Schwert. Mit dem Fuß schob er das Kistchen zu Sisaroth. Sein nüchternes Denken bescherte ihm den nächsten Einfall. »Du könntest sie opfern. Die Cîanai stirbt ohnehin. Ich verschaffe dir die Zeit, die du benötigst.«
Tirîgon machte einige Schritte nach vorn, umrundete den Felsen und schlug dem ersten Umriss, der ihm entgegenkam, den Kopf ab. Dem zweiten stach er durch den Bauch und durchtrennte den zum Schlag erhobenen Arm eines dritten Feindes, um den schwer verletzten Barbaren mit einem Tritt zu Boden zu schicken und sein Genick mit einem wuchtigen Tritt zu brechen. Ihr kommt mir gelegen! Euer Tod heißt Tirîgon!
Unbeirrt marschierte der Alb voran.
Der Nebel, der zwischen seinen Zähnen knirschte und nach Sand schmeckte, löste sich auf.
Tirîgon sah nicht mehr als dreißig weitere angeschlagene Gegner, die keuchend und orientierungslos durch die Trümmer irrten. Ihr seid alle für mich. Zwischen den Überresten der Hohlkugeln sah er verschrammte, zerkratzte und gebrochene Arme und Beine herausragen. Es erinnerte ihn an einen See aus Stein, aus dessen erstarrten Wogen die Ertrinkenden herausgriffen und um Hilfe baten.
Mitleid empfand er für sie nicht. Ich werde Tossàlor die Lage der Höhle beschreiben. Er wird sich freuen, neues Material zu erhalten.
Sobald ihm ein Gerüsteter zu nahe kam, streckte Tirîgon ihn mit harten, präzisen Schlägen nieder. Keiner der Gegner war ihm gewachsen. »Ich suche das Veyn«, rief er laut. »Der Gålran Zhadar, Herrscher von Phondrasôn und Gebieter über diese Höhle, sandte uns. Ich fordere das Veyn auf, sich uns zu ergeben, und die Überlebenden werden Überlebende bleiben.« Er erstach einen Verletzten zu seinen Füßen. »Andernfalls wird der Tod vielfach meinen Namen tragen.«
Ein Barbar, der eine staubige, verbeulte Rüstung trug, näherte sich ihm und fiel auf die Knie. »Habt Mitleid, Schattengebieter. Der, den ihr sucht, ist tot.«
»Woher weißt du das?«
»Ich sah seinen Leichnam.« Der Barbar streckte den Arm und wies die Stelle. »Ich führe euch.« Er erhob sich und stolperte über das Trümmerfeld.
Tirîgon folgte ihm und erstach dieses Mal keinen Verwundeten oder Barbaren, den sie unterwegs trafen. Dafür gibt es noch den Rückweg.
Bald stand er vor der menschenähnlichen Kreatur, deren Schädel aus einem einzigen Klumpen undefinierbarer Masse bestand. Die schweren Verletzungen des zerriebenen Körpers machten es unmöglich, die ursprüngliche Form auszumachen. Zwei Arme, zwei Beine, ein drahtiger Körper, an dem blutfeuchte Stofffetzen hingen, die einst Kleidung gewesen waren. Den vom Zhadar beschriebenen Schmuck erkannte er deutlich. Eine erste Erleichterung stellte sich ein. Ist der Schmuck intakt? »Du kannst gehen«, sagte er zu dem Barbaren und beugte sich über den Kadaver.
Mit dem Schwert stocherte Tirîgon in den Kopfresten, bis er die Zunge fand und sie herausschneiden konnte. Angewidert packte er das triefende Organ in einen Beutel, den er zwischen den Steinen hervorzog, barg den Schmuck
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